einer ganzen Abendgesellschaft, entbehren kann, ohne darunter zu leiden. Auch beim Arbeiten am Schreibtisch, zum mindesten beim Verfassen von Schriftstücken, die andern in die Hände kommen, sollte man das Rauchen vermeiden; man vergegenwärtige sich nur den Eindruck, den in einem Damenboudoir die Zusage auf eine Einladung macht, wenn ihr der Tabaksgeruch geradezu entströmt und die zarten Fingerspitzen der Leserin infiziert! Oder wird eine so lieblich duftende Eingabe, ja selbst ein Geschäftsbrief, dem man die tabaksrauchgeschwängerte Atmosphäre schon durch das Couvert anmerkt, die Sympathien des Lesers besonders fördern? Ebensowenig wie es für den gebildeten Menschen nötig sein sollte, sich erst durch den Genuß von Bier, Wein oder sonstigen Spirituosen anzuregen, ebensowenig sollte man es nötig haben, stets zur Zigarre greifen zu müssen, wenn man arbeiten will. Der vielgehörte Ausspruch: "Wenn ich nicht rauchen kann, bin ich nur ein halber Mensch" u. ä. legen ein trauriges Zeugnis ab von der Selbstbeherrschung des Betreffenden. Und ist es nicht geradezu lächerlich, wenn im Theater oder bei Musikaufführungen oder ähnlichen Gelegenheiten in einer Pause die Herren kaum erwarten können, aus dem Saal zu
einer ganzen Abendgesellschaft, entbehren kann, ohne darunter zu leiden. Auch beim Arbeiten am Schreibtisch, zum mindesten beim Verfassen von Schriftstücken, die andern in die Hände kommen, sollte man das Rauchen vermeiden; man vergegenwärtige sich nur den Eindruck, den in einem Damenboudoir die Zusage auf eine Einladung macht, wenn ihr der Tabaksgeruch geradezu entströmt und die zarten Fingerspitzen der Leserin infiziert! Oder wird eine so lieblich duftende Eingabe, ja selbst ein Geschäftsbrief, dem man die tabaksrauchgeschwängerte Atmosphäre schon durch das Couvert anmerkt, die Sympathien des Lesers besonders fördern? Ebensowenig wie es für den gebildeten Menschen nötig sein sollte, sich erst durch den Genuß von Bier, Wein oder sonstigen Spirituosen anzuregen, ebensowenig sollte man es nötig haben, stets zur Zigarre greifen zu müssen, wenn man arbeiten will. Der vielgehörte Ausspruch: „Wenn ich nicht rauchen kann, bin ich nur ein halber Mensch“ u. ä. legen ein trauriges Zeugnis ab von der Selbstbeherrschung des Betreffenden. Und ist es nicht geradezu lächerlich, wenn im Theater oder bei Musikaufführungen oder ähnlichen Gelegenheiten in einer Pause die Herren kaum erwarten können, aus dem Saal zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0184"n="174"/>
einer ganzen Abendgesellschaft, entbehren kann, ohne darunter zu leiden. Auch beim Arbeiten am Schreibtisch, zum mindesten beim Verfassen von Schriftstücken, die andern in die Hände kommen, sollte man das Rauchen vermeiden; man vergegenwärtige sich nur den Eindruck, den in einem Damenboudoir die Zusage auf eine Einladung macht, wenn ihr der Tabaksgeruch geradezu entströmt und die zarten Fingerspitzen der Leserin infiziert! Oder wird eine so lieblich duftende Eingabe, ja selbst ein Geschäftsbrief, dem man die tabaksrauchgeschwängerte Atmosphäre schon durch das Couvert anmerkt, die Sympathien des Lesers besonders fördern? Ebensowenig wie es für den gebildeten Menschen nötig sein sollte, sich erst durch den Genuß von Bier, Wein oder sonstigen Spirituosen anzuregen, ebensowenig sollte man es nötig haben, stets zur Zigarre greifen zu müssen, wenn man arbeiten will. Der vielgehörte Ausspruch: „Wenn ich nicht rauchen kann, bin ich nur ein halber Mensch“ u. ä. legen ein trauriges Zeugnis ab von der Selbstbeherrschung des Betreffenden. Und ist es nicht geradezu lächerlich, wenn im Theater oder bei Musikaufführungen oder ähnlichen Gelegenheiten in einer Pause die Herren kaum erwarten können, aus dem Saal zu
</p></div></body></text></TEI>
[174/0184]
einer ganzen Abendgesellschaft, entbehren kann, ohne darunter zu leiden. Auch beim Arbeiten am Schreibtisch, zum mindesten beim Verfassen von Schriftstücken, die andern in die Hände kommen, sollte man das Rauchen vermeiden; man vergegenwärtige sich nur den Eindruck, den in einem Damenboudoir die Zusage auf eine Einladung macht, wenn ihr der Tabaksgeruch geradezu entströmt und die zarten Fingerspitzen der Leserin infiziert! Oder wird eine so lieblich duftende Eingabe, ja selbst ein Geschäftsbrief, dem man die tabaksrauchgeschwängerte Atmosphäre schon durch das Couvert anmerkt, die Sympathien des Lesers besonders fördern? Ebensowenig wie es für den gebildeten Menschen nötig sein sollte, sich erst durch den Genuß von Bier, Wein oder sonstigen Spirituosen anzuregen, ebensowenig sollte man es nötig haben, stets zur Zigarre greifen zu müssen, wenn man arbeiten will. Der vielgehörte Ausspruch: „Wenn ich nicht rauchen kann, bin ich nur ein halber Mensch“ u. ä. legen ein trauriges Zeugnis ab von der Selbstbeherrschung des Betreffenden. Und ist es nicht geradezu lächerlich, wenn im Theater oder bei Musikaufführungen oder ähnlichen Gelegenheiten in einer Pause die Herren kaum erwarten können, aus dem Saal zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-03-19T14:09:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-19T14:09:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-19T14:09:31Z)
Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/184>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.