Was aber diejenige Kraft anbelangt, welche indessen, daß die Schlagadern ruhen, das Blut und die übrigen Säf- te forttreibt, so muß man von derselben gestehen, daß sie in der That vermögend sey die ganze Last zu heben, und den ganzen Widerstand zu überwältigen, womit das Blut seiner Bewegung widerstehet.
Wir haben ferner bei den Thieren von kaltem Blute angemerket (k), daß die etwas kleinen Schlagadern gar keine Kraft besizzen sich zusammenzuziehen: es ist also nichts weiter übrig, als daß das Herz, ohne diese Beihül- fe, die einzige Ursache von der Ausübung des Blutum- laufes seyn könne. Dieser Beweis ist deswegen noch stärker, weil diese Thiere ein kleineres Herz haben, als die warmen Thiere, und zwar ein viermal kleineres, wenn man es mit dem Herzen derer vierfüßigen Thiere ver- gleicht, die ihre Jungen lebendig zur Welt bringen (l).
Es dauret aber auch an solchen Thieren das Leben lange, deren Schlagadern ihre Zusammenziehungskraft bereits verlohren haben. Bei alten Leuten ist es eine sehr oft vorkommende Beschwerung, daß ihre Schlag- adern knochenhaft werden (m). Und dennoch haben al- te Personen, und solche Leute, deren Schlagadern man nach dem Tode knochenhaft gefunden, mit dergleichen steif gewordnen und zum Zusammenziehen untauglichen Schlagadern, noch lange leben können. Es bringet auch dieses Uebel keinen schleunigen Tod zuwege: denn es ist nur ein langsam zu Stande kommendes Werk der Zeit, und der Saft (n), welcher erst in knochige Schup-
pen
(k)[Spaltenumbruch]Exp. sur le mouvem. du sang, S. 236. n. 4.
(l)Robinson am angef. Ort, S. 101. 120.
(m)Harvey am angef. Ort S. 218. CowperPhil. Transact. n. 280. 299. Fischerde Senio, S. 76. Meine Opusc. patholog. obs. [Spaltenumbruch]
47. 51. Man füge noch hierzu, wenn es beliebig ist, die verschiedenen Geschichte des Vieussens, am an- gef. Ort S. 107. 108. 109. Naish Phil. Transact. 369. ferner n. 483. BassDec. III. obs. 4. nebst andern sehr häufigen Beobachtungen von knochenhaften Schlagadern.
(n)Opusc. patholog. 47.
Die Bewegung des Herzens.
Was aber diejenige Kraft anbelangt, welche indeſſen, daß die Schlagadern ruhen, das Blut und die uͤbrigen Saͤf- te forttreibt, ſo muß man von derſelben geſtehen, daß ſie in der That vermoͤgend ſey die ganze Laſt zu heben, und den ganzen Widerſtand zu uͤberwaͤltigen, womit das Blut ſeiner Bewegung widerſtehet.
Wir haben ferner bei den Thieren von kaltem Blute angemerket (k), daß die etwas kleinen Schlagadern gar keine Kraft beſizzen ſich zuſammenzuziehen: es iſt alſo nichts weiter uͤbrig, als daß das Herz, ohne dieſe Beihuͤl- fe, die einzige Urſache von der Ausuͤbung des Blutum- laufes ſeyn koͤnne. Dieſer Beweis iſt deswegen noch ſtaͤrker, weil dieſe Thiere ein kleineres Herz haben, als die warmen Thiere, und zwar ein viermal kleineres, wenn man es mit dem Herzen derer vierfuͤßigen Thiere ver- gleicht, die ihre Jungen lebendig zur Welt bringen (l).
