Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
gen Herzschlage erweitert, sie ändern die Gestalt ihrer
Biegungen, und nehmen eine grössere Länge an. Mit
was für Schwierigkeiten dieses geschehe, erfahren diejeni-
gen, welche sich die Mühe geben, an todten Körpern die
Gefässe auszusprizzen. Es werden dadurch nicht nur die
Schlagadern angefüllet, sondern auch sogar nicht selten
durch die blosse Kraft des Herzens zerrissen (l), die Blut-
adern (m) bersten von dem bereits geschwächten Antriebe
des Herzens, und es wird endlich die Aorte so stark aus-
gedehnt, daß das klopfende Herz die Ribben auswärts
herauspresset (n), und zuweilen gar zerbricht (o). Fer-
ner meldet man auch, daß in Schlagadergeschwülsten
einer grossen Schlagader die Ribben aus ihrer Stelle ver-
rükt (p) und zerbrochen (q) worden, daß das Brustbein
durchlöchert (r), und eins von denen Schlüsselbeinen zer-
brochen, das andere verrenkt worden (s). Ein ausein-
ander gedrengtes Herzohr hatte auch die Ribben entzwei
gebrochen (t).

Ferner werden die zweihundert Pfunde, welche das
Gewichte des menschlichen Körpers ausmachen, in der
That durch eine jede Pulsirung der Schlagadern nach
allen Seiten empor gehoben. Man findet selten Men-
schen, welche Gewichte dergestalt fest mit der Hand hal-
ten können, daß sie nicht bei jedem Pulsschlage etwas
erhoben werden, und in der nächsten Zusammenziehung
der Schlagader niedersinken sollten. Denn es werden
alle Theile des ganzen Körpers in eben dem Augenblikke

nach
(l) [Spaltenumbruch] Jm 5ten Buche.
(m) L. II. S. 129. u. f.
(n) R. de graaf de succo pan-
creatico
S. 87.
(o) Waldschmid in Disp. de
Fractura absque causa externa.
(p) Anton de heyde Centur.
obs. n.
34.
(q) Angelus victorivs in der
Geschichte von der Krankheit, und
[Spaltenumbruch] dem Tode Philipp Neri. Daß
dieses sich oft eräugne, bezeugt
Fernelius, Patholog. L. V. c. 12.
(r) Fischer de modo, quo se
ossa accomodant
u. s. f. S. 32.
(s) Henr. Franc. le dran Obs.
de chirurg.
40.
(t) manne in Obs. post dioni-
sii
Cours de chirurgie.

Viertes Buch. Das Herz.
gen Herzſchlage erweitert, ſie aͤndern die Geſtalt ihrer
Biegungen, und nehmen eine groͤſſere Laͤnge an. Mit
was fuͤr Schwierigkeiten dieſes geſchehe, erfahren diejeni-
gen, welche ſich die Muͤhe geben, an todten Koͤrpern die
Gefaͤſſe auszuſprizzen. Es werden dadurch nicht nur die
Schlagadern angefuͤllet, ſondern auch ſogar nicht ſelten
durch die bloſſe Kraft des Herzens zerriſſen (l), die Blut-
adern (m) berſten von dem bereits geſchwaͤchten Antriebe
des Herzens, und es wird endlich die Aorte ſo ſtark aus-
gedehnt, daß das klopfende Herz die Ribben auswaͤrts
herauspreſſet (n), und zuweilen gar zerbricht (o). Fer-
ner meldet man auch, daß in Schlagadergeſchwuͤlſten
einer groſſen Schlagader die Ribben aus ihrer Stelle ver-
ruͤkt (p) und zerbrochen (q) worden, daß das Bruſtbein
durchloͤchert (r), und eins von denen Schluͤſſelbeinen zer-
brochen, das andere verrenkt worden (s). Ein ausein-
ander gedrengtes Herzohr hatte auch die Ribben entzwei
gebrochen (t).

