kel fortsezt: daß es beständig die auf einander folgende Abwechselung der Zusammenziehung und Erweiterung beobachtet: daß es unter dem Schlafe, bei dem Schlag- fluß, und in ertrunkenen, oder mit dem Strange erwürg- ten in dieser Abwechselung beharret, wenn das Thier kein Zeichen der Empfindung, oder einiger andern Bewegung mehr von sich gibt, nämlich etliche Stunden nach dem scheinbaren Tode. Wenn man diese Ursache entdekken solte, so möchte sie, allem Ansehen nach, uns auch wohl erklären, warum das Herz alle übrige Muskeln so gar weit, in Ansehung der Kraft, übertreffe.
§. 7. Ob ein angebornes Feuer die Bewegung im Her- zen hervorbringe.
Wir wollen die schon längst veraltete Meinung, daß ein angebornes Feuer seinen Siz im Herzen habe (h), und daß dasselbe unsichtbar sey, weil die zarte Flamme sogleich augenbliklich verlösche, so bald man das Thier eröfnete, anjezo nur mit wenigen berühren (i). Man gab nämlich vor, es würde von diesem Feuer der Tropfen Blut, welcher aus dem rechten Herzohre in die Kam- mer herabsiele, verdünnet (k), daß er wie ein Schaum, der aus siedendem Wasser aufgetrieben wird, in die offe- ne Schlagader hineindringe: solchergestalt fiele in das ledige Herz ein zweiter Blutstropfen, der gleichfalls dar- innen aufwalle, und ausgedehnt werde, mithin entstün- de also der Herzschlag von dem angebornen Feuer und von dem Blute. Es wird aber diese Hipothese durch die Natur der Wärme sogleich widerlegt, welche, als ein
flüch-
(h)[Spaltenumbruch]hipfocr. de diaeta L. I.
(i)ent. Apolog. S. 204.
(k)cartesivs de format. fetus S. 236. de homine c. 5. Schuyls [Spaltenumbruch]
Ausgabe. ent. Apolog. S. 93. H. regivs Theod. craanen, dar- tigvelongve Apograph. S. 47. u. f.
Viertes Buch. Das Herz.
kel fortſezt: daß es beſtaͤndig die auf einander folgende Abwechſelung der Zuſammenziehung und Erweiterung beobachtet: daß es unter dem Schlafe, bei dem Schlag- fluß, und in ertrunkenen, oder mit dem Strange erwuͤrg- ten in dieſer Abwechſelung beharret, wenn das Thier kein Zeichen der Empfindung, oder einiger andern Bewegung mehr von ſich gibt, naͤmlich etliche Stunden nach dem ſcheinbaren Tode. Wenn man dieſe Urſache entdekken ſolte, ſo moͤchte ſie, allem Anſehen nach, uns auch wohl erklaͤren, warum das Herz alle uͤbrige Muskeln ſo gar weit, in Anſehung der Kraft, uͤbertreffe.
§. 7. Ob ein angebornes Feuer die Bewegung im Her- zen hervorbringe.
Wir wollen die ſchon laͤngſt veraltete Meinung, daß ein angebornes Feuer ſeinen Siz im Herzen habe (h), und daß daſſelbe unſichtbar ſey, weil die zarte Flamme ſogleich augenbliklich verloͤſche, ſo bald man das Thier eroͤfnete, anjezo nur mit wenigen beruͤhren (i). Man gab naͤmlich vor, es wuͤrde von dieſem Feuer der Tropfen Blut, welcher aus dem rechten Herzohre in die Kam- mer herabſiele, verduͤnnet (k), daß er wie ein Schaum, der aus ſiedendem Waſſer aufgetrieben wird, in die offe- ne Schlagader hineindringe: ſolchergeſtalt fiele in das ledige Herz ein zweiter Blutstropfen, der gleichfalls dar- innen aufwalle, und ausgedehnt werde, mithin entſtuͤn- de alſo der Herzſchlag von dem angebornen Feuer und von dem Blute. Es wird aber dieſe Hipotheſe durch die Natur der Waͤrme ſogleich widerlegt, welche, als ein
fluͤch-
(h)[Spaltenumbruch]hipfocr. de diæta L. I.
(i)ent. Apolog. S. 204.
(k)cartesivs de format. fetus S. 236. de homine c. 5. Schuyls [Spaltenumbruch]
Ausgabe. ent. Apolog. S. 93. H. regivs Theod. craanen, dar- tigvelongve Apograph. S. 47. u. f.
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Viertes Buch. Das Herz.
kel fortſezt: daß es beſtaͤndig die auf einander folgende
Abwechſelung der Zuſammenziehung und Erweiterung
beobachtet: daß es unter dem Schlafe, bei dem Schlag-
fluß, und in ertrunkenen, oder mit dem Strange erwuͤrg-
ten in dieſer Abwechſelung beharret, wenn das Thier kein
Zeichen der Empfindung, oder einiger andern Bewegung
mehr von ſich gibt, naͤmlich etliche Stunden nach dem
ſcheinbaren Tode. Wenn man dieſe Urſache entdekken
ſolte, ſo moͤchte ſie, allem Anſehen nach, uns auch wohl
erklaͤren, warum das Herz alle uͤbrige Muskeln ſo gar
weit, in Anſehung der Kraft, uͤbertreffe.
§. 7.
Ob ein angebornes Feuer die Bewegung im Her-
zen hervorbringe.
Wir wollen die ſchon laͤngſt veraltete Meinung, daß
ein angebornes Feuer ſeinen Siz im Herzen habe (h),
und daß daſſelbe unſichtbar ſey, weil die zarte Flamme
ſogleich augenbliklich verloͤſche, ſo bald man das Thier
eroͤfnete, anjezo nur mit wenigen beruͤhren (i). Man
gab naͤmlich vor, es wuͤrde von dieſem Feuer der Tropfen
Blut, welcher aus dem rechten Herzohre in die Kam-
mer herabſiele, verduͤnnet (k), daß er wie ein Schaum,
der aus ſiedendem Waſſer aufgetrieben wird, in die offe-
ne Schlagader hineindringe: ſolchergeſtalt fiele in das
ledige Herz ein zweiter Blutstropfen, der gleichfalls dar-
innen aufwalle, und ausgedehnt werde, mithin entſtuͤn-
de alſo der Herzſchlag von dem angebornen Feuer und
von dem Blute. Es wird aber dieſe Hipotheſe durch die
Natur der Waͤrme ſogleich widerlegt, welche, als ein
fluͤch-
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hipfocr. de diæta L. I.
(i) ent. Apolog. S. 204.
(k) cartesivs de format. fetus
S. 236. de homine c. 5. Schuyls
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H. regivs Theod. craanen, dar-
tigvelongve Apograph. S. 47.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 904. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/960>, abgerufen am 22.11.2024.
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