Es dauret aber auch an ſolchen Thieren das Leben lange, deren Schlagadern ihre Zuſammenziehungskraft bereits verlohren haben. Bei alten Leuten iſt es eine ſehr oft vorkommende Beſchwerung, daß ihre Schlag- adern knochenhaft werden (m). Und dennoch haben al- te Perſonen, und ſolche Leute, deren Schlagadern man nach dem Tode knochenhaft gefunden, mit dergleichen ſteif gewordnen und zum Zuſammenziehen untauglichen Schlagadern, noch lange leben koͤnnen. Es bringet auch dieſes Uebel keinen ſchleunigen Tod zuwege: denn es iſt nur ein langſam zu Stande kommendes Werk der Zeit, und der Saft (n), welcher erſt in knochige Schup-
pen
(k)[Spaltenumbruch]Exp. ſur le mouvem. du ſang, S. 236. n. 4.
(l)Robinſon am angef. Ort, S. 101. 120.
(m)Harvey am angef. Ort S. 218. CowperPhil. Transact. n. 280. 299. Fiſcherde Senio, S. 76. Meine Opuſc. patholog. obſ. [Spaltenumbruch]
47. 51. Man fuͤge noch hierzu, wenn es beliebig iſt, die verſchiedenen Geſchichte des Vieuſſens, am an- gef. Ort S. 107. 108. 109. Naish Phil. Transact. 369. ferner n. 483. BaſſDec. III. obſ. 4. nebſt andern ſehr haͤufigen Beobachtungen von knochenhaften Schlagadern.
(n)Opuſc. patholog. 47.
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Die Bewegung des Herzens.
Was aber diejenige Kraft anbelangt, welche indeſſen, daß
die Schlagadern ruhen, das Blut und die uͤbrigen Saͤf-
te forttreibt, ſo muß man von derſelben geſtehen, daß ſie
in der That vermoͤgend ſey die ganze Laſt zu heben, und
den ganzen Widerſtand zu uͤberwaͤltigen, womit das Blut
ſeiner Bewegung widerſtehet.
Wir haben ferner bei den Thieren von kaltem Blute
angemerket (k), daß die etwas kleinen Schlagadern gar
keine Kraft beſizzen ſich zuſammenzuziehen: es iſt alſo
nichts weiter uͤbrig, als daß das Herz, ohne dieſe Beihuͤl-
fe, die einzige Urſache von der Ausuͤbung des Blutum-
laufes ſeyn koͤnne. Dieſer Beweis iſt deswegen noch
ſtaͤrker, weil dieſe Thiere ein kleineres Herz haben, als
die warmen Thiere, und zwar ein viermal kleineres, wenn
man es mit dem Herzen derer vierfuͤßigen Thiere ver-
gleicht, die ihre Jungen lebendig zur Welt bringen (l).
Es dauret aber auch an ſolchen Thieren das Leben
lange, deren Schlagadern ihre Zuſammenziehungskraft
bereits verlohren haben. Bei alten Leuten iſt es eine
ſehr oft vorkommende Beſchwerung, daß ihre Schlag-
adern knochenhaft werden (m). Und dennoch haben al-
te Perſonen, und ſolche Leute, deren Schlagadern man
nach dem Tode knochenhaft gefunden, mit dergleichen
ſteif gewordnen und zum Zuſammenziehen untauglichen
Schlagadern, noch lange leben koͤnnen. Es bringet
auch dieſes Uebel keinen ſchleunigen Tod zuwege: denn es
iſt nur ein langſam zu Stande kommendes Werk der
Zeit, und der Saft (n), welcher erſt in knochige Schup-
pen
(k)
Exp. ſur le mouvem. du
ſang, S. 236. n. 4.
(l) Robinſon am angef. Ort,
S. 101. 120.
(m) Harvey am angef. Ort
S. 218. Cowper Phil. Transact.
n. 280. 299. Fiſcher de Senio, S.
76. Meine Opuſc. patholog. obſ.
47. 51. Man fuͤge noch hierzu, wenn
es beliebig iſt, die verſchiedenen
Geſchichte des Vieuſſens, am an-
gef. Ort S. 107. 108. 109. Naish
Phil. Transact. 369. ferner n. 483.
Baſſ Dec. III. obſ. 4. nebſt andern
ſehr haͤufigen Beobachtungen von
knochenhaften Schlagadern.
(n) Opuſc. patholog. 47.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/899>, abgerufen am 22.11.2024.
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