sprizten sehen, wie sich das Blut, wenn man sie auf- schneidet, mit der Fettigkeit vermischt habe. Nicht al- lein aber diejenigen behalten ihr Blut, in welche es ver- möge seiner eignen Schwere, nach Andr. Pasta(t), ei- nes gelehrten Arztes, Versuchen, hineindringt, sondern auch noch andre und ganz kleine Schlagäderchen, welche die Röthe des darinnen aufgenommenen Blutes allein sichtbar macht, und die sonst gänzlich verschwinden wür- den; und eben dieses gilt auch von den grossen Schlag- aderstämmen. Harvey(u) gesteht selbst, daß er in Er- stikten und unter Ohnmachten verstorbnen Personen in den Schlagadern Blut wahrgenommen habe; bei denen unter der Trunkenheit und an bösartigen Krankheiten verstorbnen hat es der berühmte Schwenke(x) beob- achtet; Lancisius bezeuget (y), daß es in dem Aor- tenstamme nahe am Herzen niemals daran mangle, und ich sehe es mit Vergnügen, daß die Versuche dieses Man- nes, ingleichen des J. B. Morgagni seine, mit den meinigen übereinstimmen.
Es ist indessen allerdings wahr, daß die Blutadern viel mehr, als die Schlagadern, vom Blute aufgetrieben sind. Denn die Schlagadern, die der vorberührten Ur- sachen wegen dichter sind, entledigen sich daher leichter vom Blute. Die Blutadern nehmen dasselbe auf, und werden gezwungen es zu behalten, weil das Herz mit sei- nem Nachdruk ihnen widersteht, und über dieses auch, wenn es gleich nicht widerstünde, dennoch nur wenige Unzen aufnehmen könnte. Daher ist in den grossen Stämmen (a), und in der Holader nahe am Herzen (b), gemeiniglich das meiste Blut vorhanden. Der vortref- (z)
liche
(t)[Spaltenumbruch]De motu sangu. post mor- tem. Epist. I. S. 4. u. folg.
(u)Dissert. III. S. 225.
(x) Am angef. Ort. S. 84.
(y)De corde & anevr. S. 64. Fol.
(a)Diss. anat. S. 93. Ferner F. BaglivExp. med. pract. S. 679.
(b)bartholin. Hep. defunct. S. 44. 45.
(z)[Spaltenumbruch]Advers. anatom. II. S. 83.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
ſprizten ſehen, wie ſich das Blut, wenn man ſie auf- ſchneidet, mit der Fettigkeit vermiſcht habe. Nicht al- lein aber diejenigen behalten ihr Blut, in welche es ver- moͤge ſeiner eignen Schwere, nach Andr. Paſta(t), ei- nes gelehrten Arztes, Verſuchen, hineindringt, ſondern auch noch andre und ganz kleine Schlagaͤderchen, welche die Roͤthe des darinnen aufgenommenen Blutes allein ſichtbar macht, und die ſonſt gaͤnzlich verſchwinden wuͤr- den; und eben dieſes gilt auch von den groſſen Schlag- aderſtaͤmmen. Harvey(u) geſteht ſelbſt, daß er in Er- ſtikten und unter Ohnmachten verſtorbnen Perſonen in den Schlagadern Blut wahrgenommen habe; bei denen unter der Trunkenheit und an boͤsartigen Krankheiten verſtorbnen hat es der beruͤhmte Schwenke(x) beob- achtet; Lanciſius bezeuget (y), daß es in dem Aor- tenſtamme nahe am Herzen niemals daran mangle, und ich ſehe es mit Vergnuͤgen, daß die Verſuche dieſes Man- nes, ingleichen des J. B. Morgagni ſeine, mit den meinigen uͤbereinſtimmen.
Es iſt indeſſen allerdings wahr, daß die Blutadern viel mehr, als die Schlagadern, vom Blute aufgetrieben ſind. Denn die Schlagadern, die der vorberuͤhrten Ur- ſachen wegen dichter ſind, entledigen ſich daher leichter vom Blute. Die Blutadern nehmen daſſelbe auf, und werden gezwungen es zu behalten, weil das Herz mit ſei- nem Nachdruk ihnen widerſteht, und uͤber dieſes auch, wenn es gleich nicht widerſtuͤnde, dennoch nur wenige Unzen aufnehmen koͤnnte. Daher iſt in den groſſen Staͤmmen (a), und in der Holader nahe am Herzen (b), gemeiniglich das meiſte Blut vorhanden. Der vortref- (z)
liche
(t)[Spaltenumbruch]De motu ſangu. poſt mor- tem. Epiſt. I. S. 4. u. folg.
(u)Diſſert. III. S. 225.
(x) Am angef. Ort. S. 84.
(y)De corde & anevr. S. 64. Fol.
(a)Diſſ. anat. S. 93. Ferner F. BaglivExp. med. pract. S. 679.
(b)bartholin. Hep. defunct. S. 44. 45.
(z)[Spaltenumbruch]Adverſ. anatom. II. S. 83.
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moͤge ſeiner eignen Schwere, nach Andr. Paſta (t), ei-
nes gelehrten Arztes, Verſuchen, hineindringt, ſondern
auch noch andre und ganz kleine Schlagaͤderchen, welche
die Roͤthe des darinnen aufgenommenen Blutes allein
ſichtbar macht, und die ſonſt gaͤnzlich verſchwinden wuͤr-
den; und eben dieſes gilt auch von den groſſen Schlag-
aderſtaͤmmen. Harvey (u) geſteht ſelbſt, daß er in Er-
ſtikten und unter Ohnmachten verſtorbnen Perſonen in
den Schlagadern Blut wahrgenommen habe; bei denen
unter der Trunkenheit und an boͤsartigen Krankheiten
verſtorbnen hat es der beruͤhmte Schwenke (x) beob-
achtet; Lanciſius bezeuget (y), daß es in dem Aor-
tenſtamme nahe am Herzen niemals daran mangle, und
ich ſehe es mit Vergnuͤgen, daß die Verſuche dieſes Man-
nes, ingleichen des J. B. Morgagni ſeine, mit den
meinigen uͤbereinſtimmen.
Es iſt indeſſen allerdings wahr, daß die Blutadern
viel mehr, als die Schlagadern, vom Blute aufgetrieben
ſind. Denn die Schlagadern, die der vorberuͤhrten Ur-
ſachen wegen dichter ſind, entledigen ſich daher leichter
vom Blute. Die Blutadern nehmen daſſelbe auf, und
werden gezwungen es zu behalten, weil das Herz mit ſei-
nem Nachdruk ihnen widerſteht, und uͤber dieſes auch,
wenn es gleich nicht widerſtuͤnde, dennoch nur wenige
Unzen aufnehmen koͤnnte. Daher iſt in den groſſen
Staͤmmen (a), und in der Holader nahe am Herzen (b),
gemeiniglich das meiſte Blut vorhanden. Der vortref-
liche
(z)
(t)
De motu ſangu. poſt mor-
tem. Epiſt. I. S. 4. u. folg.
(u) Diſſert. III. S. 225.
(x) Am angef. Ort. S. 84.
(y) De corde & anevr. S. 64.
Fol.
(a) Diſſ. anat. S. 93. Ferner F.
Bagliv Exp. med. pract. S. 679.
(b) bartholin. Hep. defunct.
S. 44. 45.
(z)
Adverſ. anatom. II. S. 83.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/428>, abgerufen am 27.11.2024.
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