Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlagadern.
Seele diese Zwischenräume entweder erweitere oder zusam-
menzöge. Diese Hipothese suchte nachhero Johann
Junker (t) dadurch noch mehr zu erläutern und zu be-
kräftigen, weil sich verschiedene Erscheinungen am thie-
rischen Körper dadurch leichter erklären liessen. Ein ge-
schikterer Zergliederer, Johann Bohn (u), verfiel eben-
falls, als er sahe, daß der in die Schlagader gepreste
Saft nicht in die Blutader zurükke treten wollte, und
viel ehe die Schweislöcher und Zellräume in den Mus-
keln erfüllete, wieder auf das alte Parenchima; und
eben dieser Umstand bewegte auch den Joh. Bapt. Se-
nak
(x), daß er einige Zwischenräume zugab.

Unterdessen hatte aber Anton van Leeuwenhoek
seine Briefe herausgegeben, und nach diesen schien es
daß kein Zweifel mehr statt finden würde. Denn dieser
Mann, der nicht studirt, inzwischen aber grosse Erfah-
rung in Ansehung des Gebrauchs derer Vergrösserungs-
glässer hatte, und der um desto mehr sich ein Vertrauen
bey andern zuwege bringen konnte, je weniger er von
Hipothesen eingenommen war, die er hätte erläutern
müssen, sahe an Fischen, und andern durchsichtigen
Wasserthieren, ganz deutlich, daß Schlag- und Blut-
adern in einem Stük fortliefen, und zwar bemerkte er
besonders an den Fischschwänzen, daß die Schlagader
mit einer Krümmung in die Blutader übergieng, welche
hingegen mit einer dieser entgegen gesezten Wendung wie-
der zum Herzen gieng: und daß einige dergleichen Schlag-
äderchen nur ein einzeles, andere aber (y) zwei und drei

Blut-
(t) [Spaltenumbruch] Consp. Physiol S. 184.
(u) Diss. de Haemopt. S. 17.
Circ. anat. physiol. 99. 100.
(x) Essais de phys. 1735. S.
460.
(y) Arcan. nat. det. s. Opera
omn. lat. edita. T. II.
S. 160. f. A.
[Spaltenumbruch] B. C.
S. 168. f. 10. Siehe auch
183. 185. Contin. arcan. nat s. Tom.
Oper. III.
S. 52. 110. f 1. G.
cowper. phil. Trans n.
280. f. 45.
App. ad bidloo T. III. f. 4. baker
microsc. made easy.
S. 124. 126.
136. T. X. f. 2.

Schlagadern.
Seele dieſe Zwiſchenraͤume entweder erweitere oder zuſam-
menzoͤge. Dieſe Hipotheſe ſuchte nachhero Johann
Junker (t) dadurch noch mehr zu erlaͤutern und zu be-
kraͤftigen, weil ſich verſchiedene Erſcheinungen am thie-
riſchen Koͤrper dadurch leichter erklaͤren lieſſen. Ein ge-
ſchikterer Zergliederer, Johann Bohn (u), verfiel eben-
falls, als er ſahe, daß der in die Schlagader gepreſte
Saft nicht in die Blutader zuruͤkke treten wollte, und
viel ehe die Schweisloͤcher und Zellraͤume in den Mus-
keln erfuͤllete, wieder auf das alte Parenchima; und
eben dieſer Umſtand bewegte auch den Joh. Bapt. Se-
nak
(x), daß er einige Zwiſchenraͤume zugab.

Unterdeſſen hatte aber Anton van Leeuwenhoek
ſeine Briefe herausgegeben, und nach dieſen ſchien es
daß kein Zweifel mehr ſtatt finden wuͤrde. Denn dieſer
Mann, der nicht ſtudirt, inzwiſchen aber groſſe Erfah-
rung in Anſehung des Gebrauchs derer Vergroͤſſerungs-
glaͤſſer hatte, und der um deſto mehr ſich ein Vertrauen
bey andern zuwege bringen konnte, je weniger er von
Hipotheſen eingenommen war, die er haͤtte erlaͤutern
muͤſſen, ſahe an Fiſchen, und andern durchſichtigen
Waſſerthieren, ganz deutlich, daß Schlag- und Blut-
adern in einem Stuͤk fortliefen, und zwar bemerkte er
beſonders an den Fiſchſchwaͤnzen, daß die Schlagader
mit einer Kruͤmmung in die Blutader uͤbergieng, welche
hingegen mit einer dieſer entgegen geſezten Wendung wie-
der zum Herzen gieng: und daß einige dergleichen Schlag-
aͤderchen nur ein einzeles, andere aber (y) zwei und drei

