Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

findlichen Gewebes-Elemente -- insbesondere die Zellmem¬
branen und die Intercellular-Substanzen -- als secundäre
accessorische Bestandtheile, als passive "Protoplasma-Pro¬
ducte" in den Hintergrund gedrängt. Nur ein einziger
weiterer Bestandtheil machte davon eine wichtige Aus¬
nahme, der schon von Schleiden und Schwann hervorgehobene
Zellkern (Nucleus oder Cytoblastus): ein kleinerer, vom
Protoplasma umschlossener Körper, welcher diesem in
chemischer und physiologischer Beziehung zwar sehr nahe
verwandt, aber doch wesentlich davon verschieden und
morphologisch gesondert ist. Früher nur für einen un¬
wesentlichen und oft fehlenden Zellbestandtheil gehalten,
stellte sich der Zellkern immer mehr als ein allgemein ver¬
breiteter und höchst wichtiger Zellbestandtheil heraus.
Zuletzt ergab sich, dass jede echte Zelle entweder zeit¬
lebens oder doch wenigstens in ihrer frühesten Jugend
einen echten Zellkern besitzt und dass dieser mindestens
für gewisse Vorgänge des Zellenlebens, insbesondere für
die Zelltheilung, eine ebenso grosse oder grössere Bedeu¬
tung als das Protoplasma besitzt. Insbesondere haben uns
die ausgezeichnet sorgfältigen Untersuchungen der neuesten
Zeit, von Eduard Strasburger, Oscar Hertwig, Leopold Auer¬
bach, Otto Bütschli u. A. darüber die wichtigsten Aufschlüsse
gegeben. Ist auch im Einzelnen die wichtige Rolle des
Zellenkerns noch nicht ganz festgestellt, so bleibt jetzt doch
so viel sicher, dass der Zellenkern mit und neben dem
Protoplasma als wichtigster lebendiger Zellbestandtheil im
Vordergrund des Zellenlebens steht. Es war daher voll¬
kommen gerechtfertigt, wenn ich in der generellen Mor¬
phologie Nucleus und Protoplasma als die beiden wesent¬

findlichen Gewebes-Elemente — insbesondere die Zellmem¬
branen und die Intercellular-Substanzen — als secundäre
accessorische Bestandtheile, als passive „Protoplasma-Pro¬
ducte“ in den Hintergrund gedrängt. Nur ein einziger
weiterer Bestandtheil machte davon eine wichtige Aus¬
nahme, der schon von Schleiden und Schwann hervorgehobene
Zellkern (Nucleus oder Cytoblastus): ein kleinerer, vom
Protoplasma umschlossener Körper, welcher diesem in
chemischer und physiologischer Beziehung zwar sehr nahe
verwandt, aber doch wesentlich davon verschieden und
morphologisch gesondert ist. Früher nur für einen un¬
wesentlichen und oft fehlenden Zellbestandtheil gehalten,
stellte sich der Zellkern immer mehr als ein allgemein ver¬
breiteter und höchst wichtiger Zellbestandtheil heraus.
Zuletzt ergab sich, dass jede echte Zelle entweder zeit¬
lebens oder doch wenigstens in ihrer frühesten Jugend
einen echten Zellkern besitzt und dass dieser mindestens
für gewisse Vorgänge des Zellenlebens, insbesondere für
die Zelltheilung, eine ebenso grosse oder grössere Bedeu¬
tung als das Protoplasma besitzt. Insbesondere haben uns
die ausgezeichnet sorgfältigen Untersuchungen der neuesten
Zeit, von Eduard Strasburger, Oscar Hertwig, Leopold Auer¬
bach, Otto Bütschli u. A. darüber die wichtigsten Aufschlüsse
gegeben. Ist auch im Einzelnen die wichtige Rolle des
Zellenkerns noch nicht ganz festgestellt, so bleibt jetzt doch
so viel sicher, dass der Zellenkern mit und neben dem
Protoplasma als wichtigster lebendiger Zellbestandtheil im
Vordergrund des Zellenlebens steht. Es war daher voll¬
kommen gerechtfertigt, wenn ich in der generellen Mor¬
phologie Nucleus und Protoplasma als die beiden wesent¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="24"/>
findlichen Gewebes-Elemente &#x2014; insbesondere die Zellmem¬<lb/>
branen und die Intercellular-Substanzen &#x2014; als secundäre<lb/>
accessorische Bestandtheile, als passive &#x201E;Protoplasma-Pro¬<lb/>
