Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Agassiz' Ausichten vom Schöpfungsplane. gemeinsten Schöpfungsideen ausgehend, immer mehr in die besonde-ren Einzelheiten. Was also z. B. das Thierreich betrifft, so hatte Gott bei dessen Schöpfung zunächst vier grundverschiedene Jdeen vom Thierkörper, welche er in dem verschiedenen Bauplane der vier großen Hauptformen, Typen oder Zweige des Thierreichs verkörperte, in den Wirbelthieren, Gliederthieren, Weichthieren und Strahlthieren. Jn- dem nun der Schöpfer darüber nachdachte, in welcher Art und Weise er diese vier verschiedenen Baupläne mannichfaltig ausführen könne, schuf er zunächst innerhalb jeder der vier Hauptformen mehrere ver- schiedene Klassen, z. B. in der Wirbelthierform die Klassen der Säuge- thiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische. Weiterhin vertiefte sich dann Gott in die einzelnen Klassen und brachte durch verschiedene Abstufungen im Bau jeder Klasse deren einzelne Ordnungen hervor. Durch weitere Variation der Ordnungsform erschuf er die natürlichen Familien. Jndem der Schöpfer ferner in jeder Familie die letzten Struc- tureigenthümlichkeiten einzelner Theile varürte, entstanden die Gattun- gen oder Genera. Endlich zuletzt ging Gott im weiteren Ausdenken seines Schöpfungsplanes so sehr ins Einzelne, daß die einzelnen Arten oder Species ins Leben traten. Diese sind also die verkörperten Schöpfungsgedanken der speciellsten Art. (Gen. Morph. II., 374.) Sie sehen, der Schöpfer verfährt nach Agassiz' Vorstellung beim Agaſſiz’ Auſichten vom Schoͤpfungsplane. gemeinſten Schoͤpfungsideen ausgehend, immer mehr in die beſonde-ren Einzelheiten. Was alſo z. B. das Thierreich betrifft, ſo hatte Gott bei deſſen Schoͤpfung zunaͤchſt vier grundverſchiedene Jdeen vom Thierkoͤrper, welche er in dem verſchiedenen Bauplane der vier großen Hauptformen, Typen oder Zweige des Thierreichs verkoͤrperte, in den Wirbelthieren, Gliederthieren, Weichthieren und Strahlthieren. Jn- dem nun der Schoͤpfer daruͤber nachdachte, in welcher Art und Weiſe er dieſe vier verſchiedenen Bauplaͤne mannichfaltig ausfuͤhren koͤnne, ſchuf er zunaͤchſt innerhalb jeder der vier Hauptformen mehrere ver- ſchiedene Klaſſen, z. B. in der Wirbelthierform die Klaſſen der Saͤuge- thiere, Voͤgel, Reptilien, Amphibien und Fiſche. Weiterhin vertiefte ſich dann Gott in die einzelnen Klaſſen und brachte durch verſchiedene Abſtufungen im Bau jeder Klaſſe deren einzelne Ordnungen hervor. Durch weitere Variation der Ordnungsform erſchuf er die natuͤrlichen Familien. Jndem der Schoͤpfer ferner in jeder Familie die letzten Struc- tureigenthuͤmlichkeiten einzelner Theile varuͤrte, entſtanden die Gattun- gen oder Genera. Endlich zuletzt ging Gott im weiteren Ausdenken ſeines Schoͤpfungsplanes ſo ſehr ins Einzelne, daß die einzelnen Arten oder Species ins Leben traten. Dieſe ſind alſo die verkoͤrperten Schoͤpfungsgedanken der ſpeciellſten Art. (Gen. Morph. II., 374.) Sie ſehen, der Schoͤpfer verfaͤhrt nach Agaſſiz’ Vorſtellung beim <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="53"/><fw place="top" type="header">Agaſſiz’ Auſichten vom Schoͤpfungsplane.</fw><lb/> gemeinſten Schoͤpfungsideen ausgehend, immer mehr in die beſonde-<lb/> ren Einzelheiten. Was alſo z. B. das Thierreich betrifft, ſo hatte<lb/> Gott bei deſſen Schoͤpfung zunaͤchſt vier grundverſchiedene Jdeen vom<lb/> Thierkoͤrper, welche er in dem verſchiedenen Bauplane der vier großen<lb/> Hauptformen, Typen oder Zweige des Thierreichs verkoͤrperte, in den<lb/> Wirbelthieren, Gliederthieren, Weichthieren und Strahlthieren. Jn-<lb/> dem nun der Schoͤpfer daruͤber nachdachte, in welcher Art und Weiſe<lb/> er dieſe vier verſchiedenen Bauplaͤne mannichfaltig ausfuͤhren koͤnne,<lb/> ſchuf er zunaͤchſt innerhalb jeder der vier Hauptformen mehrere ver-<lb/> ſchiedene Klaſſen, z. B. in der Wirbelthierform die Klaſſen der Saͤuge-<lb/> thiere, Voͤgel, Reptilien, Amphibien und Fiſche. Weiterhin vertiefte<lb/> ſich dann Gott in die einzelnen Klaſſen und brachte durch verſchiedene<lb/> Abſtufungen im Bau jeder Klaſſe deren einzelne Ordnungen hervor.