Blut-
(t) [Spaltenumbruch] Conſp. Phyſiol S. 184.
(u) Diſſ. de Hæmopt. S. 17.
Circ. anat. phyſiol. 99. 100.
(x) Eſſais de phyſ. 1735. S.
460.
(y) Arcan. nat. det. ſ. Opera
omn. lat. edita. T. II.
S. 160. f. A.
[Spaltenumbruch] B. C.
S. 168. f. 10. Siehe auch
183. 185. Contin. arcan. nat ſ. Tom.
Oper. III.
S. 52. 110. f 1. G.
cowper. phil. Trans n.
280. f. 45.
App. ad bidloo T. III. f. 4. baker
microſc. made eaſy.
S. 124. 126.
136. T. X. f. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0231" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schlagadern.</hi></fw><lb/>
Seele die&#x017F;e Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume entweder erweitere oder zu&#x017F;am-<lb/>
menzo&#x0364;ge. Die&#x017F;e Hipothe&#x017F;e &#x017F;uchte nachhero Johann<lb/><hi rendition="#fr">Junker</hi> <note place="foot" n="(t)"><cb/><hi rendition="#aq">Con&#x017F;p. Phy&#x017F;iol</hi> S. 184.</note> dadurch noch mehr zu erla&#x0364;utern und zu be-<lb/>
kra&#x0364;ftigen, weil &#x017F;ich ver&#x017F;chiedene Er&#x017F;cheinungen am thie-<lb/>
ri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper dadurch leichter erkla&#x0364;ren lie&#x017F;&#x017F;en. Ein ge-<lb/>
&#x017F;chikterer Zergliederer, Johann <hi rendition="#fr">Bohn</hi> <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;. de Hæmopt.</hi> S. 17.<lb/><hi rendition="#aq">Circ. anat. phy&#x017F;iol.</hi> 99. 100.</note>, verfiel eben-<lb/>
falls, als er &#x017F;ahe, daß der in die Schlagader gepre&#x017F;te<lb/>
Saft nicht in die Blutader zuru&#x0364;kke treten wollte, und<lb/>
viel ehe die Schweislo&#x0364;cher und Zellra&#x0364;ume in den Mus-<lb/>
keln erfu&#x0364;llete, wieder auf das alte Parenchima; und<lb/>
eben die&#x017F;er Um&#x017F;tand bewegte auch den Joh. Bapt. <hi rendition="#fr">Se-<lb/>
nak</hi> <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">E&#x017F;&#x017F;ais de phy&#x017F;.</hi> 1735. S.<lb/>
460.</note>, daß er einige Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume zugab.</p><lb/>
            <p>Unterde&#x017F;&#x017F;en hatte aber Anton van <hi rendition="#fr">Leeuwenhoek</hi><lb/>
&#x017F;eine Briefe herausgegeben, und nach die&#x017F;en &#x017F;chien es<lb/>
daß kein Zweifel mehr &#x017F;tatt finden wu&#x0364;rde. Denn die&#x017F;er<lb/>
Mann, der nicht &#x017F;tudirt, inzwi&#x017F;chen aber gro&#x017F;&#x017F;e Erfah-<lb/>
rung in An&#x017F;ehung des Gebrauchs derer Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-<lb/>
gla&#x0364;&#x017F;&#x017F;er hatte, und der um de&#x017F;to mehr &#x017F;ich ein Vertrauen<lb/>
bey andern zuwege bringen konnte, je weniger er von<lb/>
Hipothe&#x017F;en eingenommen war, die er ha&#x0364;tte erla&#x0364;utern<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ahe an Fi&#x017F;chen, und andern durch&#x017F;ichtigen<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erthieren, ganz deutlich, daß Schlag- und Blut-<lb/>
adern in einem Stu&#x0364;k fortliefen, und zwar bemerkte er<lb/>
be&#x017F;onders an den Fi&#x017F;ch&#x017F;chwa&#x0364;nzen, daß die Schlagader<lb/>
