§. 25. Man trift keine Spur von dem Blutumlaufe beim Hippocrates an.
Jn der That muß man dem Harvey allerdings die Ehre lassen, daß er den grossen Umlauf des Blutes zuerst entdekt habe, indem der kleinere denen Alten schon ist bekannt gewesen. Es ist mir zwar zur Genüge bekannt, was vor Mühe sich die berühmten Männer, Joh. Nar- dius(u), Johann Antonides van der Linden(x), Johann Riolanus(y), Carl Drelincourt(z), Da- cerius(a), Camillus Falconet(b), und andre gege- ben haben, um zu zeigen, daß Hippocrates schon eini- ge Wissenschaft von dem Umlauf des Blutes gehabt ha- be. Jch habe auch die von ihnen angeführte Stellen gelesen (c), und müste mich in der That sehr verwundern, wenn in dem damaligen ersten Alter der Zergliederungs- kunst dieser gute Greis einige Kenntnis von diesem Um- laufe sollte gehabt haben, da man doch gewiß versichert ist, daß Galenus, der durch eine so grosse Anzal ana- tomischer Versuche, die besonders auf den Blutlauf füh- ren konnten, eine grössere Einsicht erlanget hatte, noch nichts davon gewust habe. Solchemnach finde ich (d), daß Hippocrates in dem Körper keinen Anfang zuge- stehe der nicht auch zugleich das Ende ausmache, das ist, einen Circul annehme. Es zeiget sich aber gleich,
wenn
(u)[Spaltenumbruch]Noct. genial. X. Dieser Gegner rühmt indessen doch des Harvey seine Bescheidenheit.
(x)In hippocrate de circulat. sanguinis, viginti & novem Di- sputationibus illustrato.
(y)Oper. omn. Ausg. 1649. fol. 556.
(z)In Epimetris, hinter der Streitschrift de Lienosis.
(a) Jn der französischen Ueber- [Spaltenumbruch]
sezzung einiger Bücher der Hip- pocratischen Werke, und in den Anmerkungen über das 1 Buch, de Diaeta.
(b)Traite des fievres. Paris. 1723. 12.
(c)Meth. stud. med. S. 314.
(d) Gleich im Anfange des Bu- ches, [fremdsprachliches Material - 4 Wörter fehlen] [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt].
Ff 5
durch die Schlag-in die Blutadern.
§. 25. Man trift keine Spur von dem Blutumlaufe beim Hippocrates an.
Jn der That muß man dem Harvey allerdings die Ehre laſſen, daß er den groſſen Umlauf des Blutes zuerſt entdekt habe, indem der kleinere denen Alten ſchon iſt bekannt geweſen. Es iſt mir zwar zur Genuͤge bekannt, was vor Muͤhe ſich die beruͤhmten Maͤnner, Joh. Nar- dius(u), Johann Antonides van der Linden(x), Johann Riolanus(y), Carl Drelincourt(z), Da- cerius(a), Camillus Falconet(b), und andre gege- ben haben, um zu zeigen, daß Hippocrates ſchon eini- ge Wiſſenſchaft von dem Umlauf des Blutes gehabt ha- be. Jch habe auch die von ihnen angefuͤhrte Stellen geleſen (c), und muͤſte mich in der That ſehr verwundern, wenn in dem damaligen erſten Alter der Zergliederungs- kunſt dieſer gute Greis einige Kenntnis von dieſem Um- laufe ſollte gehabt haben, da man doch gewiß verſichert iſt, daß Galenus, der durch eine ſo groſſe Anzal ana- tomiſcher Verſuche, die beſonders auf den Blutlauf fuͤh- ren konnten, eine groͤſſere Einſicht erlanget hatte, noch nichts davon gewuſt habe. Solchemnach finde ich (d), daß Hippocrates in dem Koͤrper keinen Anfang zuge- ſtehe der nicht auch zugleich das Ende ausmache, das iſt, einen Circul annehme. Es zeiget ſich aber gleich,
wenn
(u)[Spaltenumbruch]Noct. genial. X. Dieſer Gegner ruͤhmt indeſſen doch des Harvey ſeine Beſcheidenheit.
(x)In hippocrate de circulat. ſanguinis, viginti & novem Di- ſputationibus illuſtrato.
(y)Oper. omn. Ausg. 1649. fol. 556.
(z)In Epimetris, hinter der Streitſchrift de Lienoſis.
(a) Jn der franzoͤſiſchen Ueber- [Spaltenumbruch]
ſezzung einiger Buͤcher der Hip- pocratiſchen Werke, und in den Anmerkungen uͤber das 1 Buch, de Diaeta.
(b)Traité des fievres. Paris. 1723. 12.
(c)Meth. ſtud. med. S. 314.
(d) Gleich im Anfange des Bu- ches, [fremdsprachliches Material – 4 Wörter fehlen] [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt].
Ff 5
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durch die Schlag-in die Blutadern.
§. 25.
Man trift keine Spur von dem Blutumlaufe
beim Hippocrates an.
Jn der That muß man dem Harvey allerdings die
Ehre laſſen, daß er den groſſen Umlauf des Blutes
zuerſt entdekt habe, indem der kleinere denen Alten ſchon
iſt bekannt geweſen. Es iſt mir zwar zur Genuͤge bekannt,
was vor Muͤhe ſich die beruͤhmten Maͤnner, Joh. Nar-
dius (u), Johann Antonides van der Linden (x),
Johann Riolanus (y), Carl Drelincourt (z), Da-
cerius (a), Camillus Falconet (b), und andre gege-
ben haben, um zu zeigen, daß Hippocrates ſchon eini-
ge Wiſſenſchaft von dem Umlauf des Blutes gehabt ha-
be. Jch habe auch die von ihnen angefuͤhrte Stellen
geleſen (c), und muͤſte mich in der That ſehr verwundern,
wenn in dem damaligen erſten Alter der Zergliederungs-
kunſt dieſer gute Greis einige Kenntnis von dieſem Um-
laufe ſollte gehabt haben, da man doch gewiß verſichert
iſt, daß Galenus, der durch eine ſo groſſe Anzal ana-
tomiſcher Verſuche, die beſonders auf den Blutlauf fuͤh-
ren konnten, eine groͤſſere Einſicht erlanget hatte, noch
nichts davon gewuſt habe. Solchemnach finde ich (d),
daß Hippocrates in dem Koͤrper keinen Anfang zuge-
ſtehe der nicht auch zugleich das Ende ausmache, das
iſt, einen Circul annehme. Es zeiget ſich aber gleich,
wenn
(u)
Noct. genial. X. Dieſer
Gegner ruͤhmt indeſſen doch des
Harvey ſeine Beſcheidenheit.
(x) In hippocrate de circulat.
ſanguinis, viginti & novem Di-
ſputationibus illuſtrato.
(y) Oper. omn. Ausg. 1649.
fol. 556.
(z) In Epimetris, hinter der
Streitſchrift de Lienoſis.
(a) Jn der franzoͤſiſchen Ueber-
ſezzung einiger Buͤcher der Hip-
pocratiſchen Werke, und in den
Anmerkungen uͤber das 1 Buch, de
Diaeta.
(b) Traité des fievres. Paris.
1723. 12.
(c) Meth. ſtud. med. S. 314.
(d) Gleich im Anfange des Bu-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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