thierischen Lebensgeister und derer Kranzschlagadern her, gleichwie er sonst sich einbildete, daß die Muskeln über- haupt durch die vereinigten Kräfte des Blutes und der Geister in Bewegung gesezzet würden. Er fügte noch hinzu, daß bei der Verengerung derer Herzkammern, das Blut von denen zusammengezogenen Fasern aus den Kranzschlagadern herausgetrieben, und die Nerven von den Fasern, die sich wieder ausstrekken wollten, zusammen- gedrükt würden, daher dann solchergestalt das Fleisch de- rer Kammern, welches beide Ursachen von seiner Bewe- gung verloren hätte, schlaff gemacht, und das Blut aus den benachbarten Ohren in die ruhig gewordene Kam- mern hineingepresset würde. Wenn nun aber hinwie- derum die Ursache, welche die Schlagadern und die Ner- ven der Kammern drükte, hierauf weggenommen worden, so komme das Blut, in das nunmehro weich gewordene Herz, durch die Kranzschlagadern wieder zurükke, und die geistige Flüßigkeit gelange von neuen in die Nerven, wo- durch also eine neue Zusammenziehung entstünde. Jch habe alles dieses, welches er sehr dunkel vorgetragen, also deutlich zu machen gesucht. Jndessen hat gleichwol Joh. Fantonus(y), und nur neulich noch der berühmte Fracaßinus(z), beinahe eben diese Theorie wieder ange- nommen.
Mit diesem kam auch dasjenige ziemlich überein, was ehemals Daniel Tauvry, ein Mann von scharfsinnigen Verstande, in seinem erstern Werke (a) vortrug. Er be- hauptete nämlich, daß das Blut von den Nerven in de- nen Herzfasern zurükgehalten werde, und solchergestalt die Zusammenziehung des Herzens zuwegebringe: Kurz darauf folge die Erweiterung des Herzens, weil unter währender Zusammenziehung desselben das Blut nicht
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(y)[Spaltenumbruch]
Am angef. Ort S. 313.
(z)De febre S. 27.
(a)Anat. raisonn. P. I. c. 4. er- [Spaltenumbruch]
ste Ausg. denn er trägt in der drit- ten Ausgabe in der That eine an- dre, und dunklere Hipothese vor.
Urſachen des Herzſchlages.
thieriſchen Lebensgeiſter und derer Kranzſchlagadern her, gleichwie er ſonſt ſich einbildete, daß die Muskeln uͤber- haupt durch die vereinigten Kraͤfte des Blutes und der Geiſter in Bewegung geſezzet wuͤrden. Er fuͤgte noch hinzu, daß bei der Verengerung derer Herzkammern, das Blut von denen zuſammengezogenen Faſern aus den Kranzſchlagadern herausgetrieben, und die Nerven von den Faſern, die ſich wieder ausſtrekken wollten, zuſammen- gedruͤkt wuͤrden, daher dann ſolchergeſtalt das Fleiſch de- rer Kammern, welches beide Urſachen von ſeiner Bewe- gung verloren haͤtte, ſchlaff gemacht, und das Blut aus den benachbarten Ohren in die ruhig gewordene Kam- mern hineingepreſſet wuͤrde. Wenn nun aber hinwie- derum die Urſache, welche die Schlagadern und die Ner- ven der Kammern druͤkte, hierauf weggenommen worden, ſo komme das Blut, in das nunmehro weich gewordene Herz, durch die Kranzſchlagadern wieder zuruͤkke, und die geiſtige Fluͤßigkeit gelange von neuen in die Nerven, wo- durch alſo eine neue Zuſammenziehung entſtuͤnde. Jch habe alles dieſes, welches er ſehr dunkel vorgetragen, alſo deutlich zu machen geſucht. Jndeſſen hat gleichwol Joh. Fantonus(y), und nur neulich noch der beruͤhmte Fracaßinus(z), beinahe eben dieſe Theorie wieder ange- nommen.
Mit dieſem kam auch dasjenige ziemlich uͤberein, was ehemals Daniel Tauvry, ein Mann von ſcharfſinnigen Verſtande, in ſeinem erſtern Werke (a) vortrug. Er be- hauptete naͤmlich, daß das Blut von den Nerven in de- nen Herzfaſern zuruͤkgehalten werde, und ſolchergeſtalt die Zuſammenziehung des Herzens zuwegebringe: Kurz darauf folge die Erweiterung des Herzens, weil unter waͤhrender Zuſammenziehung deſſelben das Blut nicht
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Am angef. Ort S. 313.
(z)De febre S. 27.
(a)Anat. raiſonn. P. I. c. 4. er- [Spaltenumbruch]
ſte Ausg. denn er traͤgt in der drit- ten Ausgabe in der That eine an- dre, und dunklere Hipotheſe vor.
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[955/1011]
Urſachen des Herzſchlages.
thieriſchen Lebensgeiſter und derer Kranzſchlagadern her,
gleichwie er ſonſt ſich einbildete, daß die Muskeln uͤber-
haupt durch die vereinigten Kraͤfte des Blutes und der
Geiſter in Bewegung geſezzet wuͤrden. Er fuͤgte noch
hinzu, daß bei der Verengerung derer Herzkammern, das
Blut von denen zuſammengezogenen Faſern aus den
Kranzſchlagadern herausgetrieben, und die Nerven von
den Faſern, die ſich wieder ausſtrekken wollten, zuſammen-
gedruͤkt wuͤrden, daher dann ſolchergeſtalt das Fleiſch de-
rer Kammern, welches beide Urſachen von ſeiner Bewe-
gung verloren haͤtte, ſchlaff gemacht, und das Blut aus
den benachbarten Ohren in die ruhig gewordene Kam-
mern hineingepreſſet wuͤrde. Wenn nun aber hinwie-
derum die Urſache, welche die Schlagadern und die Ner-
ven der Kammern druͤkte, hierauf weggenommen worden,
ſo komme das Blut, in das nunmehro weich gewordene
Herz, durch die Kranzſchlagadern wieder zuruͤkke, und die
geiſtige Fluͤßigkeit gelange von neuen in die Nerven, wo-
durch alſo eine neue Zuſammenziehung entſtuͤnde. Jch
habe alles dieſes, welches er ſehr dunkel vorgetragen, alſo
deutlich zu machen geſucht. Jndeſſen hat gleichwol Joh.
Fantonus (y), und nur neulich noch der beruͤhmte
Fracaßinus (z), beinahe eben dieſe Theorie wieder ange-
nommen.
Mit dieſem kam auch dasjenige ziemlich uͤberein, was
ehemals Daniel Tauvry, ein Mann von ſcharfſinnigen
Verſtande, in ſeinem erſtern Werke (a) vortrug. Er be-
hauptete naͤmlich, daß das Blut von den Nerven in de-
nen Herzfaſern zuruͤkgehalten werde, und ſolchergeſtalt
die Zuſammenziehung des Herzens zuwegebringe: Kurz
darauf folge die Erweiterung des Herzens, weil unter
waͤhrender Zuſammenziehung deſſelben das Blut nicht
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Am angef. Ort S. 313.
(z) De febre S. 27.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 955. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1011>, abgerufen am 23.11.2024.
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