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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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Der pyknotische Substanz-Begriff. XII.

Der pyknotische Substanz-Begriff (Urprincip der Ver-
dichtung oder Pyknose). Im principiellen Gegensatze zu der
herrschenden Vibrations-Lehre oder der kinetischen Substanz-
Theorie steht die moderne Densations-Lehre oder die pykno-
tische Substanz-Theorie. Dieselbe ist am eingehendsten von
J. G. Vogt begründet, in seinem ideenreichen Werke über "Das
Wesen der Elektricität und des Magnetismus auf Grund eines
einheitlichen Substanz-Begriffes" (1891). Vogt nimmt als die
gemeinsame Urkraft des Weltalls, als die universelle Prody-
namis,
nicht die Schwingung oder Vibration der be-
wegten Massentheilchen im leeren Raume an, sondern die indi-
viduelle Verdichtung oder Densation einer einheitlichen Sub-
stanz, welche den ganzen unendlichen Weltraum kontinuirlich,
d. h. lückenlos und ununterbrochen erfüllt; die einzige derselben
innewohnende mechanische Wirkungsform (Agens) besteht darin,
daß durch das Verdichtungs- oder Kontraktions-Bestreben un-
endlich kleine Verdichtungs-Centren entstehen, die zwar ihren
Dichtegrad und damit ihr Volumen ändern können, aber an
und für sich beständig sind. Diese individuellen kleinsten Theilchen
der universalen Substanz, die Verdichtungs-Centren, die man
Pyknatome nennen könnte, entsprechen im Allgemeinen den
Uratomen oder letzten diskreten Massentheilchen des kinetischen
Substanz-Begriffes; sie unterscheiden sich aber sehr wesentlich
dadurch, daß sie Empfindung und Streben (oder Willens-
bewegung einfachster Art) besitzen, also im gewissen Sinne
beseelt sind -- ein Anklang an des alten Empedokles
Lehre vom "Lieben und Hassen der Elemente". Auch schweben
diese "beseelten Atome" nicht im leeren Raume, sondern in der
kontinuirlichen, äußerst dünnen Zwischensubstanz, welche den nicht
verdichteten Theil der Ursubstanz darstellt. Durch gewisse "Kon-
stellationen,
Störungscentren oder Deformirungs-Systeme",
treten große Massen von Verdichtungscentren rasch in gewaltiger

Der pyknotiſche Subſtanz-Begriff. XII.

Der pyknotiſche Subſtanz-Begriff (Urprincip der Ver-
dichtung oder Pyknoſe). Im principiellen Gegenſatze zu der
herrſchenden Vibrations-Lehre oder der kinetiſchen Subſtanz-
Theorie ſteht die moderne Denſations-Lehre oder die pykno-
tiſche Subſtanz-Theorie. Dieſelbe iſt am eingehendſten von
J. G. Vogt begründet, in ſeinem ideenreichen Werke über „Das
Weſen der Elektricität und des Magnetismus auf Grund eines
einheitlichen Subſtanz-Begriffes“ (1891). Vogt nimmt als die
gemeinſame Urkraft des Weltalls, als die univerſelle Prody-
namis,
nicht die Schwingung oder Vibration der be-
wegten Maſſentheilchen im leeren Raume an, ſondern die indi-
viduelle Verdichtung oder Denſation einer einheitlichen Sub-
ſtanz, welche den ganzen unendlichen Weltraum kontinuirlich,
d. h. lückenlos und ununterbrochen erfüllt; die einzige derſelben
innewohnende mechaniſche Wirkungsform (Agens) beſteht darin,
daß durch das Verdichtungs- oder Kontraktions-Beſtreben un-
endlich kleine Verdichtungs-Centren entſtehen, die zwar ihren
Dichtegrad und damit ihr Volumen ändern können, aber an
und für ſich beſtändig ſind. Dieſe individuellen kleinſten Theilchen
der univerſalen Subſtanz, die Verdichtungs-Centren, die man
Pyknatome nennen könnte, entſprechen im Allgemeinen den
Uratomen oder letzten diskreten Maſſentheilchen des kinetiſchen
Subſtanz-Begriffes; ſie unterſcheiden ſich aber ſehr weſentlich
dadurch, daß ſie Empfindung und Streben (oder Willens-
bewegung einfachſter Art) beſitzen, alſo im gewiſſen Sinne
beſeelt ſind — ein Anklang an des alten Empedokles
Lehre vom „Lieben und Haſſen der Elemente“. Auch ſchweben
dieſe „beſeelten Atome“ nicht im leeren Raume, ſondern in der
kontinuirlichen, äußerſt dünnen Zwiſchenſubſtanz, welche den nicht
verdichteten Theil der Urſubſtanz darſtellt. Durch gewiſſe „Kon-
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[252/0268] Der pyknotiſche Subſtanz-Begriff. XII. Der pyknotiſche Subſtanz-Begriff (Urprincip der Ver- dichtung oder Pyknoſe). Im principiellen Gegenſatze zu der herrſchenden Vibrations-Lehre oder der kinetiſchen Subſtanz- Theorie ſteht die moderne Denſations-Lehre oder die pykno- tiſche Subſtanz-Theorie. Dieſelbe iſt am eingehendſten von J. G. Vogt begründet, in ſeinem ideenreichen Werke über „Das Weſen der Elektricität und des Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Subſtanz-Begriffes“ (1891). Vogt nimmt als die gemeinſame Urkraft des Weltalls, als die univerſelle Prody- namis, nicht die Schwingung oder Vibration der be- wegten Maſſentheilchen im leeren Raume an, ſondern die indi- viduelle Verdichtung oder Denſation einer einheitlichen Sub- ſtanz, welche den ganzen unendlichen Weltraum kontinuirlich, d. h. lückenlos und ununterbrochen erfüllt; die einzige derſelben innewohnende mechaniſche Wirkungsform (Agens) beſteht darin, daß durch das Verdichtungs- oder Kontraktions-Beſtreben un- endlich kleine Verdichtungs-Centren entſtehen, die zwar ihren Dichtegrad und damit ihr Volumen ändern können, aber an und für ſich beſtändig ſind. Dieſe individuellen kleinſten Theilchen der univerſalen Subſtanz, die Verdichtungs-Centren, die man Pyknatome nennen könnte, entſprechen im Allgemeinen den Uratomen oder letzten diskreten Maſſentheilchen des kinetiſchen Subſtanz-Begriffes; ſie unterſcheiden ſich aber ſehr weſentlich dadurch, daß ſie Empfindung und Streben (oder Willens- bewegung einfachſter Art) beſitzen, alſo im gewiſſen Sinne beſeelt ſind — ein Anklang an des alten Empedokles Lehre vom „Lieben und Haſſen der Elemente“. Auch ſchweben dieſe „beſeelten Atome“ nicht im leeren Raume, ſondern in der kontinuirlichen, äußerſt dünnen Zwiſchenſubſtanz, welche den nicht verdichteten Theil der Urſubſtanz darſtellt. Durch gewiſſe „Kon- ſtellationen, Störungscentren oder Deformirungs-Syſteme“, treten große Maſſen von Verdichtungscentren raſch in gewaltiger

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/268>, abgerufen am 22.11.2024.