Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.XII. Verdichtung der Substanz. Ausdehnung zusammen und erlangen ein Uebergewicht über dieumlagernden Massen. Dadurch scheidet oder differenzirt sich die Substanz, die im ursprünglichen Ruhezustand überall die gleiche mittlere Dichte besitzt, in zwei Hauptbestandtheile; die Störungs- Centren, welche die mittlere Dichte durch Pyknose positiv überschreiten, bilden die wägbaren Massen der Weltkörper (die sogenannte "ponderable Materie"); die dünnere Zwischen- substanz dagegen, welche zwischen ihnen den Raum erfüllt und die mittlere Dichte negativ überschreitet, bildet den Aether (die "imponderable Materie"). Die Folge dieser Scheidung zwischen Masse und Aether ist ein ununterbrochener Kampf dieser beiden antagonistischen Substanz-Theile, und dieser Kampf ist die Ursache aller physikalischen Processe. Die positive Masse, der Träger des Lustgefühls, strebte immer mehr, den begonnenen Verdichtungs-Proceß zu vollenden und sammelt die höchsten Werthe potentieller Energie; der negative Aether um- gekehrt sträubt sich in gleichem Maße gegen jede weitere Steigerung seiner Spannung und des damit verknüpften Unlust- gefühls; er sammelt die höchsten Werthe aktueller Energie. Es würde hier viel zu weit führen, wollte ich näher auf XII. Verdichtung der Subſtanz. Ausdehnung zuſammen und erlangen ein Uebergewicht über dieumlagernden Maſſen. Dadurch ſcheidet oder differenzirt ſich die Subſtanz, die im urſprünglichen Ruhezuſtand überall die gleiche mittlere Dichte beſitzt, in zwei Hauptbeſtandtheile; die Störungs- Centren, welche die mittlere Dichte durch Pyknoſe poſitiv überſchreiten, bilden die wägbaren Maſſen der Weltkörper (die ſogenannte „ponderable Materie“); die dünnere Zwiſchen- ſubſtanz dagegen, welche zwiſchen ihnen den Raum erfüllt und die mittlere Dichte negativ überſchreitet, bildet den Aether (die „imponderable Materie“). Die Folge dieſer Scheidung zwiſchen Maſſe und Aether iſt ein ununterbrochener Kampf dieſer beiden antagoniſtiſchen Subſtanz-Theile, und dieſer Kampf iſt die Urſache aller phyſikaliſchen Proceſſe. Die poſitive Maſſe, der Träger des Luſtgefühls, ſtrebte immer mehr, den begonnenen Verdichtungs-Proceß zu vollenden und ſammelt die höchſten Werthe potentieller Energie; der negative Aether um- gekehrt ſträubt ſich in gleichem Maße gegen jede weitere Steigerung ſeiner Spannung und des damit verknüpften Unluſt- gefühls; er ſammelt die höchſten Werthe aktueller Energie. Es würde hier viel zu weit führen, wollte ich näher auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0269" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Verdichtung der Subſtanz.</fw><lb/> Ausdehnung zuſammen und erlangen ein Uebergewicht über die<lb/> umlagernden Maſſen. 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XII. Verdichtung der Subſtanz.
Ausdehnung zuſammen und erlangen ein Uebergewicht über die
umlagernden Maſſen. Dadurch ſcheidet oder differenzirt ſich die
Subſtanz, die im urſprünglichen Ruhezuſtand überall die gleiche
mittlere Dichte beſitzt, in zwei Hauptbeſtandtheile; die Störungs-
Centren, welche die mittlere Dichte durch Pyknoſe poſitiv
überſchreiten, bilden die wägbaren Maſſen der Weltkörper (die
ſogenannte „ponderable Materie“); die dünnere Zwiſchen-
ſubſtanz dagegen, welche zwiſchen ihnen den Raum erfüllt und
die mittlere Dichte negativ überſchreitet, bildet den Aether
(die „imponderable Materie“). Die Folge dieſer Scheidung
zwiſchen Maſſe und Aether iſt ein ununterbrochener Kampf dieſer
beiden antagoniſtiſchen Subſtanz-Theile, und dieſer Kampf iſt
die Urſache aller phyſikaliſchen Proceſſe. Die poſitive Maſſe,
der Träger des Luſtgefühls, ſtrebte immer mehr, den begonnenen
Verdichtungs-Proceß zu vollenden und ſammelt die höchſten
Werthe potentieller Energie; der negative Aether um-
gekehrt ſträubt ſich in gleichem Maße gegen jede weitere
Steigerung ſeiner Spannung und des damit verknüpften Unluſt-
gefühls; er ſammelt die höchſten Werthe aktueller Energie.
Es würde hier viel zu weit führen, wollte ich näher auf
die ſinnreiche Verdichtungs-Theorie von J. G. Vogt eingehen;
der Leſer, der ſich dafür intereſſirt, muß die Vorſtellungs-Gruppen,
deren Schwierigkeit im Gegenſtande ſelbſt liegt, in dem klar
geſchriebenen, populären Auszug aus dem zweiten Bande des
citirten Werkes zu erfaſſen ſuchen. Ich ſelbſt bin zu wenig mit
Phyſik und Mathematik vertraut, um die Licht- und Schatten-
ſeiten derſelben kritiſch ſondern zu können; ich glaube jedoch,
daß dieſer pyknotiſche Subſtanz-Begriff für jeden Biologen,
der von der Einheit der Natur überzeugt iſt, in mancher
Hinſicht annehmbarer erſcheint, als der gegenwärtig in der Phyſik
herrſchende kinetiſche Subſtanz-Begriff. Ein Mißverſtändniß
kann leicht dadurch entſtehen, daß Vogt ſeinen Weltproceß der
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