Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursachen des Herzschlages.
Leben nach der Verwundung eines oder des andern Ein-
geweides, oder eines Gliedes, fortgedauret hat, so oft
muß auch die Kraft der Seele, das Bewustseyn, der
Wille, und das Gedächtniß annoch vorhanden gewe-
sen seyn. Also konnte ein Spanischer Soldat, dem man
das Herz aus der Brust gerissen hatte, noch einige
Worte hervorbringen (z), und derjenige, dessen Franz
Bacon (a) gedenkt, konnte nach der Herausreissung des
Herzens noch beten. Ein anderer solcher Missethäter
betrachtete noch das Herz, welches man ihm aus der
Brust gerissen hatte, in der Hand des Scharfrichters
mit steif darauf gerichteten Augen (b). Der Kopf des
Ohrwurms, den man vom Körper abgeschnitten hatte,
fraß noch seinen eigenen Bauch mit vieler Begierde
auf (c). Dieses sind nun seltene Fälle; hingegen ist es
etwas viel gewöhnlicheres, daß Thiere, nachdem man
ihnen das Herz herausgerissen, vornämlich, wenn die
grossen Gefässe unterbunden worden (d), gleichwol noch
gehen, laufen und schreien können. Jch habe öfters
Frösche gesehen (e), welche noch Speise hinabschlingen,
hüpfen, die Lunge voll Luft ziehen und ausleeren, mit den
Augenliedern nikken, ihre Augen worauf richten, fort-
gehen, mithin also sich willkührlich bewegen, wenn man

ihnen
(z) [Spaltenumbruch] I. a costa Histor. natur.
Ind. L. V.
S. 248.
(a) Histor. vit. & mort. S. 390.
(b) Bartholin Histor. 15. Cen-
tur. III.
(c) Der berühmte Unzer im
Hamburg. Magazin, T. XII. S. 90.
(d) Bourdon Descript. anat.
S. 167.
(e) Second Memoire sur le mou-
[Spaltenumbruch] vem. du sang, Exp.
218. 219. 222.
223. 231. Eben dergleichen haben
auch gesehen G. Needham de for-
mato fetu, c.
6. die Amsterdam-
mer in Colleg. anat. privat. S. 30.
J. A. Borellus Prop. 10. Mu-
ralt
am angef. Ort, S. 592 Bor-
richius
beim Bartholin Epist.
92. Cent. IV.
Der berühmte Bre-
mond,
Memoir. de l'Acad des
scienc.
1749 S. 476. Jacobäus
am angef. Ort. S. 58. Whytt on
vital motions
S. 375.
N n n

Urſachen des Herzſchlages.
Leben nach der Verwundung eines oder des andern Ein-
geweides, oder eines Gliedes, fortgedauret hat, ſo oft
muß auch die Kraft der Seele, das Bewuſtſeyn, der
Wille, und das Gedaͤchtniß annoch vorhanden gewe-
ſen ſeyn. Alſo konnte ein Spaniſcher Soldat, dem man
das Herz aus der Bruſt geriſſen hatte, noch einige
Worte hervorbringen (z), und derjenige, deſſen Franz
Bacon (a) gedenkt, konnte nach der Herausreiſſung des
Herzens noch beten. Ein anderer ſolcher Miſſethaͤter
betrachtete noch das Herz, welches man ihm aus der
Bruſt geriſſen hatte, in der Hand des Scharfrichters
mit ſteif darauf gerichteten Augen (b). Der Kopf des
Ohrwurms, den man vom Koͤrper abgeſchnitten hatte,
fraß noch ſeinen eigenen Bauch mit vieler Begierde
auf (c). Dieſes ſind nun ſeltene Faͤlle; hingegen iſt es
etwas viel gewoͤhnlicheres, daß Thiere, nachdem man
ihnen das Herz herausgeriſſen, vornaͤmlich, wenn die
groſſen Gefaͤſſe unterbunden worden (d), gleichwol noch
gehen, laufen und ſchreien koͤnnen. Jch habe oͤfters
Froͤſche geſehen (e), welche noch Speiſe hinabſchlingen,
huͤpfen, die Lunge voll Luft ziehen und ausleeren, mit den
Augenliedern nikken, ihre Augen worauf richten, fort-
gehen, mithin alſo ſich willkuͤhrlich bewegen, wenn man

ihnen
(z) [Spaltenumbruch] I. a costa Hiſtor. natur.
