Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch. Das Herz.
§. 2.
Die Fasern bekommen ihre Bewegung von de-
nen Nerven.

Da das Herz in der That ein Muskel ist (o), so schei-
net dasselbe auch mit den übrigen Muskeln einerlei ge-
meinschaftliche Natur zu haben, also daß es eine ihm ei-
gene Kraft sich zusammenzuziehen (p), und ausser dem
noch eine andere besizzet, welche von den Nerven dazu
kommt. Denn es haben die Versuche bei allen Mus-
keln bestätiget, daß, wenn ein Nerve an einem Muskel
gereizet wird, dieser Muskel sehr heftig und schnell zu-
sammengezogen werde (q), welches man sein Verzuk-
ken
nennet: unterbinde man aber den Nerven, so ver-
liere er alle Kraft (r), mit der zuvor das Glied beweget
ward. Es sind aber die fleißigen Zerleger nicht bei die-
ser blossen Analogie allein stehen geblieben, sondern man
hat sogar am Herzen selbst Versuche gemacht, um zu zei-
gen, daß auch dieser Muskel, der unter allen der vor-
nehmste ist, seine Kraft den Nerven zu danken habe.
Die mehresten haben zu ihren Versuchen das achte Ner-
venpaar gewählt; ohne Zweifel, weil nicht nur von die-
sem Paare einige Nerven des menschlichen Herzens ihren
Ursprung haben (s), sondern auch die übrigen von dem
sympathischen grossen (Jntercostal) Stamme herfürkom-
mende Aeste, von den alten Zergliederern, und vornäm-
lich von dem Fallopius (t), zu dem achten Nervenpaar
mit gezogen werden. Sie haben daher diesen Nerven
an lebendigen Thieren gebunden, zerschnitten, und davon

das
(o) [Spaltenumbruch] Jm 3ten Abschn. 4. Buch
§. 19.
(p) Second Memoire sur les par-
ties irrit. & sensibl. Exp.
226. bis
248.
(q) Ebendas. Exp. 193 bis 209.
(r) [Spaltenumbruch] Exp. 171. 178. 179. 180. 183.
187. 189. 190. 191. 192.
(s) Jm 3ten Abschn. n. 5.
(t) Man sehe, was ich dieses
Jrthums wegen erinnert habe, de
vera nervi intercostalis origine.
n.
4.
Viertes Buch. Das Herz.
§. 2.
Die Faſern bekommen ihre Bewegung von de-
nen Nerven.

Da das Herz in der That ein Muskel iſt (o), ſo ſchei-
net daſſelbe auch mit den uͤbrigen Muskeln einerlei ge-
meinſchaftliche Natur zu haben, alſo daß es eine ihm ei-
gene Kraft ſich zuſammenzuziehen (p), und auſſer dem
noch eine andere beſizzet, welche von den Nerven dazu
kommt. Denn es haben die Verſuche bei allen Mus-
keln beſtaͤtiget, daß, wenn ein Nerve an einem Muskel
gereizet wird, dieſer Muskel ſehr heftig und ſchnell zu-
ſammengezogen werde (q), welches man ſein Verzuk-
ken
nennet: unterbinde man aber den Nerven, ſo ver-
liere er alle Kraft (r), mit der zuvor das Glied beweget
ward. Es ſind aber die fleißigen Zerleger nicht bei die-
ſer bloſſen Analogie allein ſtehen geblieben, ſondern man
hat ſogar am Herzen ſelbſt Verſuche gemacht, um zu zei-
gen, daß auch dieſer Muskel, der unter allen der vor-
nehmſte iſt, ſeine Kraft den Nerven zu danken habe.
Die mehreſten haben zu ihren Verſuchen das achte Ner-
venpaar gewaͤhlt; ohne Zweifel, weil nicht nur von die-
ſem Paare einige Nerven des menſchlichen Herzens ihren
Urſprung haben (s), ſondern auch die uͤbrigen von dem
ſympathiſchen groſſen (Jntercoſtal) Stamme herfuͤrkom-
mende Aeſte, von den alten Zergliederern, und vornaͤm-
lich von dem Fallopius (t), zu dem achten Nervenpaar
mit gezogen werden. Sie haben daher dieſen Nerven
an lebendigen Thieren gebunden, zerſchnitten, und davon

