Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
das Blut in den kleinsten Schlagäderchen und Blutäder-
chen anhäufen, und sich dem natürlichen Stosse, kraft
dessen das Blut aus diesen Gefäschen in die Blutader-
stämme getrieben wird, widersezzen, auch solchergestalt
dem Umlaufe des Blutes hinderlich fallen.

Aus dieser Ursache kann nun wol bei denen Pflanzen
eine anziehende Kraft in ihren Gefässen statt haben, kei-
neswegs aber bei denen Thieren. Denn man findet an
denen Stämmen derer Bäume keinen Unterschied zwi-
schen Schlag- und Blutadern, sie haben auch weder ke-
gelförmige Gefässe, noch Theile, die dichter als andere
sind, wie denn auch keine andere Ursache die Richtung
ihrer Säfte bestimmet, als die Schwere und die Wärme
der Luft. Wenn diese Luft den Tag über verdünnet wor-
den, so dünsten die Feuchtigkeiten aus den Kräutern in
diese erwärmte Luft aus; sind sie aber des Nachts von
der Kälte verdikket worden, so ziehet sie ihr eigenes Ge-
wichte wieder nach der Erde hinab.

Da auch über dieses, wenn das Herze ruhet, die Le-
benssäfte derer Thiere ebenfalls in die Stämme der
Schlagadern (x) und der Blutadern geleitet werden (y),
so erhellet hieraus offenbar, daß das Blut der Schlag-
und Blutadern keinesweges von einigem Saugen derer
haarförmigen Schlag- und Blutäderchen die Richtung
seiner Bewegung erhalte.

§. 39.
Widerlegung der Schwingungskraft, die man
sonst den kleinen Gefässen beilegt.

Diejenigen Versuche, welche das Schwanken des
Bluts beweisen, zeigen weiter nichts, als daß ein schwa-

ches
(x) Exp. 82. 205. u. s. f.
(y) Exp. 126. 218. 226. 238. 230. 234. 236.

Viertes Buch. Das Herz.
das Blut in den kleinſten Schlagaͤderchen und Blutaͤder-
chen anhaͤufen, und ſich dem natuͤrlichen Stoſſe, kraft
deſſen das Blut aus dieſen Gefaͤschen in die Blutader-
ſtaͤmme getrieben wird, widerſezzen, auch ſolchergeſtalt
dem Umlaufe des Blutes hinderlich fallen.

Aus dieſer Urſache kann nun wol bei denen Pflanzen
eine anziehende Kraft in ihren Gefaͤſſen ſtatt haben, kei-
neswegs aber bei denen Thieren. Denn man findet an
denen Staͤmmen derer Baͤume keinen Unterſchied zwi-
ſchen Schlag- und Blutadern, ſie haben auch weder ke-
gelfoͤrmige Gefaͤſſe, noch Theile, die dichter als andere
ſind, wie denn auch keine andere Urſache die Richtung
ihrer Saͤfte beſtimmet, als die Schwere und die Waͤrme
der Luft. Wenn dieſe Luft den Tag uͤber verduͤnnet wor-
den, ſo duͤnſten die Feuchtigkeiten aus den Kraͤutern in
dieſe erwaͤrmte Luft aus; ſind ſie aber des Nachts von
der Kaͤlte verdikket worden, ſo ziehet ſie ihr eigenes Ge-
wichte wieder nach der Erde hinab.

Da auch uͤber dieſes, wenn das Herze ruhet, die Le-
bensſaͤfte derer Thiere ebenfalls in die Staͤmme der
Schlagadern (x) und der Blutadern geleitet werden (y),
ſo erhellet hieraus offenbar, daß das Blut der Schlag-
und Blutadern keinesweges von einigem Saugen derer
haarfoͤrmigen Schlag- und Blutaͤderchen die Richtung
ſeiner Bewegung erhalte.

§. 39.
Widerlegung der Schwingungskraft, die man
ſonſt den kleinen Gefaͤſſen beilegt.

Diejenigen Verſuche, welche das Schwanken des
Bluts beweiſen, zeigen weiter nichts, als daß ein ſchwa-

