Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Deutsch-Amerikaner, von Luzius empfohlen, so wunderbar war diese Belebung des Unmöglichen.

Der Fürst war nicht ganz ohne Geist. Er erkannte selbst, daß gerade diese Scene der Triumph des gesprochenen Wortes ist. Oder ließ sich das Geflatter der Möven bis an die Eichen von Stubbenkammer hinauf, ließ sich das Aufblitzen der Fische bis zur versunkenen "Vineta" hinunter in allerlei Geklimper, Gehämmer, Gewinsel nachahmen? Ließ sich die Halle der Götter, das Flimmern der goldnen Harnische, in denen sie auftraten, wiedergeben und die volle Seele der Worte, der verständige Sinn, den sie ausdrücken, in ganzer Majestät vor Auge und Ohr zugleich führen? Die Tonmaschine des Fürsten humpelte heute mit närrischen Sprüngen dem Sänger nach, und nicht vorwärts wollte es gehen mit dem Schaffen. Jetzt wandte er sich zu einem Liebesliede. Edwinas Augen lächelten ihn an.

Wie prächtig wohnte der in Husaren-Interims-Uniform immerhin noch gefällige Fürst! Die ganze erste Etage eines Baues, den sein Vater hatte errichten lassen, wurde von ihm eingenommen. Die Fenster waren hoch, die Malereien auf den Decken der Zimmer für schwache Augen kaum erreichbar, zumal wenn die schweren langen Vorhänge nicht zurückgezogen wurden. Auf schwellenden Polstern, in phantastischer Haustracht warf

Deutsch-Amerikaner, von Luzius empfohlen, so wunderbar war diese Belebung des Unmöglichen.

Der Fürst war nicht ganz ohne Geist. Er erkannte selbst, daß gerade diese Scene der Triumph des gesprochenen Wortes ist. Oder ließ sich das Geflatter der Möven bis an die Eichen von Stubbenkammer hinauf, ließ sich das Aufblitzen der Fische bis zur versunkenen „Vineta“ hinunter in allerlei Geklimper, Gehämmer, Gewinsel nachahmen? Ließ sich die Halle der Götter, das Flimmern der goldnen Harnische, in denen sie auftraten, wiedergeben und die volle Seele der Worte, der verständige Sinn, den sie ausdrücken, in ganzer Majestät vor Auge und Ohr zugleich führen? Die Tonmaschine des Fürsten humpelte heute mit närrischen Sprüngen dem Sänger nach, und nicht vorwärts wollte es gehen mit dem Schaffen. Jetzt wandte er sich zu einem Liebesliede. Edwinas Augen lächelten ihn an.

Wie prächtig wohnte der in Husaren-Interims-Uniform immerhin noch gefällige Fürst! Die ganze erste Etage eines Baues, den sein Vater hatte errichten lassen, wurde von ihm eingenommen. Die Fenster waren hoch, die Malereien auf den Decken der Zimmer für schwache Augen kaum erreichbar, zumal wenn die schweren langen Vorhänge nicht zurückgezogen wurden. Auf schwellenden Polstern, in phantastischer Haustracht warf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="209"/>
Deutsch-Amerikaner, von Luzius empfohlen, so wunderbar war diese Belebung des Unmöglichen.</p>
        <p>Der Fürst war nicht ganz ohne Geist. Er erkannte selbst, daß gerade diese Scene der Triumph des gesprochenen Wortes ist. Oder ließ sich das Geflatter der Möven bis an die Eichen von Stubbenkammer hinauf, ließ sich das Aufblitzen der Fische bis zur versunkenen &#x201E;Vineta&#x201C; hinunter in allerlei Geklimper, Gehämmer, Gewinsel nachahmen? Ließ sich die Halle der Götter, das Flimmern der goldnen Harnische, in denen sie auftraten, wiedergeben und die volle Seele der Worte, der verständige Sinn, den sie ausdrücken, in ganzer Majestät vor Auge und Ohr zugleich führen? Die Tonmaschine des Fürsten humpelte heute mit närrischen Sprüngen dem Sänger nach, und nicht vorwärts wollte es gehen mit dem Schaffen. Jetzt wandte er sich zu einem Liebesliede. Edwinas Augen lächelten ihn an.</p>
        <p>Wie prächtig wohnte der in <ref xml:id="TEXTHusarenBISUniform" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLHusarenBISUniform">Husaren-Interims-Uniform</ref> immerhin noch gefällige Fürst! Die ganze erste Etage eines Baues, den sein Vater hatte errichten lassen, wurde von ihm eingenommen. Die Fenster waren hoch, die Malereien auf den Decken der Zimmer für schwache Augen kaum erreichbar, zumal wenn die schweren langen Vorhänge nicht zurückgezogen wurden. Auf schwellenden Polstern, in phantastischer Haustracht warf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0215] Deutsch-Amerikaner, von Luzius empfohlen, so wunderbar war diese Belebung des Unmöglichen. Der Fürst war nicht ganz ohne Geist. Er erkannte selbst, daß gerade diese Scene der Triumph des gesprochenen Wortes ist. Oder ließ sich das Geflatter der Möven bis an die Eichen von Stubbenkammer hinauf, ließ sich das Aufblitzen der Fische bis zur versunkenen „Vineta“ hinunter in allerlei Geklimper, Gehämmer, Gewinsel nachahmen? Ließ sich die Halle der Götter, das Flimmern der goldnen Harnische, in denen sie auftraten, wiedergeben und die volle Seele der Worte, der verständige Sinn, den sie ausdrücken, in ganzer Majestät vor Auge und Ohr zugleich führen? Die Tonmaschine des Fürsten humpelte heute mit närrischen Sprüngen dem Sänger nach, und nicht vorwärts wollte es gehen mit dem Schaffen. Jetzt wandte er sich zu einem Liebesliede. Edwinas Augen lächelten ihn an. Wie prächtig wohnte der in Husaren-Interims-Uniform immerhin noch gefällige Fürst! Die ganze erste Etage eines Baues, den sein Vater hatte errichten lassen, wurde von ihm eingenommen. Die Fenster waren hoch, die Malereien auf den Decken der Zimmer für schwache Augen kaum erreichbar, zumal wenn die schweren langen Vorhänge nicht zurückgezogen wurden. Auf schwellenden Polstern, in phantastischer Haustracht warf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/215
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/215>, abgerufen am 22.11.2024.