Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbereitung zur Kunst höchstens der übrigen Bildung, welche man genießt, parallel, so daß vielleicht schon im achten Jahre kleine Kinder ihre Finger auf dem Klavier ausspannen müssen, daß sie die Akademie besuchen, um zeichnen zu lernen, oder zuweilen in das Theater, als eine Schule der Phantasie, mitgenommen werden. Allein dieser Unterricht ist eben nur Ausnahme und meistentheils auf Neben- und Freistunden beschränkt.

Und da weder in der Erziehung, noch in den Sitten bei uns eine unmittelbare Aufforderung zur Uebung und Ausbildung der künstlerischen Talente liegt, so wär es wünschenswerth, daß wenigstens die Offenbarung der Natur zum erwachenden Künstlersinn anregend und erweckend spräche. Allein dasjenige, was uns gerade am entferntesten gerückt wurde, ist die Natur. Sie kann in ihrer grünen Frische, in ihrer, vom Gesang der Vögel belebten Herrlichkeit, in ihrer Sprache von Alpen und Thälern zu einem Tyroler sprechen, der so hübsch aus Holz schnitzelt, daß man ihn von seiner Heerde weg in die Akademie rufen sollte, sie kann Dichter entzünden, Maler wecken, allein ist es hier nicht immer der Zufall, der ihr die Gewalt leiht, ist sie sich wohl überall gleich und wirkt überall die gleichen Wunder? Wo findet man auch Natur in einer Zeit, wo sie unter der Herrschaft der Maschine seufzt, eingegangen ist, um Hebel der Jndustrie zu werden, wo ist Natur in eurer Umgebung,

Vorbereitung zur Kunst höchstens der übrigen Bildung, welche man genießt, parallel, so daß vielleicht schon im achten Jahre kleine Kinder ihre Finger auf dem Klavier ausspannen müssen, daß sie die Akademie besuchen, um zeichnen zu lernen, oder zuweilen in das Theater, als eine Schule der Phantasie, mitgenommen werden. Allein dieser Unterricht ist eben nur Ausnahme und meistentheils auf Neben- und Freistunden beschränkt.

Und da weder in der Erziehung, noch in den Sitten bei uns eine unmittelbare Aufforderung zur Uebung und Ausbildung der künstlerischen Talente liegt, so wär es wünschenswerth, daß wenigstens die Offenbarung der Natur zum erwachenden Künstlersinn anregend und erweckend spräche. Allein dasjenige, was uns gerade am entferntesten gerückt wurde, ist die Natur. Sie kann in ihrer grünen Frische, in ihrer, vom Gesang der Vögel belebten Herrlichkeit, in ihrer Sprache von Alpen und Thälern zu einem Tyroler sprechen, der so hübsch aus Holz schnitzelt, daß man ihn von seiner Heerde weg in die Akademie rufen sollte, sie kann Dichter entzünden, Maler wecken, allein ist es hier nicht immer der Zufall, der ihr die Gewalt leiht, ist sie sich wohl überall gleich und wirkt überall die gleichen Wunder? Wo findet man auch Natur in einer Zeit, wo sie unter der Herrschaft der Maschine seufzt, eingegangen ist, um Hebel der Jndustrie zu werden, wo ist Natur in eurer Umgebung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="241"/>
Vorbereitung zur Kunst höchstens der übrigen Bildung, welche man genießt, parallel, so daß vielleicht schon im achten Jahre kleine Kinder ihre Finger auf dem Klavier ausspannen müssen, daß sie die Akademie besuchen, um zeichnen zu lernen, oder zuweilen in das Theater, als eine Schule der Phantasie, mitgenommen werden. Allein dieser Unterricht ist eben nur Ausnahme und meistentheils auf Neben- und Freistunden beschränkt.</p>
        <p>Und da weder in der Erziehung, noch in den Sitten bei uns eine unmittelbare Aufforderung zur Uebung und Ausbildung der künstlerischen Talente liegt, so wär es wünschenswerth, daß wenigstens die Offenbarung der Natur zum erwachenden Künstlersinn anregend und erweckend spräche. Allein dasjenige, was uns gerade am entferntesten gerückt wurde, ist die Natur. Sie kann in ihrer grünen Frische, in ihrer, vom Gesang der Vögel belebten Herrlichkeit, in ihrer Sprache von Alpen und Thälern zu einem Tyroler sprechen, der so hübsch aus Holz schnitzelt, daß man ihn von seiner Heerde weg in die Akademie rufen sollte, sie kann Dichter entzünden, Maler wecken, allein ist es hier nicht immer der Zufall, der ihr die Gewalt leiht, ist sie sich wohl überall gleich und wirkt überall die gleichen Wunder? Wo findet man auch Natur in einer Zeit, wo sie unter der Herrschaft der Maschine seufzt, eingegangen ist, um Hebel der Jndustrie zu werden, wo ist Natur in eurer Umgebung,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0243] Vorbereitung zur Kunst höchstens der übrigen Bildung, welche man genießt, parallel, so daß vielleicht schon im achten Jahre kleine Kinder ihre Finger auf dem Klavier ausspannen müssen, daß sie die Akademie besuchen, um zeichnen zu lernen, oder zuweilen in das Theater, als eine Schule der Phantasie, mitgenommen werden. Allein dieser Unterricht ist eben nur Ausnahme und meistentheils auf Neben- und Freistunden beschränkt. Und da weder in der Erziehung, noch in den Sitten bei uns eine unmittelbare Aufforderung zur Uebung und Ausbildung der künstlerischen Talente liegt, so wär es wünschenswerth, daß wenigstens die Offenbarung der Natur zum erwachenden Künstlersinn anregend und erweckend spräche. Allein dasjenige, was uns gerade am entferntesten gerückt wurde, ist die Natur. Sie kann in ihrer grünen Frische, in ihrer, vom Gesang der Vögel belebten Herrlichkeit, in ihrer Sprache von Alpen und Thälern zu einem Tyroler sprechen, der so hübsch aus Holz schnitzelt, daß man ihn von seiner Heerde weg in die Akademie rufen sollte, sie kann Dichter entzünden, Maler wecken, allein ist es hier nicht immer der Zufall, der ihr die Gewalt leiht, ist sie sich wohl überall gleich und wirkt überall die gleichen Wunder? Wo findet man auch Natur in einer Zeit, wo sie unter der Herrschaft der Maschine seufzt, eingegangen ist, um Hebel der Jndustrie zu werden, wo ist Natur in eurer Umgebung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/243
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/243>, abgerufen am 21.11.2024.