andre berühmte Männer behaupten, die noch geneigter sind, dergleichen Aufbrausen zuzugeben (q).
Es hat schon ehemals Boerhaave(r) deutlich ge- zeigt, daß der Unterschied zwischen dem Blute, welches durch diese kleine Mündungen durchsikkert, und der ge- meinen Beschaffenheit des Blutes in den Blutadern, sehr geringe sey. Denn dasjenige Blut, welches sich anjezzo und in dem Augenblik in den Kranzschlagadern befindet, ist nur vor sechs Minuten, wenn man auch die längste Zeit annehmen will, da es sich in der Lunge möchte ver- weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsschlä- ge geschehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen heraus, welche Masse grösser ist, als die Menge aller Flüßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen wieder zugeführet werden. Damit also das Herz etwas habe, das in die Aorte könne herausgetrieben werden, so muß innerhalb diesen sechs Minuten das in der Hol- ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an die Stelle der neunhundert Unzen gekommen seyn, welche unterdessen die Aorte empfangen hat.
§. 38. Ob es im Herzen Drüsen giebt?
Eben so wenig nehmen wir die Drüsen an, welche einige berühmte Männer in dem Herzen angegeben haben. Riolanus(s) meldet, er habe eine einzige in der Schei- dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini- chen hat Harder(t) solche Drüsen beschrieben, die denen im Gedärme befindlichen ähnlich sind, und es finden sich
im
(q)[Spaltenumbruch]Lancisius am angef. Ort, S. 71.
(r)Instit. rei med. n. 177. u. s. f.
(s)[Spaltenumbruch]Anthropogr. S. 239.
(t)Exercit. Paeonis & Pythag. S. 114.
Viertes Buch. Das Herz.
andre beruͤhmte Maͤnner behaupten, die noch geneigter ſind, dergleichen Aufbrauſen zuzugeben (q).
Es hat ſchon ehemals Boerhaave(r) deutlich ge- zeigt, daß der Unterſchied zwiſchen dem Blute, welches durch dieſe kleine Muͤndungen durchſikkert, und der ge- meinen Beſchaffenheit des Blutes in den Blutadern, ſehr geringe ſey. Denn dasjenige Blut, welches ſich anjezzo und in dem Augenblik in den Kranzſchlagadern befindet, iſt nur vor ſechs Minuten, wenn man auch die laͤngſte Zeit annehmen will, da es ſich in der Lunge moͤchte ver- weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsſchlaͤ- ge geſchehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen heraus, welche Maſſe groͤſſer iſt, als die Menge aller Fluͤßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen wieder zugefuͤhret werden. Damit alſo das Herz etwas habe, das in die Aorte koͤnne herausgetrieben werden, ſo muß innerhalb dieſen ſechs Minuten das in der Hol- ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an die Stelle der neunhundert Unzen gekommen ſeyn, welche unterdeſſen die Aorte empfangen hat.
§. 38. Ob es im Herzen Druͤſen giebt?
Eben ſo wenig nehmen wir die Druͤſen an, welche einige beruͤhmte Maͤnner in dem Herzen angegeben haben. Riolanus(s) meldet, er habe eine einzige in der Schei- dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini- chen hat Harder(t) ſolche Druͤſen beſchrieben, die denen im Gedaͤrme befindlichen aͤhnlich ſind, und es finden ſich
im
(q)[Spaltenumbruch]Lanciſius am angef. Ort, S. 71.
(r)Inſtit. rei med. n. 177. u. ſ. f.
(s)[Spaltenumbruch]Anthropogr. S. 239.
