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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Linne's zweifache Benennung der organischen Arten.
zen sich beschäftigenden Naturforscher geblieben ist. Obgleich das Sy-
stem Linne's ein künstliches war, obgleich er für die Klassifikation der
Thier- und Pflanzenarten nur einzelne Theile als Eintheilungsgrund-
lagen hervorsuchte und anwendete, hat dennoch dieses System sich den
größten Erfolg errungen, erstens durch seine konsequente Durchfüh-
rung, und zweitens durch seine ungemein wichtig gewordene Benen-
nungsweise der Naturkörper, auf welche wir hier nothwendig sogleich
einen Blick werfen müssen. Nachdem man nämlich vor Linne sich
vergeblich abgemüht hatte, in das unendliche Chaos der schon damals
bekannten verschiedenen Thier- und Pflanzenformen durch irgend eine
passende Namengebung und Zusammenstellung Licht zu bringen, ge-
lang es Linne durch Aufstellung der sogenannten "binären No-
menklatur
" mit einem glücklichen Griff diese wichtige und schwierige
Aufgabe zu lösen. Die binäre Nomenklatur oder die zweifache Be-
nennung, wie sie Linne zuerst aufstellte, wird noch heutigen Tages
ganz allgemein von allen Zoologen und Botanikern angewendet und
wird sich unzweifelhaft sehr lange noch in gleicher Geltung erhalten. Sie
besteht darin, daß jede Thier- und Pflanzenart mit zwei Namen be-
zeichnet wird, welche sich ähnlich verhalten, wie Tauf- und Familien-
namen der menschlichen Jndividuen. Der besondere Name, welcher
dem menschlichen Taufnamen entspricht, und welcher den Begriff der
Art (Species) ausdrückt, dient zur gemeinschaftlichen Bezeichnung
aller thierischen oder pflanzlichen Einzelwesen, welche in allen wesent-
lichen Formeigenschaften sich gleich sind, und sich nur durch ganz un-
tergeordnete Merkmale unterscheiden. Der allgemeinere Name dage-
gen, welcher dem menschlichen Familiennamen entspricht, und wel-
cher den Begriff der Gattung (Genus) ausdrückt, dient zur gemein-
schaftlichen Bezeichnung aller nächst ähnlichen Arten oder Species.
Der allgemeinere, umfassende Genusname wird nach Linne's all-
gemein gültiger Benennungsweise vorangesetzt; der besondere, unter-
geordnete Speciesname folgt ihm nach. So z. B. heißt die Haus-
katze Felis domestica, die wilde Katze Felis catus, der Panther Fe-
lis pardus,
der Jaguar Felis onca, der Tiger Felis tigris, der

Linné’s zweifache Benennung der organiſchen Arten.
zen ſich beſchaͤftigenden Naturforſcher geblieben iſt. Obgleich das Sy-
ſtem Linné’s ein kuͤnſtliches war, obgleich er fuͤr die Klaſſifikation der
Thier- und Pflanzenarten nur einzelne Theile als Eintheilungsgrund-
lagen hervorſuchte und anwendete, hat dennoch dieſes Syſtem ſich den
groͤßten Erfolg errungen, erſtens durch ſeine konſequente Durchfuͤh-
rung, und zweitens durch ſeine ungemein wichtig gewordene Benen-
nungsweiſe der Naturkoͤrper, auf welche wir hier nothwendig ſogleich
einen Blick werfen muͤſſen. Nachdem man naͤmlich vor Linné ſich
vergeblich abgemuͤht hatte, in das unendliche Chaos der ſchon damals
bekannten verſchiedenen Thier- und Pflanzenformen durch irgend eine
paſſende Namengebung und Zuſammenſtellung Licht zu bringen, ge-
lang es Linné durch Aufſtellung der ſogenannten „binaͤren No-
menklatur
“ mit einem gluͤcklichen Griff dieſe wichtige und ſchwierige
Aufgabe zu loͤſen. Die binaͤre Nomenklatur oder die zweifache Be-
nennung, wie ſie Linné zuerſt aufſtellte, wird noch heutigen Tages
ganz allgemein von allen Zoologen und Botanikern angewendet und
wird ſich unzweifelhaft ſehr lange noch in gleicher Geltung erhalten. Sie
beſteht darin, daß jede Thier- und Pflanzenart mit zwei Namen be-
zeichnet wird, welche ſich aͤhnlich verhalten, wie Tauf- und Familien-
namen der menſchlichen Jndividuen. Der beſondere Name, welcher
dem menſchlichen Taufnamen entſpricht, und welcher den Begriff der
Art (Species) ausdruͤckt, dient zur gemeinſchaftlichen Bezeichnung
aller thieriſchen oder pflanzlichen Einzelweſen, welche in allen weſent-
lichen Formeigenſchaften ſich gleich ſind, und ſich nur durch ganz un-
tergeordnete Merkmale unterſcheiden. Der allgemeinere Name dage-
gen, welcher dem menſchlichen Familiennamen entſpricht, und wel-
cher den Begriff der Gattung (Genus) ausdruͤckt, dient zur gemein-
ſchaftlichen Bezeichnung aller naͤchſt aͤhnlichen Arten oder Species.