Ind. L. V.
S. 248.
(a) Hiſtor. vit. & mort. S. 390.
(b) Bartholin Hiſtor. 15. Cen-
tur. III.
(c) Der beruͤhmte Unzer im
Hamburg. Magazin, T. XII. S. 90.
(d) Bourdon Deſcript. anat.
S. 167.
(e) Second Memoire ſur le mou-
[Spaltenumbruch] vem. du ſang, Exp.
218. 219. 222.
223. 231. Eben dergleichen haben
auch geſehen G. Needham de for-
mato fetu, c.
6. die Amſterdam-
mer in Colleg. anat. privat. S. 30.
J. A. Borellus Prop. 10. Mu-
ralt
am angef. Ort, S. 592 Bor-
richius
beim Bartholin Epiſt.
92. Cent. IV.
Der beruͤhmte Bre-
mond,
Memoir. de l’Acad des
ſcienc.
1749 S. 476. Jacobäus
am angef. Ort. S. 58. Whytt on
vital motions
S. 375.
N n n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0985" n="929"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ur&#x017F;achen des Herz&#x017F;chlages.</hi></fw><lb/>
Leben nach der Verwundung eines oder des andern Ein-<lb/>
geweides, oder eines Gliedes, fortgedauret hat, &#x017F;o oft<lb/>
muß auch die Kraft der Seele, das Bewu&#x017F;t&#x017F;eyn, der<lb/>
Wille, und das Geda&#x0364;chtniß annoch vorhanden gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn. Al&#x017F;o konnte ein Spani&#x017F;cher Soldat, dem man<lb/>
das Herz aus der Bru&#x017F;t geri&#x017F;&#x017F;en hatte, noch einige<lb/>
Worte hervorbringen <note place="foot" n="(z)"><cb/><hi rendition="#aq">I. a <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">costa</hi></hi> Hi&#x017F;tor. natur.<lb/>
Ind. L. V.</hi> S. 248.</note>, und derjenige, de&#x017F;&#x017F;en Franz<lb/><hi rendition="#fr">Bacon</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;tor. vit. &amp; mort.</hi> S. 390.</note> gedenkt, konnte nach der Herausrei&#x017F;&#x017F;ung des<lb/>
Herzens noch beten. Ein anderer &#x017F;olcher Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter<lb/>
betrachtete noch das Herz, welches man ihm aus der<lb/>
Bru&#x017F;t geri&#x017F;&#x017F;en hatte, in der Hand des Scharfrichters<lb/>
mit &#x017F;teif darauf gerichteten Augen <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#fr">Bartholin</hi><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;tor. 15. Cen-<lb/>
tur. III.</hi></note>. Der Kopf des<lb/>
Ohrwurms, den man vom Ko&#x0364;rper abge&#x017F;chnitten hatte,<lb/>
fraß noch &#x017F;einen eigenen Bauch mit vieler Begierde<lb/>
auf <note place="foot" n="(c)">Der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">Unzer</hi> im<lb/>
Hamburg. Magazin, <hi rendition="#aq">T. XII.</hi> S. 90.</note>. Die&#x017F;es &#x017F;ind nun &#x017F;eltene Fa&#x0364;lle; hingegen i&#x017F;t es<lb/>
etwas viel gewo&#x0364;hnlicheres, daß Thiere, nachdem man<lb/>
ihnen das Herz herausgeri&#x017F;&#x017F;en, vorna&#x0364;mlich, wenn die<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e unterbunden worden <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#fr">Bourdon</hi><hi rendition="#aq">De&#x017F;cript. anat.</hi><lb/>
S. 167.</note>, gleichwol noch<lb/>
gehen, laufen und &#x017F;chreien ko&#x0364;nnen. Jch habe o&#x0364;fters<lb/>
Fro&#x0364;&#x017F;che ge&#x017F;ehen <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">Second Memoire &#x017F;ur le mou-<lb/><cb/>
vem. du &#x017F;ang, Exp.</hi> 218. 219. 222.<lb/>
223. 231. Eben dergleichen haben<lb/>
auch ge&#x017F;ehen G. <hi rendition="#fr">Needham</hi> <hi rendition="#aq">de for-<lb/>