<lb/> Durch weitere Variation der Ordnungsform erſchuf er die natuͤrlichen<lb/> Familien. Jndem der Schoͤpfer ferner in jeder Familie die letzten Struc-<lb/> tureigenthuͤmlichkeiten einzelner Theile varuͤrte, entſtanden die Gattun-<lb/> gen oder Genera. Endlich zuletzt ging Gott im weiteren Ausdenken<lb/> ſeines Schoͤpfungsplanes ſo ſehr ins Einzelne, daß die einzelnen Arten<lb/> oder Species ins Leben traten. Dieſe ſind alſo die verkoͤrperten<lb/> Schoͤpfungsgedanken der ſpeciellſten Art. (Gen. Morph. <hi rendition="#aq">II.,</hi> 374.)</p><lb/> <p>Sie ſehen, der Schoͤpfer verfaͤhrt nach <hi rendition="#g">Agaſſiz’</hi> Vorſtellung beim<lb/> Hervorbringen der organiſchen Formen genau ebenſo wie ein menſchli-<lb/> cher Baukuͤnſtler, der ſich die Aufgabe geſtellt hat, moͤglichſt viel ver-<lb/> ſchiedene Bauwerke, zu moͤglichſt mannichfaltigen Zwecken, in moͤg-<lb/> lichſt abweichendem Style, in moͤglichſt verſchiedenen Graden der Ein-<lb/> fachheit, Pracht, Groͤße und Vollkommenheit auszudenken und auszu-<lb/> fuͤhren. Dieſer Architect wuͤrde zunaͤchſt vielleicht fuͤr alle dieſe Gebaͤude<lb/> vier verſchiedene Style anwenden, etwa den gothiſchen, byzantiniſchen,<lb/> chineſiſchen und Roccocoſtyl. Jn jedem dieſer Style wuͤrde er eine<lb/> Anzahl von Kirchen, Palaͤſten, Kaſernen, Gefaͤngniſſen und Wohn-<lb/> haͤuſern bauen. Jede dieſer verſchiedenen Gebaͤudeformen wuͤrde er<lb/> in roheren und vollkommneren, in groͤßeren und kleineren, in einfachen<lb/> und praͤchtigen Arten ausfuͤhren u. ſ. w. Jnſofern waͤre jedoch der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0074]
Agaſſiz’ Auſichten vom Schoͤpfungsplane.
gemeinſten Schoͤpfungsideen ausgehend, immer mehr in die beſonde-
ren Einzelheiten. Was alſo z. B. das Thierreich betrifft, ſo hatte
Gott bei deſſen Schoͤpfung zunaͤchſt vier grundverſchiedene Jdeen vom
Thierkoͤrper, welche er in dem verſchiedenen Bauplane der vier großen
Hauptformen, Typen oder Zweige des Thierreichs verkoͤrperte, in den
Wirbelthieren, Gliederthieren, Weichthieren und Strahlthieren. Jn-
dem nun der Schoͤpfer daruͤber nachdachte, in welcher Art und Weiſe
er dieſe vier verſchiedenen Bauplaͤne mannichfaltig ausfuͤhren koͤnne,
ſchuf er zunaͤchſt innerhalb jeder der vier Hauptformen mehrere ver-
ſchiedene Klaſſen, z. B. in der Wirbelthierform die Klaſſen der Saͤuge-
thiere, Voͤgel, Reptilien, Amphibien und Fiſche. Weiterhin vertiefte
ſich dann Gott in die einzelnen Klaſſen und brachte durch verſchiedene
Abſtufungen im Bau jeder Klaſſe deren einzelne Ordnungen hervor.
Durch weitere Variation der Ordnungsform erſchuf er die natuͤrlichen
Familien. Jndem der Schoͤpfer ferner in jeder Familie die letzten Struc-
tureigenthuͤmlichkeiten einzelner Theile varuͤrte, entſtanden die Gattun-
gen oder Genera. Endlich zuletzt ging Gott im weiteren Ausdenken
ſeines Schoͤpfungsplanes ſo ſehr ins Einzelne, daß die einzelnen Arten
oder Species ins Leben traten. Dieſe ſind alſo die verkoͤrperten
Schoͤpfungsgedanken der ſpeciellſten Art. (Gen. Morph. II., 374.)
Sie ſehen, der Schoͤpfer verfaͤhrt nach Agaſſiz’ Vorſtellung beim
Hervorbringen der organiſchen Formen genau ebenſo wie ein menſchli-
cher Baukuͤnſtler, der ſich die Aufgabe geſtellt hat, moͤglichſt viel ver-
ſchiedene Bauwerke, zu moͤglichſt mannichfaltigen Zwecken, in moͤg-
lichſt abweichendem Style, in moͤglichſt verſchiedenen Graden der Ein-
fachheit, Pracht, Groͤße und Vollkommenheit auszudenken und auszu-
fuͤhren. Dieſer Architect wuͤrde zunaͤchſt vielleicht fuͤr alle dieſe Gebaͤude
vier verſchiedene Style anwenden, etwa den gothiſchen, byzantiniſchen,
chineſiſchen und Roccocoſtyl. Jn jedem dieſer Style wuͤrde er eine
Anzahl von Kirchen, Palaͤſten, Kaſernen, Gefaͤngniſſen und Wohn-
haͤuſern bauen. Jede dieſer verſchiedenen Gebaͤudeformen wuͤrde er
in roheren und vollkommneren, in groͤßeren und kleineren, in einfachen
und praͤchtigen Arten ausfuͤhren u. ſ. w. Jnſofern waͤre jedoch der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |