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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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Gebüschen, wenn wir ausstiegen, der Wagen uns langsam folgte. Ich glaubte fest daran, daß einst die Stunde kommen würde, wo mich mein Erzieher adoptiren, mir ein anständiges Loos bereiten würde. Es war der Tod Ihrer Tante, auf den ich zu warten schwören mußte, wie auch Marloff gethan hat! Oft habe ich auf des Grafen Schooß gesessen, das ist wahr, oft habe ich ihm in seinem weißen Barte gekraut und den Kamm genommen und den Friseur gemacht. Er küßte mich dafür, aber nur, wenn er ging und wenn er kam, und auf die Wange. Fast jeden Abend hatte er sich müde gesprochen; denn er belehrte mich über Alles, machte mich mit allen Zeitereignissen bekannt und prüfte meine Fortschritte. Aergerlich konnte er werden, wenn wir französisch oder englisch zu sprechen versuchten und es noch immer nicht recht vorwärts mit mir gehen wollte. Er grübelte, wie er es anstellen sollte, mit mir einmal nach Paris oder London zu reisen, ohne daß die Welt davon erfuhr. Ach! sagte er einmal, die Sonne, die uns bescheint, liebt das Große nicht, nur das Gewöhnliche! Ich sollte unter seinem Schutz eine ihm zusagende Partie, eine Heirath mit einer hervorragenden Persönlichkeit machen - da rührte ihn plötzlich der Schlag, er starb -!" Der Brief endete elegisch. Aber an andern Tagen schrieb sie - auch wieder in herberem Tone: "Und der Mann hatte Nichts für mich gethan!

Gebüschen, wenn wir ausstiegen, der Wagen uns langsam folgte. Ich glaubte fest daran, daß einst die Stunde kommen würde, wo mich mein Erzieher adoptiren, mir ein anständiges Loos bereiten würde. Es war der Tod Ihrer Tante, auf den ich zu warten schwören mußte, wie auch Marloff gethan hat! Oft habe ich auf des Grafen Schooß gesessen, das ist wahr, oft habe ich ihm in seinem weißen Barte gekraut und den Kamm genommen und den Friseur gemacht. Er küßte mich dafür, aber nur, wenn er ging und wenn er kam, und auf die Wange. Fast jeden Abend hatte er sich müde gesprochen; denn er belehrte mich über Alles, machte mich mit allen Zeitereignissen bekannt und prüfte meine Fortschritte. Aergerlich konnte er werden, wenn wir französisch oder englisch zu sprechen versuchten und es noch immer nicht recht vorwärts mit mir gehen wollte. Er grübelte, wie er es anstellen sollte, mit mir einmal nach Paris oder London zu reisen, ohne daß die Welt davon erfuhr. Ach! sagte er einmal, die Sonne, die uns bescheint, liebt das Große nicht, nur das Gewöhnliche! Ich sollte unter seinem Schutz eine ihm zusagende Partie, eine Heirath mit einer hervorragenden Persönlichkeit machen – da rührte ihn plötzlich der Schlag, er starb –!“ Der Brief endete elegisch. Aber an andern Tagen schrieb sie – auch wieder in herberem Tone: „Und der Mann hatte Nichts für mich gethan!

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Gebüschen, wenn wir ausstiegen, der Wagen uns langsam folgte. Ich glaubte fest daran, daß einst die Stunde kommen würde, wo mich mein Erzieher adoptiren, mir ein anständiges Loos bereiten würde. Es war der Tod Ihrer Tante, auf den ich zu warten schwören mußte, wie auch Marloff gethan hat! Oft habe ich auf des Grafen Schooß gesessen, das ist wahr, oft habe ich ihm in seinem weißen Barte gekraut und den Kamm genommen und den Friseur gemacht. Er küßte mich dafür, aber nur, wenn er ging und wenn er kam, und auf die Wange. Fast jeden Abend hatte er sich müde gesprochen; denn er belehrte mich über Alles, machte mich mit allen Zeitereignissen bekannt und prüfte meine Fortschritte. Aergerlich konnte er werden, wenn wir französisch oder englisch zu sprechen versuchten und es noch immer nicht recht vorwärts mit mir gehen wollte. Er grübelte, wie er es anstellen sollte, mit mir einmal nach Paris oder London zu reisen, ohne daß die Welt davon erfuhr. Ach! sagte er einmal, die Sonne, die uns bescheint, liebt das Große nicht, nur das Gewöhnliche! Ich sollte unter seinem Schutz eine ihm zusagende Partie, eine Heirath mit einer hervorragenden Persönlichkeit machen &#x2013; da rührte ihn plötzlich der Schlag, er starb &#x2013;!&#x201C; Der Brief endete elegisch. Aber an andern Tagen schrieb sie &#x2013; auch wieder in herberem Tone: &#x201E;Und der Mann hatte Nichts für mich gethan!
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[63/0069] Gebüschen, wenn wir ausstiegen, der Wagen uns langsam folgte. Ich glaubte fest daran, daß einst die Stunde kommen würde, wo mich mein Erzieher adoptiren, mir ein anständiges Loos bereiten würde. Es war der Tod Ihrer Tante, auf den ich zu warten schwören mußte, wie auch Marloff gethan hat! Oft habe ich auf des Grafen Schooß gesessen, das ist wahr, oft habe ich ihm in seinem weißen Barte gekraut und den Kamm genommen und den Friseur gemacht. Er küßte mich dafür, aber nur, wenn er ging und wenn er kam, und auf die Wange. Fast jeden Abend hatte er sich müde gesprochen; denn er belehrte mich über Alles, machte mich mit allen Zeitereignissen bekannt und prüfte meine Fortschritte. Aergerlich konnte er werden, wenn wir französisch oder englisch zu sprechen versuchten und es noch immer nicht recht vorwärts mit mir gehen wollte. Er grübelte, wie er es anstellen sollte, mit mir einmal nach Paris oder London zu reisen, ohne daß die Welt davon erfuhr. Ach! sagte er einmal, die Sonne, die uns bescheint, liebt das Große nicht, nur das Gewöhnliche! Ich sollte unter seinem Schutz eine ihm zusagende Partie, eine Heirath mit einer hervorragenden Persönlichkeit machen – da rührte ihn plötzlich der Schlag, er starb –!“ Der Brief endete elegisch. Aber an andern Tagen schrieb sie – auch wieder in herberem Tone: „Und der Mann hatte Nichts für mich gethan!

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/69>, abgerufen am 24.11.2024.