Der allgemeinere, umfaſſende Genusname wird nach Linné’s all-
gemein guͤltiger Benennungsweiſe vorangeſetzt; der beſondere, unter-
geordnete Speciesname folgt ihm nach. So z. B. heißt die Haus-
katze Felis domestica, die wilde Katze Felis catus, der Panther Fe-
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[32/0053] Linné’s zweifache Benennung der organiſchen Arten. zen ſich beſchaͤftigenden Naturforſcher geblieben iſt. Obgleich das Sy- ſtem Linné’s ein kuͤnſtliches war, obgleich er fuͤr die Klaſſifikation der Thier- und Pflanzenarten nur einzelne Theile als Eintheilungsgrund- lagen hervorſuchte und anwendete, hat dennoch dieſes Syſtem ſich den groͤßten Erfolg errungen, erſtens durch ſeine konſequente Durchfuͤh- rung, und zweitens durch ſeine ungemein wichtig gewordene Benen- nungsweiſe der Naturkoͤrper, auf welche wir hier nothwendig ſogleich einen Blick werfen muͤſſen. Nachdem man naͤmlich vor Linné ſich vergeblich abgemuͤht hatte, in das unendliche Chaos der ſchon damals bekannten verſchiedenen Thier- und Pflanzenformen durch irgend eine paſſende Namengebung und Zuſammenſtellung Licht zu bringen, ge- lang es Linné durch Aufſtellung der ſogenannten „binaͤren No- menklatur“ mit einem gluͤcklichen Griff dieſe wichtige und ſchwierige Aufgabe zu loͤſen. Die binaͤre Nomenklatur oder die zweifache Be- nennung, wie ſie Linné zuerſt aufſtellte, wird noch heutigen Tages ganz allgemein von allen Zoologen und Botanikern angewendet und wird ſich unzweifelhaft ſehr lange noch in gleicher Geltung erhalten. Sie beſteht darin, daß jede Thier- und Pflanzenart mit zwei Namen be- zeichnet wird, welche ſich aͤhnlich verhalten, wie Tauf- und Familien- namen der menſchlichen Jndividuen. Der beſondere Name, welcher dem menſchlichen Taufnamen entſpricht, und welcher den Begriff der Art (Species) ausdruͤckt, dient zur gemeinſchaftlichen Bezeichnung aller thieriſchen oder pflanzlichen Einzelweſen, welche in allen weſent- lichen Formeigenſchaften ſich gleich ſind, und ſich nur durch ganz un- tergeordnete Merkmale unterſcheiden. Der allgemeinere Name dage- gen, welcher dem menſchlichen Familiennamen entſpricht, und wel- cher den Begriff der Gattung (Genus) ausdruͤckt, dient zur gemein- ſchaftlichen Bezeichnung aller naͤchſt aͤhnlichen Arten oder Species. Der allgemeinere, umfaſſende Genusname wird nach Linné’s all- gemein guͤltiger Benennungsweiſe vorangeſetzt; der beſondere, unter- geordnete Speciesname folgt ihm nach. So z. B. heißt die Haus- katze Felis domestica, die wilde Katze Felis catus, der Panther Fe- lis pardus, der Jaguar Felis onca, der Tiger Felis tigris, der

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/53>, abgerufen am 21.11.2024.