wenn aber dieselbe schwächer wird, so behält die Holader den Vorzug, sowol in Ansehung der öftern Wiederholun- gen der Schläge, die weit zahlreicher sind, als in der Lun- genblutader (z), als auch in Ansehung der Dauer der- selben.
§. 25. Es dringet die Kraft des Herzens bis in die Haar- förmige Schlagäderchen.
Bisher haben wir die Zeiträume angeführet, innerhalb welchen die Bewegung des Herzens geschiehet, nun ist noch übrig, daß wir die Kräfte dieses holen Muskels be- rechnen, womit sich die Physiologisten bereits seit langer Zeit beschäftiget haben. Wer die Sache nur blos oben- hin betrachtet, der wird schon sogleich gewahr werden, daß ein so kleines Stükchen Fleisch mit einer grossen Kraft begabt sey; da dasselbe, wenn man es mit der Hand ergreifet, keineswegs durch die Stärke derselben in seiner Bewegung kann zurükgehalten, und fast auch von keinem Gewichte unterdrükt werden, indem bei je- dem Herzschlage die grösten Gewichte, die man auf die Brust gelegt hat, zugleich mit in die Höhe gehoben wer- den: da es auch über dieses für sich ganz allein, sowol oh- ne Unterlaß, als auch ohne einige Ermüdung, in seiner Arbeit fortfähret, und in einer einzigen Stunde fünftau- sendmal, ganze hundert Jahre lang, ohne jemals im ge- ringsten dazwischen auszuruhen, sich fortbeweget; da hingegen alle übrige Muskeln, die viel grösser und schwe- rer sind, innerhalb wenigen Stunden dergestalt ermüden, daß sie uns, wenn wir gleich nicht die geringste Lust dazu bezeigen, dennoch zur Ruhe zwingen. Wir müssen aber (a)
billig
(z) Die Holader schlug zwei- drei- auch zehn- und zwölfmal, in der Zeit, da die Lungenblutader nur einmal sich bewegte.
(a) Ebendas. bis auf hundert und zehn Minuten lang.
Viertes Buch. Das Herz.
wenn aber dieſelbe ſchwaͤcher wird, ſo behaͤlt die Holader den Vorzug, ſowol in Anſehung der oͤftern Wiederholun- gen der Schlaͤge, die weit zahlreicher ſind, als in der Lun- genblutader (z), als auch in Anſehung der Dauer der- ſelben.
§. 25. Es dringet die Kraft des Herzens bis in die Haar- foͤrmige Schlagaͤderchen.
Bisher haben wir die Zeitraͤume angefuͤhret, innerhalb welchen die Bewegung des Herzens geſchiehet, nun iſt noch uͤbrig, daß wir die Kraͤfte dieſes holen Muskels be- rechnen, womit ſich die Phyſiologiſten bereits ſeit langer Zeit beſchaͤftiget haben. Wer die Sache nur blos oben- hin betrachtet, der wird ſchon ſogleich gewahr werden, daß ein ſo kleines Stuͤkchen Fleiſch mit einer groſſen Kraft begabt ſey; da daſſelbe, wenn man es mit der Hand ergreifet, keineswegs durch die Staͤrke derſelben in ſeiner Bewegung kann zuruͤkgehalten, und faſt auch von keinem Gewichte unterdruͤkt werden, indem bei je- dem Herzſchlage die groͤſten Gewichte, die man auf die Bruſt gelegt hat, zugleich mit in die Hoͤhe gehoben wer- den: da es auch uͤber dieſes fuͤr ſich ganz allein, ſowol oh- ne Unterlaß, als auch ohne einige Ermuͤdung, in ſeiner Arbeit fortfaͤhret, und in einer einzigen Stunde fuͤnftau- ſendmal, ganze hundert Jahre lang, ohne jemals im ge- ringſten dazwiſchen auszuruhen, ſich fortbeweget; da hingegen alle uͤbrige Muskeln, die viel groͤſſer und ſchwe- rer ſind, innerhalb wenigen Stunden dergeſtalt ermuͤden, daß ſie uns, wenn wir gleich nicht die geringſte Luſt dazu bezeigen, dennoch zur Ruhe zwingen. Wir muͤſſen aber (a)
billig
(z) Die Holader ſchlug zwei- drei- auch zehn- und zwoͤlfmal, in der Zeit, da die Lungenblutader nur einmal ſich bewegte.
