Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Neurologische Theorie des Bewußtseins. X. Histologie, daß die verwickelte Zusammensetzung des Gehirns(sowohl die feinere als die gröbere Struktur) bei diesen höheren Säugethieren im Wesentlichen dieselbe wie beim Menschen ist. Dasselbe zeigt uns die vergleichende Ontogenie bezüglich der Entstehung dieser Seelen-Organe. Die vergleichende Physiologie lehrt, daß die verschiedenen Zustände des Bewußtseins sich bei diesen höchstentwickelten Placentalthieren ganz ähnlich wie beim Menschen verhalten, und das Experiment beweist, daß sie auch auf äußere Eingriffe ebenso reagiren. Man kann höhere Thiere durch Alkohol, Chloroform, Aether u. s. w. ebenso betäuben, durch geeignete Behandlung ebenso hypnotisiren u. s. w. wie den Menschen. Dagegen ist es nicht möglich, die Grenze scharf zu bestimmen, wo auf den niederen Stufen des Thierlebens das Bewußtsein zuerst als solches erkennbar wird. Die einen Zoologen setzen dieselbe sehr hoch oben an, die anderen sehr tief unten. Darwin, der die verschiedenen Abstufungen des Bewußtseins, der Intelligenz und des Gemüths bei den höheren Thieren sehr genau unterscheidet und durch zunehmende Ent- wickelung erklärt, weist zugleich darauf hin, wie schwer oder eigentlich wie unmöglich es ist, die ersten Anfänge dieser höchsten Seelenthätigkeiten bei den niederen Thieren zu bestimmen. Nach meiner persönlichen Auffassung dünkt mir unter den verschiedenen widersprechenden Theorien am wahrscheinlichsten diejenige, daß das Zustandekommen des Bewußtseins an die Centralisation des Nervensystems gebunden ist, welche den niederen Thier- klassen noch fehlt. Die Anwesenheit eines nervösen Central- organs, hoch entwickelte Sinnesorgane und eine weit ausgebildete Associon der Vorstellungs-Gruppen scheinen mir erforderlich, um das einheitliche Bewußtsein zu ermöglichen. III. Animalische Theorie des Bewußtseins: es findet Neurologiſche Theorie des Bewußtſeins. X. Hiſtologie, daß die verwickelte Zuſammenſetzung des Gehirns(ſowohl die feinere als die gröbere Struktur) bei dieſen höheren Säugethieren im Weſentlichen dieſelbe wie beim Menſchen iſt. Dasſelbe zeigt uns die vergleichende Ontogenie bezüglich der Entſtehung dieſer Seelen-Organe. Die vergleichende Phyſiologie lehrt, daß die verſchiedenen Zuſtände des Bewußtſeins ſich bei dieſen höchſtentwickelten Placentalthieren ganz ähnlich wie beim Menſchen verhalten, und das Experiment beweiſt, daß ſie auch auf äußere Eingriffe ebenſo reagiren. Man kann höhere Thiere durch Alkohol, Chloroform, Aether u. ſ. w. ebenſo betäuben, durch geeignete Behandlung ebenſo hypnotiſiren u. ſ. w. wie den Menſchen. Dagegen iſt es nicht möglich, die Grenze ſcharf zu beſtimmen, wo auf den niederen Stufen des Thierlebens das Bewußtſein zuerſt als ſolches erkennbar wird. Die einen Zoologen ſetzen dieſelbe ſehr hoch oben an, die anderen ſehr tief unten. Darwin, der die verſchiedenen Abſtufungen des Bewußtſeins, der Intelligenz und des Gemüths bei den höheren Thieren ſehr genau unterſcheidet und durch zunehmende Ent- wickelung erklärt, weiſt zugleich darauf hin, wie ſchwer oder eigentlich wie unmöglich es iſt, die erſten Anfänge dieſer höchſten Seelenthätigkeiten bei den niederen Thieren zu beſtimmen. Nach meiner perſönlichen Auffaſſung dünkt mir unter den verſchiedenen widerſprechenden Theorien am wahrſcheinlichſten diejenige, daß das Zuſtandekommen des Bewußtſeins an die Centraliſation des Nervenſyſtems gebunden iſt, welche den niederen Thier- klaſſen noch fehlt. Die Anweſenheit eines nervöſen Central- organs, hoch entwickelte Sinnesorgane und eine weit ausgebildete Aſſocion der Vorſtellungs-Gruppen ſcheinen mir erforderlich, um das einheitliche Bewußtſein zu ermöglichen. III. 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Neurologiſche Theorie des Bewußtſeins. X.
Hiſtologie, daß die verwickelte Zuſammenſetzung des Gehirns
(ſowohl die feinere als die gröbere Struktur) bei dieſen höheren
Säugethieren im Weſentlichen dieſelbe wie beim Menſchen
iſt. Dasſelbe zeigt uns die vergleichende Ontogenie bezüglich
der Entſtehung dieſer Seelen-Organe. Die vergleichende Phyſiologie
lehrt, daß die verſchiedenen Zuſtände des Bewußtſeins ſich bei
dieſen höchſtentwickelten Placentalthieren ganz ähnlich wie beim
Menſchen verhalten, und das Experiment beweiſt, daß ſie auch
auf äußere Eingriffe ebenſo reagiren. Man kann höhere Thiere
durch Alkohol, Chloroform, Aether u. ſ. w. ebenſo betäuben,
durch geeignete Behandlung ebenſo hypnotiſiren u. ſ. w. wie
den Menſchen. Dagegen iſt es nicht möglich, die Grenze ſcharf
zu beſtimmen, wo auf den niederen Stufen des Thierlebens das
Bewußtſein zuerſt als ſolches erkennbar wird. Die einen
Zoologen ſetzen dieſelbe ſehr hoch oben an, die anderen ſehr
tief unten. Darwin, der die verſchiedenen Abſtufungen des
Bewußtſeins, der Intelligenz und des Gemüths bei den höheren
Thieren ſehr genau unterſcheidet und durch zunehmende Ent-
wickelung erklärt, weiſt zugleich darauf hin, wie ſchwer oder
eigentlich wie unmöglich es iſt, die erſten Anfänge dieſer höchſten
Seelenthätigkeiten bei den niederen Thieren zu beſtimmen. Nach
meiner perſönlichen Auffaſſung dünkt mir unter den verſchiedenen
widerſprechenden Theorien am wahrſcheinlichſten diejenige, daß
das Zuſtandekommen des Bewußtſeins an die Centraliſation
des Nervenſyſtems gebunden iſt, welche den niederen Thier-
klaſſen noch fehlt. Die Anweſenheit eines nervöſen Central-
organs, hoch entwickelte Sinnesorgane und eine weit ausgebildete
Aſſocion der Vorſtellungs-Gruppen ſcheinen mir erforderlich, um
das einheitliche Bewußtſein zu ermöglichen.
III. Animaliſche Theorie des Bewußtſeins: es findet
ſich bei allen Thieren und nur bei dieſen. Hiernach
würde ein ſcharfer Unterſchied im Seelenleben der Thiere und
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