(t)Exercit. Paeonis & Pythag. S. 114.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0786"n="730"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
andre beruͤhmte Maͤnner behaupten, die noch geneigter<lb/>ſind, dergleichen Aufbrauſen zuzugeben <noteplace="foot"n="(q)"><cb/><hirendition="#fr">Lanciſius</hi> am angef. Ort,<lb/>
S. 71.</note>.</p><lb/><p>Es hat ſchon ehemals <hirendition="#fr">Boerhaave</hi><noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">Inſtit. rei med. n.</hi> 177. u. ſ. f.</note> deutlich ge-<lb/>
zeigt, daß der Unterſchied zwiſchen dem Blute, welches<lb/>
durch dieſe kleine Muͤndungen durchſikkert, und der ge-<lb/>
meinen Beſchaffenheit des Blutes in den Blutadern, ſehr<lb/>
geringe ſey. Denn dasjenige Blut, welches ſich anjezzo<lb/>
und in dem Augenblik in den Kranzſchlagadern befindet,<lb/>
iſt nur vor ſechs Minuten, wenn man auch die laͤngſte<lb/>
Zeit annehmen will, da es ſich in der Lunge moͤchte ver-<lb/>
weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht<lb/>
worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsſchlaͤ-<lb/>
ge geſchehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen<lb/>
heraus, welche Maſſe groͤſſer iſt, als die Menge aller<lb/>
Fluͤßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen<lb/>
wieder zugefuͤhret werden. Damit alſo das Herz etwas<lb/>
habe, das in die Aorte koͤnne herausgetrieben werden,<lb/>ſo muß innerhalb dieſen ſechs Minuten das in der Hol-<lb/>
ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an<lb/>
die Stelle der neunhundert Unzen gekommen ſeyn, welche<lb/>
unterdeſſen die Aorte empfangen hat.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 38.<lb/>
Ob es im Herzen Druͤſen giebt?</head><lb/><p>Eben ſo wenig nehmen wir die Druͤſen an, welche<lb/>
einige beruͤhmte Maͤnner in dem Herzen angegeben haben.<lb/><hirendition="#fr">Riolanus</hi><noteplace="foot"n="(s)"><cb/><hirendition="#aq">Anthropogr.</hi> S. 239.</note> meldet, er habe eine einzige in der Schei-<lb/>
dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini-<lb/>
chen hat <hirendition="#fr">Harder</hi><noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">Exercit. Paeonis & Pythag.</hi><lb/>
S. 114.</note>ſolche Druͤſen beſchrieben, die denen<lb/>
im Gedaͤrme befindlichen aͤhnlich ſind, und es finden ſich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">im</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[730/0786]
Viertes Buch. Das Herz.
andre beruͤhmte Maͤnner behaupten, die noch geneigter
ſind, dergleichen Aufbrauſen zuzugeben (q).
Es hat ſchon ehemals Boerhaave (r) deutlich ge-
zeigt, daß der Unterſchied zwiſchen dem Blute, welches
durch dieſe kleine Muͤndungen durchſikkert, und der ge-
meinen Beſchaffenheit des Blutes in den Blutadern, ſehr
geringe ſey. Denn dasjenige Blut, welches ſich anjezzo
und in dem Augenblik in den Kranzſchlagadern befindet,
iſt nur vor ſechs Minuten, wenn man auch die laͤngſte
Zeit annehmen will, da es ſich in der Lunge moͤchte ver-
weilet haben, durch die Holader in das Herz gebracht
worden. Denn es gehen in der Zeit, da 450 Pulsſchlaͤ-
ge geſchehen, neunhundert Unzen aus dem linken Herzen
heraus, welche Maſſe groͤſſer iſt, als die Menge aller
Fluͤßigkeiten, die durch die rothen Adern dem Herzen
wieder zugefuͤhret werden. Damit alſo das Herz etwas
habe, das in die Aorte koͤnne herausgetrieben werden,
ſo muß innerhalb dieſen ſechs Minuten das in der Hol-
ader enthaltne Blut in die Lunge hineingetreten, und an
die Stelle der neunhundert Unzen gekommen ſeyn, welche
unterdeſſen die Aorte empfangen hat.
§. 38.
Ob es im Herzen Druͤſen giebt?
Eben ſo wenig nehmen wir die Druͤſen an, welche
einige beruͤhmte Maͤnner in dem Herzen angegeben haben.
Riolanus (s) meldet, er habe eine einzige in der Schei-
dewand des Herzens wahrgenommen. An einem Kanini-
chen hat Harder (t) ſolche Druͤſen beſchrieben, die denen
im Gedaͤrme befindlichen aͤhnlich ſind, und es finden ſich
im
(q)
Lanciſius am angef. Ort,
S. 71.
(r) Inſtit. rei med. n. 177. u. ſ. f.
(s)
Anthropogr. S. 239.
(t) Exercit. Paeonis & Pythag.
S. 114.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/786>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.