[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772.in Moskau. Frau oder auch eine Wittwe bestellen, welche mitKindern gut umzugehen weiß, und durch ihr ei- genes Beispiel und Ansehen die Mädchen desto mer zur Tugend anführen kan. Die erwachsenen Mäd- chen aber sollen, außer denen in Plan angezeigten Arbeiten, auch besonders so erzogen werden, daß sie nicht nur alles, was zur Wirthschaft gehört, als Kochen, Backen, und wie Gartenfrüchte auf den Winter zu bewaren sind, sondern auch über- haupt alles dasjenige ohne Ausname lernen, was zum Nutzen und Vorteil des gesellschaftlichen Le- bens gereichen kan. Nicht zu gedenken, daß die schlimmen und unglücklichen Ehen unter dem Volke größtenteils nur daher entstehen, daß die Kinder beiderlei Geschlechts in der Unwissenheit und Dumm- heit erzogen werden: ist aber der Stamm so, wie kan die Frucht anders als in der Wildheit aufwach- sen? und so folgt immer eines dem andern bis in Ewigkeit. Man hat diesemnach Ursache zu hoffen, daß ben; B 4
in Moſkau. Frau oder auch eine Wittwe beſtellen, welche mitKindern gut umzugehen weiß, und durch ihr ei- genes Beiſpiel und Anſehen die Maͤdchen deſto mer zur Tugend anfuͤhren kan. Die erwachſenen Maͤd- chen aber ſollen, außer denen in Plan angezeigten Arbeiten, auch beſonders ſo erzogen werden, daß ſie nicht nur alles, was zur Wirthſchaft gehoͤrt, als Kochen, Backen, und wie Gartenfruͤchte auf den Winter zu bewaren ſind, ſondern auch uͤber- haupt alles dasjenige ohne Ausname lernen, was zum Nutzen und Vorteil des geſellſchaftlichen Le- bens gereichen kan. Nicht zu gedenken, daß die ſchlimmen und ungluͤcklichen Ehen unter dem Volke groͤßtenteils nur daher entſtehen, daß die Kinder beiderlei Geſchlechts in der Unwiſſenheit und Dumm- heit erzogen werden: iſt aber der Stamm ſo, wie kan die Frucht anders als in der Wildheit aufwach- ſen? und ſo folgt immer eines dem andern bis in Ewigkeit. Man hat dieſemnach Urſache zu hoffen, daß ben; B 4
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in Moſkau.
Frau oder auch eine Wittwe beſtellen, welche mit
Kindern gut umzugehen weiß, und durch ihr ei-
genes Beiſpiel und Anſehen die Maͤdchen deſto mer
zur Tugend anfuͤhren kan. Die erwachſenen Maͤd-
chen aber ſollen, außer denen in Plan angezeigten
Arbeiten, auch beſonders ſo erzogen werden, daß
ſie nicht nur alles, was zur Wirthſchaft gehoͤrt,
als Kochen, Backen, und wie Gartenfruͤchte auf
den Winter zu bewaren ſind, ſondern auch uͤber-
haupt alles dasjenige ohne Ausname lernen, was
zum Nutzen und Vorteil des geſellſchaftlichen Le-
bens gereichen kan. Nicht zu gedenken, daß die
ſchlimmen und ungluͤcklichen Ehen unter dem Volke
groͤßtenteils nur daher entſtehen, daß die Kinder
beiderlei Geſchlechts in der Unwiſſenheit und Dumm-
heit erzogen werden: iſt aber der Stamm ſo, wie
kan die Frucht anders als in der Wildheit aufwach-
ſen? und ſo folgt immer eines dem andern bis in
Ewigkeit.
Man hat dieſemnach Urſache zu hoffen, daß
die auf ſolche Art in dieſem Kinderhauſe auferzo-
gene Leute nicht nur das nuͤchterne und maͤßige Lo-
ben, und die Arbeitſamkeit, wozu ſie von Jugend
auf angewoͤhnet worden, nicht nachlaſſen, ſondern
vielmer auch ihre eigene Kinder ſelbſt auf gleiche
Weiſe erziehen, andre aber durch ihr Beiſpiel zum
Guten aufmuntern werden. Und nachdem ſie ſich
werden vermert und im ganzen Reiche verbreitet ha-
ben;
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