Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Uebrigens fiel auf der nächsten Station die Vermuthung der mechanischen Schriftstellerin in Nichts zusammen. Wir wandten uns nämlich an Henry und verwunderten uns, warum sein Herr in der Kutsche sitzen blieb. Die andere wollte sogar schon damit herausplatzen, daß sie Henry für den größten Mechaniker der Welt halte und nicht begreifen könne, wie er ein so kostbares Kunstwerk wie seinen vorgeblichen Herrn geradezu auf Reisen schicken könne und ihn nicht in einem Kasten verpacke. Ja, sagte Henry, so daß ich anfangs ganz todtblaß über sein Zugeständniß wurde, wer 10 Jahre in der Maschine gelegen hat, dem gönnt man doch von Herzen gern einmal ein bischen Freiheit. "Es könnte aber doch etwas daran verdorben werden," bemerkte meine vorwitzige Gesellschafterin. - "Ach, ich habe Sorge genug," erwiederte Henry; "allein der Mann hat zehn Jahre lang, vom zweiten pariser Frieden an bis beinah zur Schlacht bei Navarino, im Futterale gesteckt, und ich muß noch immer fürchten, daß er mir durch die Veränderung, die in seinem Jnnern vorgegangen seyn muß, doch das Gleichgewicht und den natürlichen Schwerpunkt verloren hat." Jch gestehe Jhnen, hochwürdiger Freund und Vetter, daß dieses fortgesetzte Zugeständniß der tollen Jdee meiner mechanischen Schriftstellerin mich in die größte Verzweiflung brachte; denn mich hätten keine hundert Hände dazu gebracht, wieder in den unheimlichen Wagen einzusteigen. Jndem schien sich aber die Sache jetzt aufklären Uebrigens fiel auf der nächsten Station die Vermuthung der mechanischen Schriftstellerin in Nichts zusammen. Wir wandten uns nämlich an Henry und verwunderten uns, warum sein Herr in der Kutsche sitzen blieb. Die andere wollte sogar schon damit herausplatzen, daß sie Henry für den größten Mechaniker der Welt halte und nicht begreifen könne, wie er ein so kostbares Kunstwerk wie seinen vorgeblichen Herrn geradezu auf Reisen schicken könne und ihn nicht in einem Kasten verpacke. Ja, sagte Henry, so daß ich anfangs ganz todtblaß über sein Zugeständniß wurde, wer 10 Jahre in der Maschine gelegen hat, dem gönnt man doch von Herzen gern einmal ein bischen Freiheit. "Es könnte aber doch etwas daran verdorben werden," bemerkte meine vorwitzige Gesellschafterin. – "Ach, ich habe Sorge genug," erwiederte Henry; "allein der Mann hat zehn Jahre lang, vom zweiten pariser Frieden an bis beinah zur Schlacht bei Navarino, im Futterale gesteckt, und ich muß noch immer fürchten, daß er mir durch die Veränderung, die in seinem Jnnern vorgegangen seyn muß, doch das Gleichgewicht und den natürlichen Schwerpunkt verloren hat.“ Jch gestehe Jhnen, hochwürdiger Freund und Vetter, daß dieses fortgesetzte Zugeständniß der tollen Jdee meiner mechanischen Schriftstellerin mich in die größte Verzweiflung brachte; denn mich hätten keine hundert Hände dazu gebracht, wieder in den unheimlichen Wagen einzusteigen. Jndem schien sich aber die Sache jetzt aufklären <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0456" n="428"/> <p> Uebrigens fiel auf der nächsten Station die Vermuthung der mechanischen Schriftstellerin in Nichts zusammen. Wir wandten uns nämlich an Henry und verwunderten uns, warum sein Herr in der Kutsche sitzen blieb. Die andere wollte sogar schon damit herausplatzen, daß sie Henry für den größten Mechaniker der Welt halte und nicht begreifen könne, wie er ein so kostbares Kunstwerk wie seinen vorgeblichen Herrn geradezu auf Reisen schicken könne und ihn nicht in einem Kasten verpacke. Ja, sagte Henry, so daß ich anfangs ganz todtblaß über sein Zugeständniß wurde, wer 10 Jahre in der Maschine gelegen hat, dem gönnt man doch von Herzen gern einmal ein bischen Freiheit. "Es könnte aber doch etwas daran verdorben werden," bemerkte meine vorwitzige Gesellschafterin. – "Ach, ich habe Sorge genug," erwiederte Henry; "allein der Mann hat zehn Jahre lang, vom zweiten pariser Frieden an bis beinah zur Schlacht bei Navarino, im Futterale gesteckt, und ich muß noch immer fürchten, daß er mir durch die Veränderung, die in seinem Jnnern vorgegangen seyn muß, doch das Gleichgewicht und den natürlichen Schwerpunkt verloren hat.“</p> <p>Jch gestehe Jhnen, hochwürdiger Freund und Vetter, daß dieses fortgesetzte Zugeständniß der tollen Jdee meiner mechanischen Schriftstellerin mich in die größte Verzweiflung brachte; denn mich hätten keine hundert Hände dazu gebracht, wieder in den unheimlichen Wagen einzusteigen. Jndem schien sich aber die Sache jetzt aufklären </p> </div> </body> </text> </TEI> [428/0456]
Uebrigens fiel auf der nächsten Station die Vermuthung der mechanischen Schriftstellerin in Nichts zusammen. Wir wandten uns nämlich an Henry und verwunderten uns, warum sein Herr in der Kutsche sitzen blieb. Die andere wollte sogar schon damit herausplatzen, daß sie Henry für den größten Mechaniker der Welt halte und nicht begreifen könne, wie er ein so kostbares Kunstwerk wie seinen vorgeblichen Herrn geradezu auf Reisen schicken könne und ihn nicht in einem Kasten verpacke. Ja, sagte Henry, so daß ich anfangs ganz todtblaß über sein Zugeständniß wurde, wer 10 Jahre in der Maschine gelegen hat, dem gönnt man doch von Herzen gern einmal ein bischen Freiheit. "Es könnte aber doch etwas daran verdorben werden," bemerkte meine vorwitzige Gesellschafterin. – "Ach, ich habe Sorge genug," erwiederte Henry; "allein der Mann hat zehn Jahre lang, vom zweiten pariser Frieden an bis beinah zur Schlacht bei Navarino, im Futterale gesteckt, und ich muß noch immer fürchten, daß er mir durch die Veränderung, die in seinem Jnnern vorgegangen seyn muß, doch das Gleichgewicht und den natürlichen Schwerpunkt verloren hat.“
Jch gestehe Jhnen, hochwürdiger Freund und Vetter, daß dieses fortgesetzte Zugeständniß der tollen Jdee meiner mechanischen Schriftstellerin mich in die größte Verzweiflung brachte; denn mich hätten keine hundert Hände dazu gebracht, wieder in den unheimlichen Wagen einzusteigen. Jndem schien sich aber die Sache jetzt aufklären
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