ducte&#x201C; in den Hintergrund gedrängt. Nur ein einziger<lb/>
weiterer Bestandtheil machte davon eine wichtige Aus¬<lb/>
nahme, der schon von <hi rendition="#i">Schleiden</hi> und <hi rendition="#i">Schwann</hi> hervorgehobene<lb/><hi rendition="#g">Zellkern</hi> (Nucleus oder Cytoblastus): ein kleinerer, vom<lb/>
Protoplasma umschlossener Körper, welcher diesem in<lb/>
chemischer und physiologischer Beziehung zwar sehr nahe<lb/>
verwandt, aber doch wesentlich davon verschieden und<lb/>
morphologisch gesondert ist. Früher nur für einen un¬<lb/>
wesentlichen und oft fehlenden Zellbestandtheil gehalten,<lb/>
stellte sich der Zellkern immer mehr als ein allgemein ver¬<lb/>
breiteter und höchst wichtiger Zellbestandtheil heraus.<lb/>
Zuletzt ergab sich, dass jede echte Zelle entweder zeit¬<lb/>
lebens oder doch wenigstens in ihrer frühesten Jugend<lb/>
einen echten Zellkern besitzt und dass dieser mindestens<lb/>
für gewisse Vorgänge des Zellenlebens, insbesondere für<lb/>
die Zelltheilung, eine ebenso grosse oder grössere Bedeu¬<lb/>
tung als das Protoplasma besitzt. Insbesondere haben uns<lb/>
die ausgezeichnet sorgfältigen Untersuchungen der neuesten<lb/>
Zeit, von <hi rendition="#i">Eduard Strasburger</hi>, <hi rendition="#i">Oscar Hertwig</hi>, <hi rendition="#i">Leopold Auer</hi>¬<lb/><hi rendition="#i">bach</hi>, <hi rendition="#i">Otto Bütschli</hi> u. A. darüber die wichtigsten Aufschlüsse<lb/>
gegeben. Ist auch im Einzelnen die wichtige Rolle des<lb/>
Zellenkerns noch nicht ganz festgestellt, so bleibt jetzt doch<lb/>
so viel sicher, dass der Zellenkern mit und neben dem<lb/>
Protoplasma als wichtigster lebendiger Zellbestandtheil im<lb/>
Vordergrund des Zellenlebens steht. Es war daher voll¬<lb/>
kommen gerechtfertigt, wenn ich in der generellen Mor¬<lb/>
phologie Nucleus und Protoplasma als die beiden wesent¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0030] findlichen Gewebes-Elemente — insbesondere die Zellmem¬ branen und die Intercellular-Substanzen — als secundäre accessorische Bestandtheile, als passive „Protoplasma-Pro¬ ducte“ in den Hintergrund gedrängt. Nur ein einziger weiterer Bestandtheil machte davon eine wichtige Aus¬ nahme, der schon von Schleiden und Schwann hervorgehobene Zellkern (Nucleus oder Cytoblastus): ein kleinerer, vom Protoplasma umschlossener Körper, welcher diesem in chemischer und physiologischer Beziehung zwar sehr nahe verwandt, aber doch wesentlich davon verschieden und morphologisch gesondert ist. Früher nur für einen un¬ wesentlichen und oft fehlenden Zellbestandtheil gehalten, stellte sich der Zellkern immer mehr als ein allgemein ver¬ breiteter und höchst wichtiger Zellbestandtheil heraus. Zuletzt ergab sich, dass jede echte Zelle entweder zeit¬ lebens oder doch wenigstens in ihrer frühesten Jugend einen echten Zellkern besitzt und dass dieser mindestens für gewisse Vorgänge des Zellenlebens, insbesondere für die Zelltheilung, eine ebenso grosse oder grössere Bedeu¬ tung als das Protoplasma besitzt. Insbesondere haben uns die ausgezeichnet sorgfältigen Untersuchungen der neuesten Zeit, von Eduard Strasburger, Oscar Hertwig, Leopold Auer¬ bach, Otto Bütschli u. A. darüber die wichtigsten Aufschlüsse gegeben. Ist auch im Einzelnen die wichtige Rolle des Zellenkerns noch nicht ganz festgestellt, so bleibt jetzt doch so viel sicher, dass der Zellenkern mit und neben dem Protoplasma als wichtigster lebendiger Zellbestandtheil im Vordergrund des Zellenlebens steht. Es war daher voll¬ kommen gerechtfertigt, wenn ich in der generellen Mor¬ phologie Nucleus und Protoplasma als die beiden wesent¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/30
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/30>, abgerufen am 24.11.2024.