mit einer Kru&#x0364;mmung in die Blutader u&#x0364;bergieng, welche<lb/>
hingegen mit einer die&#x017F;er entgegen ge&#x017F;ezten Wendung wie-<lb/>
der zum Herzen gieng: und daß einige dergleichen Schlag-<lb/>
a&#x0364;derchen nur ein einzeles, andere aber <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Arcan. nat. det. &#x017F;. Opera<lb/>
omn. lat. edita. T. II.</hi> S. 160. f. <hi rendition="#aq">A.<lb/><cb/>
B. C.</hi> S. 168. f. 10. Siehe auch<lb/>
183. 185. <hi rendition="#aq">Contin. arcan. nat &#x017F;. Tom.<lb/>
Oper. III.</hi> S. 52. 110. f 1. <hi rendition="#aq">G.<lb/><hi rendition="#k">cowper.</hi> phil. Trans n.</hi> 280. f. 45.<lb/><hi rendition="#aq">App. ad <hi rendition="#k">bidloo</hi> T. III.</hi> f. 4. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">baker</hi><lb/>
micro&#x017F;c. made ea&#x017F;y.</hi> S. 124. 126.<lb/>
136. <hi rendition="#aq">T. X.</hi> f. 2.</note> zwei und drei<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Blut-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0231] Schlagadern. Seele dieſe Zwiſchenraͤume entweder erweitere oder zuſam- menzoͤge. Dieſe Hipotheſe ſuchte nachhero Johann Junker (t) dadurch noch mehr zu erlaͤutern und zu be- kraͤftigen, weil ſich verſchiedene Erſcheinungen am thie- riſchen Koͤrper dadurch leichter erklaͤren lieſſen. Ein ge- ſchikterer Zergliederer, Johann Bohn (u), verfiel eben- falls, als er ſahe, daß der in die Schlagader gepreſte Saft nicht in die Blutader zuruͤkke treten wollte, und viel ehe die Schweisloͤcher und Zellraͤume in den Mus- keln erfuͤllete, wieder auf das alte Parenchima; und eben dieſer Umſtand bewegte auch den Joh. Bapt. Se- nak (x), daß er einige Zwiſchenraͤume zugab. Unterdeſſen hatte aber Anton van Leeuwenhoek ſeine Briefe herausgegeben, und nach dieſen ſchien es daß kein Zweifel mehr ſtatt finden wuͤrde. Denn dieſer Mann, der nicht ſtudirt, inzwiſchen aber groſſe Erfah- rung in Anſehung des Gebrauchs derer Vergroͤſſerungs- glaͤſſer hatte, und der um deſto mehr ſich ein Vertrauen bey andern zuwege bringen konnte, je weniger er von Hipotheſen eingenommen war, die er haͤtte erlaͤutern muͤſſen, ſahe an Fiſchen, und andern durchſichtigen Waſſerthieren, ganz deutlich, daß Schlag- und Blut- adern in einem Stuͤk fortliefen, und zwar bemerkte er beſonders an den Fiſchſchwaͤnzen, daß die Schlagader mit einer Kruͤmmung in die Blutader uͤbergieng, welche hingegen mit einer dieſer entgegen geſezten Wendung wie- der zum Herzen gieng: und daß einige dergleichen Schlag- aͤderchen nur ein einzeles, andere aber (y) zwei und drei Blut- (t) Conſp. Phyſiol S. 184. (u) Diſſ. de Hæmopt. S. 17. Circ. anat. phyſiol. 99. 100. (x) Eſſais de phyſ. 1735. S. 460. (y) Arcan. nat. det. ſ. Opera omn. lat. edita. T. II. S. 160. f. A. B. C. S. 168. f. 10. Siehe auch 183. 185. Contin. arcan. nat ſ. Tom. Oper. III. S. 52. 110. f 1. G. cowper. phil. Trans n. 280. f. 45. App. ad bidloo T. III. f. 4. baker microſc. made eaſy. S. 124. 126. 136. T. X. f. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/231
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/231>, abgerufen am 21.11.2024.