Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlagadern.
Kügelchen, und die engste und lezte Endigung dage-
gen um vielmal enger, als ein rothes Kügelchen seyn
muß, indem ein gelbes Gefäschen kegelförmig ist, und
seine Oefnung im Lichten beständig abnimt. Derowe-
gen ist es kaum glaublich, daß entweder ein hineinge-
triebenes Kügelchen eine solche Gewalt, oder eine ge-
färbte Flüßigkeit eine so grosse Geschwindigkeit besizzen
sollte, daß sie durch einen kegelförmigen, und so weit
hin convergirenden Kanal, der um so gar vielmal en-
ger, als diese Kugel ist, bis in die durchsichtige Gefässe
durchdringen sollte.

Nun zeigen uns aber die Versuche nichts, das hier-
mit nur einigermassen übereinstimmte. Denn es drin-
gen Wasser, Hausenblase in Kornbrandtewein aufgelöft,
Terpentinöl, Talg und Wachs sehr leicht in die durch-
sichtige Gefässe, und das eben so ungehindert, als sie in die ro-
the Blutadern, oder in die gelbrothe Schlagäderchen gehen,
die mit den blutführenden zusammengrenzen, wenn an-
ders deren einige vorhanden sind. Wir haben unlängst
gezeigt, daß alle die genannte Flüßigkeiten sehr ge-
schwind in die Fettfächer (g), und fast noch behender, als
in die Blutadern übergehen: nächst diesen gehet sodann
die Ausdünstung der Gedärme (h), des Magens, und
derer Flüßigkeiten, die sich in die Hölungen des Ribben-
felles (i), des Herzbeutels, des Gehirns ergiessen, eben-
falls leicht von statten. Alle diese durchsichtige Gefäs-
se lassen sich eben so leicht, und noch leichter, als die ro-
then Blutadern, vermittelst der Schlagadern ausfüllen,
obgleich darunter die mehresten einen Saft führen, der
viel dünner als das gelbe salzige Wasser im Blute ist,
und daher, vermöge der Hipothese, nicht aus rothen,
sondern aus gelben, oder endlich aus andern von den
rothen auch allenfalls entfernt liegenden Arten von Ge-
fässen, ihren Ursprung bekommen.

Der
(g) [Spaltenumbruch] L. I. S. 37. 38. L. II. S. 102.
(h) L. II. S. 104.
(i) [Spaltenumbruch] L. II. S. 103.

Schlagadern.
Kuͤgelchen, und die engſte und lezte Endigung dage-
gen um vielmal enger, als ein rothes Kuͤgelchen ſeyn
muß, indem ein gelbes Gefaͤschen kegelfoͤrmig iſt, und
ſeine Oefnung im Lichten beſtaͤndig abnimt. Derowe-
gen iſt es kaum glaublich, daß entweder ein hineinge-
triebenes Kuͤgelchen eine ſolche Gewalt, oder eine ge-
faͤrbte Fluͤßigkeit eine ſo groſſe Geſchwindigkeit beſizzen
ſollte, daß ſie durch einen kegelfoͤrmigen, und ſo weit
hin convergirenden Kanal, der um ſo gar vielmal en-
ger, als dieſe Kugel iſt, bis in die durchſichtige Gefaͤſſe
durchdringen ſollte.