ches
(x) Exp. 82. 205. u. ſ. f.
(y) Exp. 126. 218. 226. 238. 230. 234. 236.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0902" n="846"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
das Blut in den klein&#x017F;ten Schlaga&#x0364;derchen und Bluta&#x0364;der-<lb/>
chen anha&#x0364;ufen, und &#x017F;ich dem natu&#x0364;rlichen Sto&#x017F;&#x017F;e, kraft<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en das Blut aus die&#x017F;en Gefa&#x0364;schen in die Blutader-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;mme getrieben wird, wider&#x017F;ezzen, auch &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
dem Umlaufe des Blutes hinderlich fallen.</p><lb/>
            <p>Aus die&#x017F;er Ur&#x017F;ache kann nun wol bei denen Pflanzen<lb/>
eine anziehende Kraft in ihren Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt haben, kei-<lb/>
neswegs aber bei denen Thieren. Denn man findet an<lb/>
denen Sta&#x0364;mmen derer Ba&#x0364;ume keinen Unter&#x017F;chied zwi-<lb/>
&#x017F;chen Schlag- und Blutadern, &#x017F;ie haben auch weder ke-<lb/>
gelfo&#x0364;rmige Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, noch Theile, die dichter als andere<lb/>
&#x017F;ind, wie denn auch keine andere Ur&#x017F;ache die Richtung<lb/>
ihrer Sa&#x0364;fte be&#x017F;timmet, als die Schwere und die Wa&#x0364;rme<lb/>
der Luft. Wenn die&#x017F;e Luft den Tag u&#x0364;ber verdu&#x0364;nnet wor-<lb/>
den, &#x017F;o du&#x0364;n&#x017F;ten die Feuchtigkeiten aus den Kra&#x0364;utern in<lb/>
die&#x017F;e erwa&#x0364;rmte Luft aus; &#x017F;ind &#x017F;ie aber des Nachts von<lb/>
der Ka&#x0364;lte verdikket worden, &#x017F;o ziehet &#x017F;ie ihr eigenes Ge-<lb/>
wichte wieder nach der Erde hinab.</p><lb/>
            <p>Da auch u&#x0364;ber die&#x017F;es, wenn das Herze ruhet, die Le-<lb/>
bens&#x017F;a&#x0364;fte derer Thiere ebenfalls in die Sta&#x0364;mme der<lb/>
Schlagadern <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 82. 205. u. &#x017F;. f.</note> und der Blutadern geleitet werden <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 126. 218. 226. 238. 230. 234. 236.</note>,<lb/>
&#x017F;o erhellet hieraus offenbar, daß das Blut der Schlag-<lb/>
und Blutadern keinesweges von einigem Saugen derer<lb/>
haarfo&#x0364;rmigen Schlag- und Bluta&#x0364;derchen die Richtung<lb/>
&#x017F;einer Bewegung erhalte.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 39.<lb/>
Widerlegung der Schwingungskraft, die man<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t den kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en beilegt.</head><lb/>
            <p>Diejenigen Ver&#x017F;uche, welche das Schwanken des<lb/>
Bluts bewei&#x017F;en, zeigen weiter nichts, als daß ein &#x017F;chwa-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ches</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[846/0902] Viertes Buch. Das Herz. das Blut in den kleinſten Schlagaͤderchen und Blutaͤder- chen anhaͤufen, und ſich dem natuͤrlichen Stoſſe, kraft deſſen das Blut aus dieſen Gefaͤschen in die Blutader- ſtaͤmme getrieben wird, widerſezzen, auch ſolchergeſtalt dem Umlaufe des Blutes hinderlich fallen. Aus dieſer Urſache kann nun wol bei denen Pflanzen eine anziehende Kraft in ihren Gefaͤſſen ſtatt haben, kei- neswegs aber bei denen Thieren. Denn man findet an denen Staͤmmen derer Baͤume keinen Unterſchied zwi- ſchen Schlag- und Blutadern, ſie haben auch weder ke- gelfoͤrmige Gefaͤſſe, noch Theile, die dichter als andere ſind, wie denn auch keine andere Urſache die Richtung ihrer Saͤfte beſtimmet, als die Schwere und die Waͤrme der Luft. Wenn dieſe Luft den Tag uͤber verduͤnnet wor- den, ſo duͤnſten die Feuchtigkeiten aus den Kraͤutern in dieſe erwaͤrmte Luft aus; ſind ſie aber des Nachts von der Kaͤlte verdikket worden, ſo ziehet ſie ihr eigenes Ge- wichte wieder nach der Erde hinab. Da auch uͤber dieſes, wenn das Herze ruhet, die Le- bensſaͤfte derer Thiere ebenfalls in die Staͤmme der Schlagadern (x) und der Blutadern geleitet werden (y), ſo erhellet hieraus offenbar, daß das Blut der Schlag- und Blutadern keinesweges von einigem Saugen derer haarfoͤrmigen Schlag- und Blutaͤderchen die Richtung ſeiner Bewegung erhalte. §. 39. Widerlegung der Schwingungskraft, die man ſonſt den kleinen Gefaͤſſen beilegt. Diejenigen Verſuche, welche das Schwanken des Bluts beweiſen, zeigen weiter nichts, als daß ein ſchwa- ches (x) Exp. 82. 205. u. ſ. f. (y) Exp. 126. 218. 226. 238. 230. 234. 236.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/902
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/902>, abgerufen am 23.11.2024.