Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.betrachten, weil wir uns auf diesem Wege über die Jdeen der Zeit und die Stimmung der Generation am klarsten werden können. Napoleon, erst so populär, wurde plötzlich verabscheut. Sogar die Gegner, die er besiegte, hatten ihn angebetet. Man achte wohl darauf, daß es zunächst nicht Patriotismus war, der sich gegen seinen schwindenden Glücksstern wandte, sondern einzig und allein eine Täuschung. Man ließ sich gefallen, von Napoleon besiegt zu werden. Man hatte zu viel Jdeen, die für eine Niederlage trösten konnten. Man freute sich der Niederlagen, weil sie dem alten verrosteten Systeme des Staates oder der Armee oder wenigstens ihrer Einbildung gegönnt wurden. Erst da begann die Empörung gegen den Sieger, als er seine Siege befestigen wollte. Napoleon, als Held angebetet, wurde verflucht, da er Eroberer wurde. Die Armeen und die geschlagenen Feldherren waren nicht populär gewesen, aber sich selbst konnte man doch nicht gering anschlagen, man sah sich verkannt, gedemüthigt und knirschte die Zähne. Man hatte Napoleon verziehen, daß er Einzelne beleidigte, und empörte sich, als er die Massen verachtete. Was die Ferne so zauberhaft hatte erscheinen lassen, das schrumpfte in der Nähe zu einer kalten, lästigen Persönlichkeit zusammen. Napoleon brachte keine Jdeen mit. Er wollte nur den Zug des Dionysus und Alexander nachahmen. Seine Siege hatten keinen Zweck mehr, als den, ihre Anzahl zu vermehren. Napoleon brachte den Völkern keine betrachten, weil wir uns auf diesem Wege über die Jdeen der Zeit und die Stimmung der Generation am klarsten werden können. Napoleon, erst so populär, wurde plötzlich verabscheut. Sogar die Gegner, die er besiegte, hatten ihn angebetet. Man achte wohl darauf, daß es zunächst nicht Patriotismus war, der sich gegen seinen schwindenden Glücksstern wandte, sondern einzig und allein eine Täuschung. Man ließ sich gefallen, von Napoleon besiegt zu werden. Man hatte zu viel Jdeen, die für eine Niederlage trösten konnten. Man freute sich der Niederlagen, weil sie dem alten verrosteten Systeme des Staates oder der Armee oder wenigstens ihrer Einbildung gegönnt wurden. Erst da begann die Empörung gegen den Sieger, als er seine Siege befestigen wollte. Napoleon, als Held angebetet, wurde verflucht, da er Eroberer wurde. Die Armeen und die geschlagenen Feldherren waren nicht populär gewesen, aber sich selbst konnte man doch nicht gering anschlagen, man sah sich verkannt, gedemüthigt und knirschte die Zähne. Man hatte Napoleon verziehen, daß er Einzelne beleidigte, und empörte sich, als er die Massen verachtete. Was die Ferne so zauberhaft hatte erscheinen lassen, das schrumpfte in der Nähe zu einer kalten, lästigen Persönlichkeit zusammen. Napoleon brachte keine Jdeen mit. Er wollte nur den Zug des Dionysus und Alexander nachahmen. Seine Siege hatten keinen Zweck mehr, als den, ihre Anzahl zu vermehren. Napoleon brachte den Völkern keine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="81"/> betrachten, weil wir uns auf diesem Wege über die Jdeen der Zeit und die Stimmung der Generation am klarsten werden können.</p> <p>Napoleon, erst so populär, wurde plötzlich verabscheut. Sogar die Gegner, die er besiegte, hatten ihn angebetet. Man achte wohl darauf, daß es zunächst nicht Patriotismus war, der sich gegen seinen schwindenden Glücksstern wandte, sondern einzig und allein eine Täuschung. Man ließ sich gefallen, von Napoleon besiegt zu werden. Man hatte zu viel Jdeen, die für eine Niederlage trösten konnten. Man freute sich der Niederlagen, weil sie dem alten verrosteten Systeme des Staates oder der Armee oder wenigstens ihrer Einbildung gegönnt wurden. Erst da begann die Empörung gegen den Sieger, als er seine Siege befestigen wollte. Napoleon, als Held angebetet, wurde verflucht, da er Eroberer wurde. Die Armeen und die geschlagenen Feldherren waren nicht populär gewesen, aber sich selbst konnte man doch nicht gering anschlagen, man sah sich verkannt, gedemüthigt und knirschte die Zähne. Man hatte Napoleon verziehen, daß er Einzelne beleidigte, und empörte sich, als er die Massen verachtete. Was die Ferne so zauberhaft hatte erscheinen lassen, das schrumpfte in der Nähe zu einer kalten, lästigen Persönlichkeit zusammen. Napoleon brachte keine Jdeen mit. Er wollte nur den Zug des Dionysus und Alexander nachahmen. Seine Siege hatten keinen Zweck mehr, als den, ihre Anzahl zu vermehren. Napoleon brachte den Völkern keine </p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0109]
betrachten, weil wir uns auf diesem Wege über die Jdeen der Zeit und die Stimmung der Generation am klarsten werden können.
Napoleon, erst so populär, wurde plötzlich verabscheut. Sogar die Gegner, die er besiegte, hatten ihn angebetet. Man achte wohl darauf, daß es zunächst nicht Patriotismus war, der sich gegen seinen schwindenden Glücksstern wandte, sondern einzig und allein eine Täuschung. Man ließ sich gefallen, von Napoleon besiegt zu werden. Man hatte zu viel Jdeen, die für eine Niederlage trösten konnten. Man freute sich der Niederlagen, weil sie dem alten verrosteten Systeme des Staates oder der Armee oder wenigstens ihrer Einbildung gegönnt wurden. Erst da begann die Empörung gegen den Sieger, als er seine Siege befestigen wollte. Napoleon, als Held angebetet, wurde verflucht, da er Eroberer wurde. Die Armeen und die geschlagenen Feldherren waren nicht populär gewesen, aber sich selbst konnte man doch nicht gering anschlagen, man sah sich verkannt, gedemüthigt und knirschte die Zähne. Man hatte Napoleon verziehen, daß er Einzelne beleidigte, und empörte sich, als er die Massen verachtete. Was die Ferne so zauberhaft hatte erscheinen lassen, das schrumpfte in der Nähe zu einer kalten, lästigen Persönlichkeit zusammen. Napoleon brachte keine Jdeen mit. Er wollte nur den Zug des Dionysus und Alexander nachahmen. Seine Siege hatten keinen Zweck mehr, als den, ihre Anzahl zu vermehren. Napoleon brachte den Völkern keine
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