[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.dem Satan abhalten wollen. Es fehlt den Maurern nichts mehr, als was der Christenheit vor drei Jahrhunderten, ein Reformator. Die Maurer sollen geschworne Feinde der Standesunterschiede sein, aber sie bilden sich ein, damit sei nur der Brudername gemeint und die Freiheit, in vertraulichen Mittheilungen den Titel Wohlgeboren wegzulassen. Sie müssen nach ihren Evangelien die Freiheit lieben, müssen in jedem Staate die Opposition bilden, und die Rechte des Bürgers wahren, weil sie die allgemeinen Menschenrechte verehren. Sie müssen sich für die Cortes todtschlagen lassen, und keine Theorie des Staates höher schätzen, als die eines Jeremias Bentham. Ich habe eine Festrede gelesen, in der dem Könige gedankt wird, daß er es nicht unter seiner Majestät gehalten, das Schurzfell vorzubinden, und an dem Tempel der Humanität bauen zu helfen. Wahrlich, wenn die gesellschaftliche Stellung der Bundesglieder bei ihnen so viel gilt, daß sie ihrer selbst nicht in den stillen Hütten ihres Wirkens vergessen können, so sieht man leicht, bis zu welcher Ferne sie die Gesetze ihrer Einigung verlassen haben, und es wird nicht mehr auffallend scheinen, wenn sie selbst von einem schon längst eingetretenen Untergang ihrer ursprünglichen Heimlichkeiten reden. Aber ich vergeß' es ja! Verstehen wir nicht schon dem Satan abhalten wollen. Es fehlt den Maurern nichts mehr, als was der Christenheit vor drei Jahrhunderten, ein Reformator. Die Maurer sollen geschworne Feinde der Standesunterschiede sein, aber sie bilden sich ein, damit sei nur der Brudername gemeint und die Freiheit, in vertraulichen Mittheilungen den Titel Wohlgeboren wegzulassen. Sie müssen nach ihren Evangelien die Freiheit lieben, müssen in jedem Staate die Opposition bilden, und die Rechte des Bürgers wahren, weil sie die allgemeinen Menschenrechte verehren. Sie müssen sich für die Cortes todtschlagen lassen, und keine Theorie des Staates höher schätzen, als die eines Jeremias Bentham. Ich habe eine Festrede gelesen, in der dem Könige gedankt wird, daß er es nicht unter seiner Majestät gehalten, das Schurzfell vorzubinden, und an dem Tempel der Humanität bauen zu helfen. Wahrlich, wenn die gesellschaftliche Stellung der Bundesglieder bei ihnen so viel gilt, daß sie ihrer selbst nicht in den stillen Hütten ihres Wirkens vergessen können, so sieht man leicht, bis zu welcher Ferne sie die Gesetze ihrer Einigung verlassen haben, und es wird nicht mehr auffallend scheinen, wenn sie selbst von einem schon längst eingetretenen Untergang ihrer ursprünglichen Heimlichkeiten reden. Aber ich vergeß’ es ja! Verstehen wir nicht schon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0254" n="241"/> dem Satan abhalten wollen. Es fehlt den Maurern nichts mehr, als was der Christenheit vor drei Jahrhunderten, ein Reformator. Die Maurer sollen geschworne Feinde der Standesunterschiede sein, aber sie bilden sich ein, damit sei nur der Brudername gemeint und die Freiheit, in vertraulichen Mittheilungen den Titel Wohlgeboren wegzulassen. Sie müssen nach ihren Evangelien die Freiheit lieben, müssen in jedem Staate die Opposition bilden, und die Rechte des Bürgers wahren, weil sie die allgemeinen Menschenrechte verehren. Sie müssen sich für die Cortes todtschlagen lassen, und keine Theorie des Staates höher schätzen, als die eines Jeremias Bentham. Ich habe eine Festrede gelesen, in der dem Könige gedankt wird, daß er es nicht unter seiner Majestät gehalten, das Schurzfell vorzubinden, und an dem Tempel der Humanität bauen zu helfen. Wahrlich, wenn die gesellschaftliche Stellung der Bundesglieder bei ihnen so viel gilt, daß sie ihrer selbst nicht in den stillen Hütten ihres Wirkens vergessen können, so sieht man leicht, bis zu welcher Ferne sie die Gesetze ihrer Einigung verlassen haben, und es wird nicht mehr auffallend scheinen, wenn sie selbst von einem schon längst eingetretenen Untergang ihrer ursprünglichen Heimlichkeiten reden. Aber ich vergeß’ es ja! Verstehen wir nicht schon </p> </div> </body> </text> </TEI> [241/0254]
dem Satan abhalten wollen. Es fehlt den Maurern nichts mehr, als was der Christenheit vor drei Jahrhunderten, ein Reformator. Die Maurer sollen geschworne Feinde der Standesunterschiede sein, aber sie bilden sich ein, damit sei nur der Brudername gemeint und die Freiheit, in vertraulichen Mittheilungen den Titel Wohlgeboren wegzulassen. Sie müssen nach ihren Evangelien die Freiheit lieben, müssen in jedem Staate die Opposition bilden, und die Rechte des Bürgers wahren, weil sie die allgemeinen Menschenrechte verehren. Sie müssen sich für die Cortes todtschlagen lassen, und keine Theorie des Staates höher schätzen, als die eines Jeremias Bentham. Ich habe eine Festrede gelesen, in der dem Könige gedankt wird, daß er es nicht unter seiner Majestät gehalten, das Schurzfell vorzubinden, und an dem Tempel der Humanität bauen zu helfen. Wahrlich, wenn die gesellschaftliche Stellung der Bundesglieder bei ihnen so viel gilt, daß sie ihrer selbst nicht in den stillen Hütten ihres Wirkens vergessen können, so sieht man leicht, bis zu welcher Ferne sie die Gesetze ihrer Einigung verlassen haben, und es wird nicht mehr auffallend scheinen, wenn sie selbst von einem schon längst eingetretenen Untergang ihrer ursprünglichen Heimlichkeiten reden. Aber ich vergeß’ es ja! Verstehen wir nicht schon
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