Nun zeigen uns aber die Verſuche nichts, das hier-
mit nur einigermaſſen uͤbereinſtimmte. Denn es drin-
gen Waſſer, Hauſenblaſe in Kornbrandtewein aufgeloͤft,
Terpentinoͤl, Talg und Wachs ſehr leicht in die durch-
ſichtige Gefaͤſſe, und das eben ſo ungehindert, als ſie in die ro-
the Blutadern, oder in die gelbrothe Schlagaͤderchen gehen,
die mit den blutfuͤhrenden zuſammengrenzen, wenn an-
ders deren einige vorhanden ſind. Wir haben unlaͤngſt
gezeigt, daß alle die genannte Fluͤßigkeiten ſehr ge-
ſchwind in die Fettfaͤcher (g), und faſt noch behender, als
in die Blutadern uͤbergehen: naͤchſt dieſen gehet ſodann
die Ausduͤnſtung der Gedaͤrme (h), des Magens, und
derer Fluͤßigkeiten, die ſich in die Hoͤlungen des Ribben-
felles (i), des Herzbeutels, des Gehirns ergieſſen, eben-
falls leicht von ſtatten. Alle dieſe durchſichtige Gefaͤſ-
ſe laſſen ſich eben ſo leicht, und noch leichter, als die ro-
then Blutadern, vermittelſt der Schlagadern ausfuͤllen,
obgleich darunter die mehreſten einen Saft fuͤhren, der
viel duͤnner als das gelbe ſalzige Waſſer im Blute iſt,
und daher, vermoͤge der Hipotheſe, nicht aus rothen,
ſondern aus gelben, oder endlich aus andern von den
rothen auch allenfalls entfernt liegenden Arten von Ge-
faͤſſen, ihren Urſprung bekommen.

