flüchtiger Gast im Herzen, durch keine Schranken würde können zurükgehalten werden, sondern sich überall in demselben herumziehen und endlich völlig verschwinden möchte; wie denn auch derselben theils der Austritt des Blutes aus dem Herzen, welcher unter der Zusammen- ziehung desselben erfolget, da die Kammern vollkommen verengert worden; theils auch die sehr lebhafte Beschaf- fenheit derer Herzen bei kalten Thieren, und sehr viele an- dere Gründe mehr, offenbar entgegen stehen.
Eben so kurz soll auch die Theorie des Sylvius, ei- nes sonst ganz berühmten Mannes, der sich aber allzu sehr an die Aufwallung hielt, und daraus alle Bewegungen derer Thiere zu erklären pflegte, anjezo widerlegt werden. Er behauptete nämlich, daß von dem alten zurükbleiben- den laugenhaft gewordenen Blute, und dem sauren Spei- sesafte, ingleichen dem sauren Flieswasser der Gekrösedrü- se, ein Aufbrausen im Herzen (l) erfolge, welches die Ur- sache der Bewegung in dem edelsten Werkzeuge wäre. Es hat aber mein verehrungswürdiger Lehrer(m) schon vorlängst dieses Aufbrausen ausführlich widerlegt, indem weder die Galle laugenhaft, noch das Flieswasser sauer ist, über dieses auch nicht allein beide, wenn sie mit ein- ander vermischet werden, gar nicht aufwallen, sondern auch niemals im Herzen zusammen vermengt werden.
§. 8. Ob es besondere Nerven gebe, die zum Leben de- rer Thiere erfordert werden.
Das System des Willisius(n) war schon viel sub- tiler eingerichtet, und erhielt daher auch einen viel grös- sern und länger daurenden Beifall. Er leitete das Schla-
gen
(l)[Spaltenumbruch]Dissert. VIII. n. 63. Diss. X. n. 58.
(m)[Spaltenumbruch]Instit. rei medic. in Cap. de circulat. sanguinis.
(n)Cerebri anatom. c. 15.
L l l 5
Urſachen des Herzſchlages.
fluͤchtiger Gaſt im Herzen, durch keine Schranken wuͤrde koͤnnen zuruͤkgehalten werden, ſondern ſich uͤberall in demſelben herumziehen und endlich voͤllig verſchwinden moͤchte; wie denn auch derſelben theils der Austritt des Blutes aus dem Herzen, welcher unter der Zuſammen- ziehung deſſelben erfolget, da die Kammern vollkommen verengert worden; theils auch die ſehr lebhafte Beſchaf- fenheit derer Herzen bei kalten Thieren, und ſehr viele an- dere Gruͤnde mehr, offenbar entgegen ſtehen.
Eben ſo kurz ſoll auch die Theorie des Sylvius, ei- nes ſonſt ganz beruͤhmten Mannes, der ſich aber allzu ſehr an die Aufwallung hielt, und daraus alle Bewegungen derer Thiere zu erklaͤren pflegte, anjezo widerlegt werden. Er behauptete naͤmlich, daß von dem alten zuruͤkbleiben- den laugenhaft gewordenen Blute, und dem ſauren Spei- ſeſafte, ingleichen dem ſauren Flieswaſſer der Gekroͤſedruͤ- ſe, ein Aufbrauſen im Herzen (l) erfolge, welches die Ur- ſache der Bewegung in dem edelſten Werkzeuge waͤre. Es hat aber mein verehrungswuͤrdiger Lehrer(m) ſchon vorlaͤngſt dieſes Aufbrauſen ausfuͤhrlich widerlegt, indem weder die Galle laugenhaft, noch das Flieswaſſer ſauer iſt, uͤber dieſes auch nicht allein beide, wenn ſie mit ein- ander vermiſchet werden, gar nicht aufwallen, ſondern auch niemals im Herzen zuſammen vermengt werden.
§. 8. Ob es beſondere Nerven gebe, die zum Leben de- rer Thiere erfordert werden.
Das Syſtem des Williſius(n) war ſchon viel ſub- tiler eingerichtet, und erhielt daher auch einen viel groͤſ- ſern und laͤnger daurenden Beifall. Er leitete das Schla-
gen
(l)[Spaltenumbruch]Diſſert. VIII. n. 63. Diſſ. X. n. 58.
(m)[Spaltenumbruch]Inſtit. rei medic. in Cap. de circulat. ſanguinis.
(n)Cerebri anatom. c. 15.