mato fetu, c.</hi> 6. die Am&#x017F;terdam-<lb/>
mer <hi rendition="#aq">in Colleg. anat. privat.</hi> S. 30.<lb/>
J. A. <hi rendition="#fr">Borellus</hi> <hi rendition="#aq">Prop.</hi> 10. <hi rendition="#fr">Mu-<lb/>
ralt</hi> am angef. Ort, S. 592 <hi rendition="#fr">Bor-<lb/>
richius</hi> beim <hi rendition="#fr">Bartholin</hi> <hi rendition="#aq">Epi&#x017F;t.<lb/>
92. Cent. IV.</hi> Der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">Bre-<lb/>
mond,</hi> <hi rendition="#aq">Memoir. de l&#x2019;Acad des<lb/>
&#x017F;cienc.</hi> 1749 S. 476. <hi rendition="#fr">Jacobäus</hi><lb/>
am angef. Ort. S. 58. <hi rendition="#fr">Whytt</hi> <hi rendition="#aq">on<lb/>
vital motions</hi> S. 375.</note>, welche noch Spei&#x017F;e hinab&#x017F;chlingen,<lb/>
hu&#x0364;pfen, die Lunge voll Luft ziehen und ausleeren, mit den<lb/>
Augenliedern nikken, ihre Augen worauf richten, fort-<lb/>
gehen, mithin al&#x017F;o &#x017F;ich willku&#x0364;hrlich bewegen, wenn man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihnen</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N n n</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[929/0985] Urſachen des Herzſchlages. Leben nach der Verwundung eines oder des andern Ein- geweides, oder eines Gliedes, fortgedauret hat, ſo oft muß auch die Kraft der Seele, das Bewuſtſeyn, der Wille, und das Gedaͤchtniß annoch vorhanden gewe- ſen ſeyn. Alſo konnte ein Spaniſcher Soldat, dem man das Herz aus der Bruſt geriſſen hatte, noch einige Worte hervorbringen (z), und derjenige, deſſen Franz Bacon (a) gedenkt, konnte nach der Herausreiſſung des Herzens noch beten. Ein anderer ſolcher Miſſethaͤter betrachtete noch das Herz, welches man ihm aus der Bruſt geriſſen hatte, in der Hand des Scharfrichters mit ſteif darauf gerichteten Augen (b). Der Kopf des Ohrwurms, den man vom Koͤrper abgeſchnitten hatte, fraß noch ſeinen eigenen Bauch mit vieler Begierde auf (c). Dieſes ſind nun ſeltene Faͤlle; hingegen iſt es etwas viel gewoͤhnlicheres, daß Thiere, nachdem man ihnen das Herz herausgeriſſen, vornaͤmlich, wenn die groſſen Gefaͤſſe unterbunden worden (d), gleichwol noch gehen, laufen und ſchreien koͤnnen. Jch habe oͤfters Froͤſche geſehen (e), welche noch Speiſe hinabſchlingen, huͤpfen, die Lunge voll Luft ziehen und ausleeren, mit den Augenliedern nikken, ihre Augen worauf richten, fort- gehen, mithin alſo ſich willkuͤhrlich bewegen, wenn man ihnen (z) I. a costa Hiſtor. natur. Ind. L. V. S. 248. (a) Hiſtor. vit. & mort. S. 390. (b) Bartholin Hiſtor. 15. Cen- tur. III. (c) Der beruͤhmte Unzer im Hamburg. Magazin, T. XII. S. 90. (d) Bourdon Deſcript. anat. S. 167. (e) Second Memoire ſur le mou- vem. du ſang, Exp. 218. 219. 222. 223. 231. Eben dergleichen haben auch geſehen G. Needham de for- mato fetu, c. 6. die Amſterdam- mer in Colleg. anat. privat. S. 30. J. A. Borellus Prop. 10. Mu- ralt am angef. Ort, S. 592 Bor- richius beim Bartholin Epiſt. 92. Cent. IV. Der beruͤhmte Bre- mond, Memoir. de l’Acad des ſcienc. 1749 S. 476. Jacobäus am angef. Ort. S. 58. Whytt on vital motions S. 375. N n n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/985
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 929. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/985>, abgerufen am 22.11.2024.