(a) Ebendaſ. bis auf hundert und zehn Minuten lang.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0868"n="812"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
wenn aber dieſelbe ſchwaͤcher wird, ſo behaͤlt die Holader<lb/>
den Vorzug, ſowol in Anſehung der oͤftern Wiederholun-<lb/>
gen der Schlaͤge, die weit zahlreicher ſind, als in der Lun-<lb/>
genblutader <noteplace="foot"n="(z)">Die Holader ſchlug zwei- drei- auch zehn- und zwoͤlfmal,<lb/>
in der Zeit, da die Lungenblutader nur einmal ſich bewegte.</note>, als auch in Anſehung der Dauer der-<lb/>ſelben.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 25.<lb/>
Es dringet die Kraft des Herzens bis in die Haar-<lb/>
foͤrmige Schlagaͤderchen.</head><lb/><p>Bisher haben wir die Zeitraͤume angefuͤhret, innerhalb<lb/>
welchen die Bewegung des Herzens geſchiehet, nun iſt<lb/>
noch uͤbrig, daß wir die Kraͤfte dieſes holen Muskels be-<lb/>
rechnen, womit ſich die Phyſiologiſten bereits ſeit langer<lb/>
Zeit beſchaͤftiget haben. Wer die Sache nur blos oben-<lb/>
hin betrachtet, der wird ſchon ſogleich gewahr werden,<lb/>
daß ein ſo kleines Stuͤkchen Fleiſch mit einer groſſen<lb/>
Kraft begabt ſey; da daſſelbe, wenn man es mit der<lb/>
Hand ergreifet, keineswegs durch die Staͤrke derſelben<lb/>
in ſeiner Bewegung kann zuruͤkgehalten, und faſt auch<lb/>
von keinem Gewichte unterdruͤkt werden, indem bei je-<lb/>
dem Herzſchlage die groͤſten Gewichte, die man auf die<lb/>
Bruſt gelegt hat, zugleich mit in die Hoͤhe gehoben wer-<lb/>
den: da es auch uͤber dieſes fuͤr ſich ganz allein, ſowol oh-<lb/>
ne Unterlaß, als auch ohne einige Ermuͤdung, in ſeiner<lb/>
Arbeit fortfaͤhret, und in einer einzigen Stunde fuͤnftau-<lb/>ſendmal, ganze hundert Jahre lang, ohne jemals im ge-<lb/>
ringſten dazwiſchen auszuruhen, ſich fortbeweget; da<lb/>
hingegen alle uͤbrige Muskeln, die viel groͤſſer und ſchwe-<lb/>
rer ſind, innerhalb wenigen Stunden dergeſtalt ermuͤden,<lb/>
daß ſie uns, wenn wir gleich nicht die geringſte Luſt dazu<lb/>
bezeigen, dennoch zur Ruhe zwingen. Wir muͤſſen aber<lb/><fwplace="bottom"type="catch">billig</fw><lb/><noteplace="foot"n="(a)">Ebendaſ. bis auf hundert und zehn Minuten lang.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[812/0868]
Viertes Buch. Das Herz.
wenn aber dieſelbe ſchwaͤcher wird, ſo behaͤlt die Holader
den Vorzug, ſowol in Anſehung der oͤftern Wiederholun-
gen der Schlaͤge, die weit zahlreicher ſind, als in der Lun-
genblutader (z), als auch in Anſehung der Dauer der-
ſelben.
§. 25.
Es dringet die Kraft des Herzens bis in die Haar-
foͤrmige Schlagaͤderchen.
Bisher haben wir die Zeitraͤume angefuͤhret, innerhalb
welchen die Bewegung des Herzens geſchiehet, nun iſt
noch uͤbrig, daß wir die Kraͤfte dieſes holen Muskels be-
rechnen, womit ſich die Phyſiologiſten bereits ſeit langer
Zeit beſchaͤftiget haben. Wer die Sache nur blos oben-
hin betrachtet, der wird ſchon ſogleich gewahr werden,
daß ein ſo kleines Stuͤkchen Fleiſch mit einer groſſen
Kraft begabt ſey; da daſſelbe, wenn man es mit der
Hand ergreifet, keineswegs durch die Staͤrke derſelben
in ſeiner Bewegung kann zuruͤkgehalten, und faſt auch
von keinem Gewichte unterdruͤkt werden, indem bei je-
dem Herzſchlage die groͤſten Gewichte, die man auf die
Bruſt gelegt hat, zugleich mit in die Hoͤhe gehoben wer-
den: da es auch uͤber dieſes fuͤr ſich ganz allein, ſowol oh-
ne Unterlaß, als auch ohne einige Ermuͤdung, in ſeiner
Arbeit fortfaͤhret, und in einer einzigen Stunde fuͤnftau-
ſendmal, ganze hundert Jahre lang, ohne jemals im ge-
ringſten dazwiſchen auszuruhen, ſich fortbeweget; da
hingegen alle uͤbrige Muskeln, die viel groͤſſer und ſchwe-
rer ſind, innerhalb wenigen Stunden dergeſtalt ermuͤden,
daß ſie uns, wenn wir gleich nicht die geringſte Luſt dazu
bezeigen, dennoch zur Ruhe zwingen. Wir muͤſſen aber
billig
(a)
(z) Die Holader ſchlug zwei- drei- auch zehn- und zwoͤlfmal,
in der Zeit, da die Lungenblutader nur einmal ſich bewegte.
(a) Ebendaſ. bis auf hundert und zehn Minuten lang.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 812. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/868>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.