Ferner werden die zweihundert Pfunde, welche das
Gewichte des menſchlichen Koͤrpers ausmachen, in der
That durch eine jede Pulſirung der Schlagadern nach
allen Seiten empor gehoben. Man findet ſelten Men-
ſchen, welche Gewichte dergeſtalt feſt mit der Hand hal-
ten koͤnnen, daß ſie nicht bei jedem Pulsſchlage etwas
erhoben werden, und in der naͤchſten Zuſammenziehung
der Schlagader niederſinken ſollten. Denn es werden
alle Theile des ganzen Koͤrpers in eben dem Augenblikke

nach
(l) [Spaltenumbruch] Jm 5ten Buche.
(m) L. II. S. 129. u. f.
(n) R. de graaf de ſucco pan-
creatico
S. 87.
(o) Waldſchmid in Diſp. de
Fractura absque cauſa externa.
(p) Anton de heyde Centur.
obſ. n.
34.
(q) Angelus victorivs in der
Geſchichte von der Krankheit, und
[Spaltenumbruch] dem Tode Philipp Neri. Daß
dieſes ſich oft eraͤugne, bezeugt
Fernelius, Patholog. L. V. c. 12.
(r) Fiſcher de modo, quo ſe
oſſa accomodant
u. ſ. f. S. 32.
(s) Henr. Franc. le dran Obſ.
de chirurg.
40.
(t) manne in Obſ. poſt dioni-
sii
Cours de chirurgie.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0932" n="876"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
gen Herz&#x017F;chlage erweitert, &#x017F;ie a&#x0364;ndern die Ge&#x017F;talt ihrer<lb/>
Biegungen, und nehmen eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere La&#x0364;nge an. Mit<lb/>
was fu&#x0364;r Schwierigkeiten die&#x017F;es ge&#x017F;chehe, erfahren diejeni-<lb/>
gen, welche &#x017F;ich die Mu&#x0364;he geben, an todten Ko&#x0364;rpern die<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e auszu&#x017F;prizzen. Es werden dadurch nicht nur die<lb/>
Schlagadern angefu&#x0364;llet, &#x017F;ondern auch &#x017F;ogar nicht &#x017F;elten<lb/>
durch die blo&#x017F;&#x017F;e Kraft des Herzens zerri&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(l)"><cb/>
Jm 5ten Buche.</note>, die Blut-<lb/>
adern <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">L. II.</hi> S. 129. u. f.</note> ber&#x017F;ten von dem bereits ge&#x017F;chwa&#x0364;chten Antriebe<lb/>
des Herzens, und es wird endlich die Aorte &#x017F;o &#x017F;tark aus-<lb/>
gedehnt, daß das klopfende Herz die Ribben auswa&#x0364;rts<lb/>
herauspre&#x017F;&#x017F;et <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">R. de <hi rendition="#k">graaf</hi> de &#x017F;ucco pan-<lb/>
creatico</hi> S. 87.</note>, und zuweilen gar zerbricht <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#fr">Wald&#x017F;chmid</hi><hi rendition="#aq">in Di&#x017F;p. de<lb/>
Fractura absque cau&#x017F;a externa.</hi></note>. Fer-<lb/>
ner meldet man auch, daß in Schlagaderge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;ten<lb/>
einer gro&#x017F;&#x017F;en Schlagader die Ribben aus ihrer Stelle ver-<lb/>
ru&#x0364;kt <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">Anton de <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">heyde</hi></hi> Centur.<lb/>
ob&#x017F;. n.</hi> 34.</note> und zerbrochen <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Angelus <hi rendition="#k">victorivs</hi></hi> in der<lb/>
Ge&#x017F;chichte von der Krankheit, und<lb/><cb/>
dem Tode Philipp <hi rendition="#fr">Neri.</hi> Daß<lb/>
die&#x017F;es &#x017F;ich oft era&#x0364;ugne, bezeugt<lb/><hi rendition="#fr">Fernelius,</hi> <hi rendition="#aq">Patholog. L. V. c.</hi> 12.</note> worden, daß das Bru&#x017F;tbein<lb/>
durchlo&#x0364;chert <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#fr">Fi&#x017F;cher</hi><hi rendition="#aq">de modo, quo &#x017F;e<lb/>
