Thieren mehr, als ich, ohne in den Ver- dacht der Ruhmbegierde zu fallen, erzälen darf. Was ich daran beobachtet, habe ich in mein Handbuch aufrichtig eingetragen. Als ich über Börhaavens Vorlesungen et- was zu frühzeitige, und also mit Recht un- vollkommene Erklärungen verfertigte, so habe ich wenigstens von dieser Arbeit den Nuzzen gehabt, daß ich dadurch erkannte, was für Theile in der Zergliederungskunst, und welche Versuche noch vollkommener aus- gearbeitet werden müsten. Jch merkte diese Zweifel in meinen Aufsäzzen an, und be- diente mich ihrer bei der nächsten Gelegen- heit, bis mir die Natur über die Fragen, die man mir vorlegte, ein Genügen that.
Nachgehends, da die hohe Schule ohn- gefehr seit dem Jahre 1746. recht zu blühen anfing, und sehr viel auserlesene junge Leute, aus verschiedenen Ländern, nach Göttingen kamen, so hatte ich das Glück, diese Gelegenheit mir zu Nuzze zu machen. So oft jemand um die medicinische Würde anhielte, und zu dem Ende eine Probe- schrift auszuarbeiten im Begriffe stand, so war es mir leicht, ihn zu übereden, daß er sich ein schweres Stük aus der Zergliede-
rungs-
c 2
Vorrede des Verfaſſers.
Thieren mehr, als ich, ohne in den Ver- dacht der Ruhmbegierde zu fallen, erzaͤlen darf. Was ich daran beobachtet, habe ich in mein Handbuch aufrichtig eingetragen. Als ich uͤber Boͤrhaavens Vorleſungen et- was zu fruͤhzeitige, und alſo mit Recht un- vollkommene Erklaͤrungen verfertigte, ſo habe ich wenigſtens von dieſer Arbeit den Nuzzen gehabt, daß ich dadurch erkannte, was fuͤr Theile in der Zergliederungskunſt, und welche Verſuche noch vollkommener aus- gearbeitet werden muͤſten. Jch merkte dieſe Zweifel in meinen Aufſaͤzzen an, und be- diente mich ihrer bei der naͤchſten Gelegen- heit, bis mir die Natur uͤber die Fragen, die man mir vorlegte, ein Genuͤgen that.
Nachgehends, da die hohe Schule ohn- gefehr ſeit dem Jahre 1746. recht zu bluͤhen anfing, und ſehr viel auserleſene junge Leute, aus verſchiedenen Laͤndern, nach Goͤttingen kamen, ſo hatte ich das Gluͤck, dieſe Gelegenheit mir zu Nuzze zu machen. So oft jemand um die mediciniſche Wuͤrde anhielte, und zu dem Ende eine Probe- ſchrift auszuarbeiten im Begriffe ſtand, ſo war es mir leicht, ihn zu uͤbereden, daß er ſich ein ſchweres Stuͤk aus der Zergliede-
rungs-
c 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0039"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede des Verfaſſers.</hi></fw><lb/>
Thieren mehr, als ich, ohne in den Ver-<lb/>
dacht der Ruhmbegierde zu fallen, erzaͤlen<lb/>
darf. Was ich daran beobachtet, habe ich<lb/>
in mein Handbuch aufrichtig eingetragen.<lb/>
Als ich uͤber <hirendition="#fr">Boͤrhaavens</hi> Vorleſungen et-<lb/>
was zu fruͤhzeitige, und alſo mit Recht un-<lb/>
vollkommene Erklaͤrungen verfertigte, ſo<lb/>
habe ich wenigſtens von dieſer Arbeit den<lb/>
Nuzzen gehabt, daß ich dadurch erkannte,<lb/>
was fuͤr Theile in der Zergliederungskunſt,<lb/>
und welche Verſuche noch vollkommener aus-<lb/>
gearbeitet werden muͤſten. Jch merkte dieſe<lb/>
Zweifel in meinen Aufſaͤzzen an, und be-<lb/>
diente mich ihrer bei der naͤchſten Gelegen-<lb/>
heit, bis mir die Natur uͤber die Fragen,<lb/>
die man mir vorlegte, ein Genuͤgen that.</p><lb/><p>Nachgehends, da die hohe Schule ohn-<lb/>
gefehr ſeit dem Jahre 1746. recht zu bluͤhen<lb/>
anfing, und ſehr viel auserleſene junge<lb/>
Leute, aus verſchiedenen Laͤndern, nach<lb/>
Goͤttingen kamen, ſo hatte ich das Gluͤck,<lb/>
dieſe Gelegenheit mir zu Nuzze zu machen.<lb/>
So oft jemand um die mediciniſche Wuͤrde<lb/>
anhielte, und zu dem Ende eine Probe-<lb/>ſchrift auszuarbeiten im Begriffe ſtand, ſo<lb/>
war es mir leicht, ihn zu uͤbereden, daß er<lb/>ſich ein ſchweres Stuͤk aus der Zergliede-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">c 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">rungs-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[0039]
Vorrede des Verfaſſers.
Thieren mehr, als ich, ohne in den Ver-
dacht der Ruhmbegierde zu fallen, erzaͤlen
darf. Was ich daran beobachtet, habe ich
in mein Handbuch aufrichtig eingetragen.
Als ich uͤber Boͤrhaavens Vorleſungen et-
was zu fruͤhzeitige, und alſo mit Recht un-
vollkommene Erklaͤrungen verfertigte, ſo
habe ich wenigſtens von dieſer Arbeit den
Nuzzen gehabt, daß ich dadurch erkannte,
was fuͤr Theile in der Zergliederungskunſt,
und welche Verſuche noch vollkommener aus-
gearbeitet werden muͤſten. Jch merkte dieſe
Zweifel in meinen Aufſaͤzzen an, und be-
diente mich ihrer bei der naͤchſten Gelegen-
heit, bis mir die Natur uͤber die Fragen,
die man mir vorlegte, ein Genuͤgen that.
Nachgehends, da die hohe Schule ohn-
gefehr ſeit dem Jahre 1746. recht zu bluͤhen
anfing, und ſehr viel auserleſene junge
Leute, aus verſchiedenen Laͤndern, nach
Goͤttingen kamen, ſo hatte ich das Gluͤck,
dieſe Gelegenheit mir zu Nuzze zu machen.
So oft jemand um die mediciniſche Wuͤrde
anhielte, und zu dem Ende eine Probe-
ſchrift auszuarbeiten im Begriffe ſtand, ſo
war es mir leicht, ihn zu uͤbereden, daß er
ſich ein ſchweres Stuͤk aus der Zergliede-
rungs-
c 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/39>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.