Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Formen des Kopfes und des Oberkörpers Nichts von ihrer reizenden Weiblichkeit verloren. In leichtem Trabe flog die jugendliche Amazone an den Herren vorüber. Ein plötzliches Aufleuchten der Züge Ottomars, ein warmer Blick des Erkennens aus dunkeln, strahlenden Augen streifte den jungen Mann. Ein graziöses Neigen des schönen Kopfes erwiderte seinen ergebenen Gruß. Erröthet, gefesselt verfolgte er das Wehen des Schleiers, bis die Erscheinung in der Ferne verschwand. Der Vater erfuhr endlich, daß er Ada von Forbeck gesehen hatte, die Verlobte des jungen Grafen Udo Treuenfels. Wahrscheinlich hätte sie der alten Gräfin, die vor einiger Zeit Wittwe geworden, einen Besuch gemacht. Das Debetur puero reverentia ("vor Kindern soll man nichts Ungeziemendes sagen oder thun") traf hier vollkommen ein. Auch der Bildhauer war erröthet, als er die Anmuth und den holdseligen Gruß beobachtete, der hier geboten wurde. Aber er war gefangen genug, zu sagen: Den Reitknecht möchte man beneiden! Graf Treuenfels ist in Trauer! Wie konntest Du so lange bei ihm bleiben? fuhr er dann im Weiterwandeln zu dem ganz zerstreut und schweigsam gewordenen Formen des Kopfes und des Oberkörpers Nichts von ihrer reizenden Weiblichkeit verloren. In leichtem Trabe flog die jugendliche Amazone an den Herren vorüber. Ein plötzliches Aufleuchten der Züge Ottomars, ein warmer Blick des Erkennens aus dunkeln, strahlenden Augen streifte den jungen Mann. Ein graziöses Neigen des schönen Kopfes erwiderte seinen ergebenen Gruß. Erröthet, gefesselt verfolgte er das Wehen des Schleiers, bis die Erscheinung in der Ferne verschwand. Der Vater erfuhr endlich, daß er Ada von Forbeck gesehen hatte, die Verlobte des jungen Grafen Udo Treuenfels. Wahrscheinlich hätte sie der alten Gräfin, die vor einiger Zeit Wittwe geworden, einen Besuch gemacht. Das Debetur puero reverentia („vor Kindern soll man nichts Ungeziemendes sagen oder thun“) traf hier vollkommen ein. Auch der Bildhauer war erröthet, als er die Anmuth und den holdseligen Gruß beobachtete, der hier geboten wurde. Aber er war gefangen genug, zu sagen: Den Reitknecht möchte man beneiden! Graf Treuenfels ist in Trauer! Wie konntest Du so lange bei ihm bleiben? fuhr er dann im Weiterwandeln zu dem ganz zerstreut und schweigsam gewordenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> Formen des Kopfes und des Oberkörpers Nichts von ihrer reizenden Weiblichkeit verloren. </p> <p>In leichtem Trabe flog die jugendliche Amazone an den Herren vorüber. Ein plötzliches Aufleuchten der Züge Ottomars, ein warmer Blick des Erkennens aus dunkeln, strahlenden Augen streifte den jungen Mann. Ein graziöses Neigen des schönen Kopfes erwiderte seinen ergebenen Gruß. </p> <p>Erröthet, gefesselt verfolgte er das Wehen des Schleiers, bis die Erscheinung in der Ferne verschwand. </p> <p>Der Vater erfuhr endlich, daß er Ada von Forbeck gesehen hatte, die Verlobte des jungen Grafen Udo Treuenfels. Wahrscheinlich hätte sie der alten Gräfin, die vor einiger Zeit Wittwe geworden, einen Besuch gemacht. </p> <p><ref xml:id="TEXTDasDebeturpueroreverentia" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDasDebeturpueroreverentia">Das <hi rendition="#aq">Debetur puero reverentia</hi></ref> („vor Kindern soll man nichts Ungeziemendes sagen oder thun“) traf hier vollkommen ein. Auch der Bildhauer war erröthet, als er die Anmuth und den holdseligen Gruß beobachtete, der hier geboten wurde. Aber er war gefangen genug, zu sagen: Den Reitknecht möchte man beneiden! </p> <p>Graf Treuenfels ist in Trauer! Wie konntest Du so lange bei ihm bleiben? fuhr er dann im Weiterwandeln zu dem ganz zerstreut und schweigsam gewordenen </p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
Formen des Kopfes und des Oberkörpers Nichts von ihrer reizenden Weiblichkeit verloren.
In leichtem Trabe flog die jugendliche Amazone an den Herren vorüber. Ein plötzliches Aufleuchten der Züge Ottomars, ein warmer Blick des Erkennens aus dunkeln, strahlenden Augen streifte den jungen Mann. Ein graziöses Neigen des schönen Kopfes erwiderte seinen ergebenen Gruß.
Erröthet, gefesselt verfolgte er das Wehen des Schleiers, bis die Erscheinung in der Ferne verschwand.
Der Vater erfuhr endlich, daß er Ada von Forbeck gesehen hatte, die Verlobte des jungen Grafen Udo Treuenfels. Wahrscheinlich hätte sie der alten Gräfin, die vor einiger Zeit Wittwe geworden, einen Besuch gemacht.
Das Debetur puero reverentia („vor Kindern soll man nichts Ungeziemendes sagen oder thun“) traf hier vollkommen ein. Auch der Bildhauer war erröthet, als er die Anmuth und den holdseligen Gruß beobachtete, der hier geboten wurde. Aber er war gefangen genug, zu sagen: Den Reitknecht möchte man beneiden!
Graf Treuenfels ist in Trauer! Wie konntest Du so lange bei ihm bleiben? fuhr er dann im Weiterwandeln zu dem ganz zerstreut und schweigsam gewordenen
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