o&#x017F;&#x017F;a accomodant</hi> u. &#x017F;. f. S. 32.</note>, und eins von denen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elbeinen zer-<lb/>
brochen, das andere verrenkt worden <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">Henr. Franc. le <hi rendition="#k">dran</hi> Ob&#x017F;.<lb/>
de chirurg.</hi> 40.</note>. Ein ausein-<lb/>
ander gedrengtes Herzohr hatte auch die Ribben entzwei<lb/>
gebrochen <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">manne</hi> in Ob&#x017F;. po&#x017F;t <hi rendition="#k">dioni-<lb/>
sii</hi> Cours de chirurgie.</hi></note>.</p><lb/>
            <p>Ferner werden die zweihundert Pfunde, welche das<lb/>
Gewichte des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers ausmachen, in der<lb/>
That durch eine jede Pul&#x017F;irung der Schlagadern nach<lb/>
allen Seiten empor gehoben. Man findet &#x017F;elten Men-<lb/>
&#x017F;chen, welche Gewichte derge&#x017F;talt fe&#x017F;t mit der Hand hal-<lb/>
ten ko&#x0364;nnen, daß &#x017F;ie nicht bei jedem Puls&#x017F;chlage etwas<lb/>
erhoben werden, und in der na&#x0364;ch&#x017F;ten Zu&#x017F;ammenziehung<lb/>
der Schlagader nieder&#x017F;inken &#x017F;ollten. Denn es werden<lb/>
alle Theile des ganzen Ko&#x0364;rpers in eben dem Augenblikke<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nach</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[876/0932] Viertes Buch. Das Herz. gen Herzſchlage erweitert, ſie aͤndern die Geſtalt ihrer Biegungen, und nehmen eine groͤſſere Laͤnge an. Mit was fuͤr Schwierigkeiten dieſes geſchehe, erfahren diejeni- gen, welche ſich die Muͤhe geben, an todten Koͤrpern die Gefaͤſſe auszuſprizzen. Es werden dadurch nicht nur die Schlagadern angefuͤllet, ſondern auch ſogar nicht ſelten durch die bloſſe Kraft des Herzens zerriſſen (l), die Blut- adern (m) berſten von dem bereits geſchwaͤchten Antriebe des Herzens, und es wird endlich die Aorte ſo ſtark aus- gedehnt, daß das klopfende Herz die Ribben auswaͤrts herauspreſſet (n), und zuweilen gar zerbricht (o). Fer- ner meldet man auch, daß in Schlagadergeſchwuͤlſten einer groſſen Schlagader die Ribben aus ihrer Stelle ver- ruͤkt (p) und zerbrochen (q) worden, daß das Bruſtbein durchloͤchert (r), und eins von denen Schluͤſſelbeinen zer- brochen, das andere verrenkt worden (s). Ein ausein- ander gedrengtes Herzohr hatte auch die Ribben entzwei gebrochen (t). Ferner werden die zweihundert Pfunde, welche das Gewichte des menſchlichen Koͤrpers ausmachen, in der That durch eine jede Pulſirung der Schlagadern nach allen Seiten empor gehoben. Man findet ſelten Men- ſchen, welche Gewichte dergeſtalt feſt mit der Hand hal- ten koͤnnen, daß ſie nicht bei jedem Pulsſchlage etwas erhoben werden, und in der naͤchſten Zuſammenziehung der Schlagader niederſinken ſollten. Denn es werden alle Theile des ganzen Koͤrpers in eben dem Augenblikke nach (l) Jm 5ten Buche. (m) L. II. S. 129. u. f. (n) R. de graaf de ſucco pan- creatico S. 87. (o) Waldſchmid in Diſp. de Fractura absque cauſa externa. (p) Anton de heyde Centur. obſ. n. 34. (q) Angelus victorivs in der Geſchichte von der Krankheit, und dem Tode Philipp Neri. Daß dieſes ſich oft eraͤugne, bezeugt Fernelius, Patholog. L. V. c. 12. (r) Fiſcher de modo, quo ſe oſſa accomodant u. ſ. f. S. 32. (s) Henr. Franc. le dran Obſ. de chirurg. 40. (t) manne in Obſ. poſt dioni- sii Cours de chirurgie.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/932
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/932>, abgerufen am 23.11.2024.