L l l 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0961"n="905"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Urſachen des Herzſchlages.</hi></fw><lb/>
fluͤchtiger Gaſt im Herzen, durch keine Schranken wuͤrde<lb/>
koͤnnen zuruͤkgehalten werden, ſondern ſich uͤberall in<lb/>
demſelben herumziehen und endlich voͤllig verſchwinden<lb/>
moͤchte; wie denn auch derſelben theils der Austritt des<lb/>
Blutes aus dem Herzen, welcher unter der Zuſammen-<lb/>
ziehung deſſelben erfolget, da die Kammern vollkommen<lb/>
verengert worden; theils auch die ſehr lebhafte Beſchaf-<lb/>
fenheit derer Herzen bei kalten Thieren, und ſehr viele an-<lb/>
dere Gruͤnde mehr, offenbar entgegen ſtehen.</p><lb/><p>Eben ſo kurz ſoll auch die Theorie des <hirendition="#fr">Sylvius,</hi> ei-<lb/>
nes ſonſt ganz beruͤhmten Mannes, der ſich aber allzu<lb/>ſehr an die Aufwallung hielt, und daraus alle Bewegungen<lb/>
derer Thiere zu erklaͤren pflegte, anjezo widerlegt werden.<lb/>
Er behauptete naͤmlich, daß von dem alten zuruͤkbleiben-<lb/>
den laugenhaft gewordenen Blute, und dem ſauren Spei-<lb/>ſeſafte, ingleichen dem ſauren Flieswaſſer der Gekroͤſedruͤ-<lb/>ſe, ein Aufbrauſen im Herzen <noteplace="foot"n="(l)"><cb/><hirendition="#aq">Diſſert. VIII. n. 63. Diſſ. X.<lb/>
n.</hi> 58.</note> erfolge, welches die Ur-<lb/>ſache der Bewegung in dem edelſten Werkzeuge waͤre.<lb/>
Es hat aber mein verehrungswuͤrdiger <hirendition="#fr">Lehrer</hi><noteplace="foot"n="(m)"><cb/><hirendition="#aq">Inſtit. rei medic. in Cap.<lb/>
de circulat. ſanguinis.</hi></note>ſchon<lb/>
vorlaͤngſt dieſes Aufbrauſen ausfuͤhrlich widerlegt, indem<lb/>
weder die Galle laugenhaft, noch das Flieswaſſer ſauer<lb/>
iſt, uͤber dieſes auch nicht allein beide, wenn ſie mit ein-<lb/>
ander vermiſchet werden, gar nicht aufwallen, ſondern<lb/>
auch niemals im Herzen zuſammen vermengt werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 8.<lb/>
Ob es beſondere Nerven gebe, die zum Leben de-<lb/>
rer Thiere erfordert werden.</head><lb/><p>Das Syſtem des <hirendition="#fr">Williſius</hi><noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">Cerebri anatom. c.</hi> 15.</note> war ſchon viel ſub-<lb/>
tiler eingerichtet, und erhielt daher auch einen viel groͤſ-<lb/>ſern und laͤnger daurenden Beifall. Er leitete das Schla-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l l 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[905/0961]
Urſachen des Herzſchlages.
fluͤchtiger Gaſt im Herzen, durch keine Schranken wuͤrde
koͤnnen zuruͤkgehalten werden, ſondern ſich uͤberall in
demſelben herumziehen und endlich voͤllig verſchwinden
moͤchte; wie denn auch derſelben theils der Austritt des
Blutes aus dem Herzen, welcher unter der Zuſammen-
ziehung deſſelben erfolget, da die Kammern vollkommen
verengert worden; theils auch die ſehr lebhafte Beſchaf-
fenheit derer Herzen bei kalten Thieren, und ſehr viele an-
dere Gruͤnde mehr, offenbar entgegen ſtehen.
Eben ſo kurz ſoll auch die Theorie des Sylvius, ei-
nes ſonſt ganz beruͤhmten Mannes, der ſich aber allzu
ſehr an die Aufwallung hielt, und daraus alle Bewegungen
derer Thiere zu erklaͤren pflegte, anjezo widerlegt werden.
Er behauptete naͤmlich, daß von dem alten zuruͤkbleiben-
den laugenhaft gewordenen Blute, und dem ſauren Spei-
ſeſafte, ingleichen dem ſauren Flieswaſſer der Gekroͤſedruͤ-
ſe, ein Aufbrauſen im Herzen (l) erfolge, welches die Ur-
ſache der Bewegung in dem edelſten Werkzeuge waͤre.
Es hat aber mein verehrungswuͤrdiger Lehrer (m) ſchon
vorlaͤngſt dieſes Aufbrauſen ausfuͤhrlich widerlegt, indem
weder die Galle laugenhaft, noch das Flieswaſſer ſauer
iſt, uͤber dieſes auch nicht allein beide, wenn ſie mit ein-
ander vermiſchet werden, gar nicht aufwallen, ſondern
auch niemals im Herzen zuſammen vermengt werden.
§. 8.
Ob es beſondere Nerven gebe, die zum Leben de-
rer Thiere erfordert werden.
Das Syſtem des Williſius (n) war ſchon viel ſub-
tiler eingerichtet, und erhielt daher auch einen viel groͤſ-
ſern und laͤnger daurenden Beifall. Er leitete das Schla-
gen
(l)
Diſſert. VIII. n. 63. Diſſ. X.
n. 58.
(m)
Inſtit. rei medic. in Cap.
de circulat. ſanguinis.
(n) Cerebri anatom. c. 15.
L l l 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/961>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.