das
(o) [Spaltenumbruch] Jm 3ten Abſchn. 4. Buch
§. 19.
(p) Second Memoire ſur les par-
ties irrit. & ſenſibl. Exp.
226. bis
248.
(q) Ebendaſ. Exp. 193 bis 209.
(r) [Spaltenumbruch] Exp. 171. 178. 179. 180. 183.
187. 189. 190. 191. 192.
(s) Jm 3ten Abſchn. n. 5.
(t) Man ſehe, was ich dieſes
Jrthums wegen erinnert habe, de
vera nervi intercoſtalis origine.
n.
4.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0938" n="882"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.<lb/>
Die Fa&#x017F;ern bekommen ihre Bewegung von de-<lb/>
nen Nerven.</head><lb/>
            <p>Da das Herz in der That ein Muskel i&#x017F;t <note place="foot" n="(o)"><cb/>
Jm 3ten Ab&#x017F;chn. 4. Buch<lb/>
§. 19.</note>, &#x017F;o &#x017F;chei-<lb/>
net da&#x017F;&#x017F;elbe auch mit den u&#x0364;brigen Muskeln einerlei ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftliche Natur zu haben, al&#x017F;o daß es eine ihm ei-<lb/>
gene Kraft &#x017F;ich zu&#x017F;ammenzuziehen <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">Second Memoire &#x017F;ur les par-<lb/>
ties irrit. &amp; &#x017F;en&#x017F;ibl. Exp.</hi> 226. bis<lb/>
248.</note>, und au&#x017F;&#x017F;er dem<lb/>
noch eine andere be&#x017F;izzet, welche von den Nerven dazu<lb/>
kommt. Denn es haben die Ver&#x017F;uche bei allen Mus-<lb/>
keln be&#x017F;ta&#x0364;tiget, daß, wenn ein Nerve an einem Muskel<lb/>
gereizet wird, die&#x017F;er Muskel &#x017F;ehr heftig und &#x017F;chnell zu-<lb/>
&#x017F;ammengezogen werde <note place="foot" n="(q)">Ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq">Exp.</hi> 193 bis 209.</note>, welches man &#x017F;ein <hi rendition="#fr">Verzuk-<lb/>
ken</hi> nennet: unterbinde man aber den Nerven, &#x017F;o ver-<lb/>
liere er alle Kraft <note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 171. 178. 179. 180. 183.<lb/>
187. 189. 190. 191. 192.</note>, mit der zuvor das Glied beweget<lb/>
ward. Es &#x017F;ind aber die fleißigen Zerleger nicht bei die-<lb/>
&#x017F;er blo&#x017F;&#x017F;en Analogie allein &#x017F;tehen geblieben, &#x017F;ondern man<lb/>
hat &#x017F;ogar am Herzen &#x017F;elb&#x017F;t Ver&#x017F;uche gemacht, um zu zei-<lb/>
gen, daß auch die&#x017F;er Muskel, der unter allen der vor-<lb/>
nehm&#x017F;te i&#x017F;t, &#x017F;eine Kraft den Nerven zu danken habe.<lb/>
Die mehre&#x017F;ten haben zu ihren Ver&#x017F;uchen das achte Ner-<lb/>
venpaar gewa&#x0364;hlt; ohne Zweifel, weil nicht nur von die-<lb/>
&#x017F;em Paare einige Nerven des men&#x017F;chlichen Herzens ihren<lb/>
Ur&#x017F;prung haben <note place="foot" n="(s)">Jm 3ten Ab&#x017F;chn. <hi rendition="#aq">n.</hi> 5.</note>, &#x017F;ondern auch die u&#x0364;brigen von dem<lb/>
&#x017F;ympathi&#x017F;chen gro&#x017F;&#x017F;en (Jnterco&#x017F;tal) Stamme herfu&#x0364;rkom-<lb/>
mende Ae&#x017F;te, von den alten Zergliederern, und vorna&#x0364;m-<lb/>
lich von dem <hi rendition="#fr">Fallopius</hi> <note place="foot" n="(t)">Man &#x017F;ehe, was ich die&#x017F;es<lb/>
Jrthums wegen erinnert habe, <hi rendition="#aq">de<lb/>
vera nervi interco&#x017F;talis origine.<lb/>
n.</hi> 4.</note>, zu dem achten Nervenpaar<lb/>
mit gezogen werden. Sie haben daher die&#x017F;en Nerven<lb/>
an lebendigen Thieren gebunden, zer&#x017F;chnitten, und davon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[882/0938] Viertes Buch. Das Herz. §. 2. Die Faſern bekommen ihre Bewegung von de- nen Nerven. Da das Herz in der That ein Muskel iſt (o), ſo ſchei- net daſſelbe auch mit den uͤbrigen Muskeln einerlei ge- meinſchaftliche Natur zu haben, alſo daß es eine ihm ei- gene Kraft ſich zuſammenzuziehen (p), und auſſer dem noch eine andere beſizzet, welche von den Nerven dazu kommt. Denn es haben die Verſuche bei allen Mus- keln beſtaͤtiget, daß, wenn ein Nerve an einem Muskel gereizet wird, dieſer Muskel ſehr heftig und ſchnell zu- ſammengezogen werde (q), welches man ſein Verzuk- ken nennet: unterbinde man aber den Nerven, ſo ver- liere er alle Kraft (r), mit der zuvor das Glied beweget ward. Es ſind aber die fleißigen Zerleger nicht bei die- ſer bloſſen Analogie allein ſtehen geblieben, ſondern man hat ſogar am Herzen ſelbſt Verſuche gemacht, um zu zei- gen, daß auch dieſer Muskel, der unter allen der vor- nehmſte iſt, ſeine Kraft den Nerven zu danken habe. Die mehreſten haben zu ihren Verſuchen das achte Ner- venpaar gewaͤhlt; ohne Zweifel, weil nicht nur von die- ſem Paare einige Nerven des menſchlichen Herzens ihren Urſprung haben (s), ſondern auch die uͤbrigen von dem ſympathiſchen groſſen (Jntercoſtal) Stamme herfuͤrkom- mende Aeſte, von den alten Zergliederern, und vornaͤm- lich von dem Fallopius (t), zu dem achten Nervenpaar mit gezogen werden. Sie haben daher dieſen Nerven an lebendigen Thieren gebunden, zerſchnitten, und davon das (o) Jm 3ten Abſchn. 4. Buch §. 19. (p) Second Memoire ſur les par- ties irrit. & ſenſibl. Exp. 226. bis 248. (q) Ebendaſ. Exp. 193 bis 209. (r) Exp. 171. 178. 179. 180. 183. 187. 189. 190. 191. 192. (s) Jm 3ten Abſchn. n. 5. (t) Man ſehe, was ich dieſes Jrthums wegen erinnert habe, de vera nervi intercoſtalis origine. n. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/938
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/938>, abgerufen am 23.11.2024.