Der
(g) [Spaltenumbruch] L. I. S. 37. 38. L. II. S. 102.
(h) L. II. S. 104.
(i) [Spaltenumbruch] L. II. S. 103.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0277" n="221"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schlagadern.</hi></fw><lb/>
Ku&#x0364;gelchen, und die eng&#x017F;te und lezte Endigung dage-<lb/>
gen um vielmal enger, als ein rothes Ku&#x0364;gelchen &#x017F;eyn<lb/>
muß, indem ein gelbes Gefa&#x0364;schen kegelfo&#x0364;rmig i&#x017F;t, und<lb/>
&#x017F;eine Oefnung im Lichten be&#x017F;ta&#x0364;ndig abnimt. Derowe-<lb/>
gen i&#x017F;t es kaum glaublich, daß entweder ein hineinge-<lb/>
triebenes Ku&#x0364;gelchen eine &#x017F;olche Gewalt, oder eine ge-<lb/>
fa&#x0364;rbte Flu&#x0364;ßigkeit eine &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;chwindigkeit be&#x017F;izzen<lb/>
&#x017F;ollte, daß &#x017F;ie durch einen kegelfo&#x0364;rmigen, und &#x017F;o weit<lb/>
hin convergirenden Kanal, der um &#x017F;o gar vielmal en-<lb/>
ger, als die&#x017F;e Kugel i&#x017F;t, bis in die durch&#x017F;ichtige Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
durchdringen &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Nun zeigen uns aber die Ver&#x017F;uche nichts, das hier-<lb/>
mit nur einigerma&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berein&#x017F;timmte. Denn es drin-<lb/>
gen Wa&#x017F;&#x017F;er, Hau&#x017F;enbla&#x017F;e in Kornbrandtewein aufgelo&#x0364;ft,<lb/>
Terpentino&#x0364;l, Talg und Wachs &#x017F;ehr leicht in die durch-<lb/>
&#x017F;ichtige Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und das eben &#x017F;o ungehindert, als &#x017F;ie in die ro-<lb/>
the Blutadern, oder in die gelbrothe Schlaga&#x0364;derchen gehen,<lb/>
die mit den blutfu&#x0364;hrenden zu&#x017F;ammengrenzen, wenn an-<lb/>
ders deren einige vorhanden &#x017F;ind. Wir haben unla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
gezeigt, daß alle die genannte Flu&#x0364;ßigkeiten &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;chwind in die Fettfa&#x0364;cher <note place="foot" n="(g)"><cb/><hi rendition="#aq">L. I.</hi> S. 37. 38. <hi rendition="#aq">L. II.</hi> S. 102.</note>, und fa&#x017F;t noch behender, als<lb/>
in die Blutadern u&#x0364;bergehen: na&#x0364;ch&#x017F;t die&#x017F;en gehet &#x017F;odann<lb/>
die Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung der Geda&#x0364;rme <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">L. II.</hi> S. 104.</note>, des Magens, und<lb/>
derer Flu&#x0364;ßigkeiten, die &#x017F;ich in die Ho&#x0364;lungen des Ribben-<lb/>
felles <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">L. II.</hi> S. 103.</note>, des Herzbeutels, des Gehirns ergie&#x017F;&#x017F;en, eben-<lb/>
falls leicht von &#x017F;tatten. Alle die&#x017F;e durch&#x017F;ichtige Gefa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich eben &#x017F;o leicht, und noch leichter, als die ro-<lb/>
then Blutadern, vermittel&#x017F;t der Schlagadern ausfu&#x0364;llen,<lb/>
obgleich darunter die mehre&#x017F;ten einen Saft fu&#x0364;hren, der<lb/>
viel du&#x0364;nner als das gelbe &#x017F;alzige Wa&#x017F;&#x017F;er im Blute i&#x017F;t,<lb/>
und daher, vermo&#x0364;ge der Hipothe&#x017F;e, nicht aus rothen,<lb/>
&#x017F;ondern aus gelben, oder endlich aus andern von den<lb/>
rothen auch allenfalls entfernt liegenden Arten von Ge-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ihren Ur&#x017F;prung bekommen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0277] Schlagadern. Kuͤgelchen, und die engſte und lezte Endigung dage- gen um vielmal enger, als ein rothes Kuͤgelchen ſeyn muß, indem ein gelbes Gefaͤschen kegelfoͤrmig iſt, und ſeine Oefnung im Lichten beſtaͤndig abnimt. Derowe- gen iſt es kaum glaublich, daß entweder ein hineinge- triebenes Kuͤgelchen eine ſolche Gewalt, oder eine ge- faͤrbte Fluͤßigkeit eine ſo groſſe Geſchwindigkeit beſizzen ſollte, daß ſie durch einen kegelfoͤrmigen, und ſo weit hin convergirenden Kanal, der um ſo gar vielmal en- ger, als dieſe Kugel iſt, bis in die durchſichtige Gefaͤſſe durchdringen ſollte. Nun zeigen uns aber die Verſuche nichts, das hier- mit nur einigermaſſen uͤbereinſtimmte. Denn es drin- gen Waſſer, Hauſenblaſe in Kornbrandtewein aufgeloͤft, Terpentinoͤl, Talg und Wachs ſehr leicht in die durch- ſichtige Gefaͤſſe, und das eben ſo ungehindert, als ſie in die ro- the Blutadern, oder in die gelbrothe Schlagaͤderchen gehen, die mit den blutfuͤhrenden zuſammengrenzen, wenn an- ders deren einige vorhanden ſind. Wir haben unlaͤngſt gezeigt, daß alle die genannte Fluͤßigkeiten ſehr ge- ſchwind in die Fettfaͤcher (g), und faſt noch behender, als in die Blutadern uͤbergehen: naͤchſt dieſen gehet ſodann die Ausduͤnſtung der Gedaͤrme (h), des Magens, und derer Fluͤßigkeiten, die ſich in die Hoͤlungen des Ribben- felles (i), des Herzbeutels, des Gehirns ergieſſen, eben- falls leicht von ſtatten. Alle dieſe durchſichtige Gefaͤſ- ſe laſſen ſich eben ſo leicht, und noch leichter, als die ro- then Blutadern, vermittelſt der Schlagadern ausfuͤllen, obgleich darunter die mehreſten einen Saft fuͤhren, der viel duͤnner als das gelbe ſalzige Waſſer im Blute iſt, und daher, vermoͤge der Hipotheſe, nicht aus rothen, ſondern aus gelben, oder endlich aus andern von den rothen auch allenfalls entfernt liegenden Arten von Ge- faͤſſen, ihren Urſprung bekommen. Der (g) L. I. S. 37. 38. L. II. S. 102. (h) L. II. S. 104. (i) L. II. S. 103.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/277
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/277>, abgerufen am 22.11.2024.