Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Ein damit verschwistertes Resultat unsres Jahrhunderts ist der Kampf gegen die Privilegien. Wir wollen den Adel, weil er einmal da ist; aber Berechtigungen darf er seiner Geburt nicht, sondern nur seiner Bildung und seinem Verdienste entnehmen. Wir wollen die Religion, aber so wenig als möglich in Gestalt einer Kirche, welche weltliche Rechte ausüben darf. Seitdem der Adel sich den Grundbesitz hat nehmen lassen, und der Bürger, der ihn kaufte, nicht eo ipso dadurch in den Adel rückte, ist dies stolze Jnstitut der Vergangenheit zertrümmert, sind diese unter uns herumwandelnden Edelleute, die nur noch den Namen und nichts mehr von der Sache des Adels haben, traurige Schatten einer unwiederbringlichen Vergangenheit. Da jedenfalls das Vorhandenseyn einer Adelskaste, die nur noch die Firma und nicht mehr den reellen Werth des Adels besizt, nur des immer nicht zu vermeidenden exklusiven Benehmens wegen zu Verwirrungen in dem politischen Leben der Gegenwart führt, so sollten einsichtsvolle Regenten, die einsehen, wie ihnen ein solcher federleichter Adel mehr schadet, als nüzt, ihn auch ohne weiteres aufheben. Sie sollten die Maxime, daß Adel nur an einem gewissen Güterbesitz hafte, ein für allemal annehmen, und sie mit der in England herrschenden Adelsverfassung, mit der Primogenitur und dem System der jüngern Söhne, die nicht mehr den Titel ihrer Väter führen, verbinden, denn wo soll Ein damit verschwistertes Resultat unsres Jahrhunderts ist der Kampf gegen die Privilegien. Wir wollen den Adel, weil er einmal da ist; aber Berechtigungen darf er seiner Geburt nicht, sondern nur seiner Bildung und seinem Verdienste entnehmen. Wir wollen die Religion, aber so wenig als möglich in Gestalt einer Kirche, welche weltliche Rechte ausüben darf. Seitdem der Adel sich den Grundbesitz hat nehmen lassen, und der Bürger, der ihn kaufte, nicht eo ipso dadurch in den Adel rückte, ist dies stolze Jnstitut der Vergangenheit zertrümmert, sind diese unter uns herumwandelnden Edelleute, die nur noch den Namen und nichts mehr von der Sache des Adels haben, traurige Schatten einer unwiederbringlichen Vergangenheit. Da jedenfalls das Vorhandenseyn einer Adelskaste, die nur noch die Firma und nicht mehr den reellen Werth des Adels besizt, nur des immer nicht zu vermeidenden exklusiven Benehmens wegen zu Verwirrungen in dem politischen Leben der Gegenwart führt, so sollten einsichtsvolle Regenten, die einsehen, wie ihnen ein solcher federleichter Adel mehr schadet, als nüzt, ihn auch ohne weiteres aufheben. Sie sollten die Maxime, daß Adel nur an einem gewissen Güterbesitz hafte, ein für allemal annehmen, und sie mit der in England herrschenden Adelsverfassung, mit der Primogenitur und dem System der jüngern Söhne, die nicht mehr den Titel ihrer Väter führen, verbinden, denn wo soll <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0379" n="377"/> <p> Ein damit verschwistertes Resultat unsres Jahrhunderts ist der Kampf gegen die Privilegien. Wir wollen den Adel, weil er einmal da ist; aber Berechtigungen darf er seiner Geburt nicht, sondern nur seiner Bildung und seinem Verdienste entnehmen. Wir wollen die Religion, aber so wenig als möglich in Gestalt einer Kirche, welche weltliche Rechte ausüben darf. Seitdem der Adel sich den Grundbesitz hat nehmen lassen, und der Bürger, der ihn kaufte, nicht <hi rendition="#aq">eo ipso</hi> dadurch in den Adel rückte, ist dies stolze Jnstitut der Vergangenheit zertrümmert, sind diese unter uns herumwandelnden Edelleute, die nur noch den Namen und nichts mehr von der Sache des Adels haben, traurige Schatten einer unwiederbringlichen Vergangenheit. Da jedenfalls das Vorhandenseyn einer Adelskaste, die nur noch die Firma und nicht mehr den reellen Werth des Adels besizt, nur des immer nicht zu vermeidenden exklusiven Benehmens wegen zu Verwirrungen in dem politischen Leben der Gegenwart führt, so sollten einsichtsvolle Regenten, die einsehen, wie ihnen ein solcher federleichter Adel mehr schadet, als nüzt, ihn auch ohne weiteres aufheben. Sie sollten die Maxime, daß Adel nur an einem gewissen Güterbesitz hafte, ein für allemal annehmen, und sie mit der in England herrschenden Adelsverfassung, mit der Primogenitur und dem System der jüngern Söhne, die nicht mehr den Titel ihrer Väter führen, verbinden, denn wo soll </p> </div> </body> </text> </TEI> [377/0379]
Ein damit verschwistertes Resultat unsres Jahrhunderts ist der Kampf gegen die Privilegien. Wir wollen den Adel, weil er einmal da ist; aber Berechtigungen darf er seiner Geburt nicht, sondern nur seiner Bildung und seinem Verdienste entnehmen. Wir wollen die Religion, aber so wenig als möglich in Gestalt einer Kirche, welche weltliche Rechte ausüben darf. Seitdem der Adel sich den Grundbesitz hat nehmen lassen, und der Bürger, der ihn kaufte, nicht eo ipso dadurch in den Adel rückte, ist dies stolze Jnstitut der Vergangenheit zertrümmert, sind diese unter uns herumwandelnden Edelleute, die nur noch den Namen und nichts mehr von der Sache des Adels haben, traurige Schatten einer unwiederbringlichen Vergangenheit. Da jedenfalls das Vorhandenseyn einer Adelskaste, die nur noch die Firma und nicht mehr den reellen Werth des Adels besizt, nur des immer nicht zu vermeidenden exklusiven Benehmens wegen zu Verwirrungen in dem politischen Leben der Gegenwart führt, so sollten einsichtsvolle Regenten, die einsehen, wie ihnen ein solcher federleichter Adel mehr schadet, als nüzt, ihn auch ohne weiteres aufheben. Sie sollten die Maxime, daß Adel nur an einem gewissen Güterbesitz hafte, ein für allemal annehmen, und sie mit der in England herrschenden Adelsverfassung, mit der Primogenitur und dem System der jüngern Söhne, die nicht mehr den Titel ihrer Väter führen, verbinden, denn wo soll
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