Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.des menschlichen Körpers. Membranen. bald man die Schlagaderstämme mit dem gefärbten Talgeglüklich und mühsam genung aussprizzte: dieses bahnte den Weg zu dem Schlusse, daß der menschliche Körper aus lauter Gefässen bestünde. Diese Meinung trug da- her bereits Duverney (i) vor, und er nahm an, der Körper enthielte nichts als Gefäfse, und Bläschen, in die sich die Gefässe öffneten. Daß der Körper aus Gefässen seinen ersten Ursprung habe, glaubte Santorin (k) gleichfalls. Eben dieses Vorgeben wurde von den Hän- den des Pitkarne (l) noch besser ausgeschmükket und er- läutert; er sezte die kleinste Gefässe aus den kleinsten Mem- branen, und aus diesen andre, aus diesen ferner die grös- sern Röhren zusammen. Hierauf arbeitete Boerhaave die Sache vollständiger aus, und er ist es, der ihr meh- rentheils ihre gegenwärtige Gestalt gegeben hat. Eine Faser besteht aus Erde und Leim (m). Vereinigen sich die Fasern unter sich, so wird das einfachste oder das an- fängliche Membranchen daraus. Rollt sich dieses über einander, und wächset ihr Längenrand zusammen, so bil- det sich das erste einfache Gefäschen daraus (n). Umwik- keln und durchschlingen sich die ersten einfachen Gefäs- chen, so entsteht die zwote Membrane daher. Rollt sich diese zusammen, und wächset ihre Schärfe fest an, so bekömt man das zweite Gefäs (o). Aus dergleichen un- ter einander verschlungnen Gefässen bereitet die Natur das Zellgewebe, dergleichen man mit gläsernen Röhr- chen nachmachen würde, wenn man sie in einem wollenen Tu- che unter einander verbände (p), oder einweben wollte. Die dritte Membrane erzeuget, um sich selbst gebogen, das dritte Gefäs, und dieses ist das erste, das sich mit blossen (i) [Spaltenumbruch]
Ioseph dvverney, Mem. de l'ac. des sci. vor 1699. S. 281. (k) santorinvs de nutrit. N. 9. (l) Archib. pitcarnivs, Boerie Schreiben an den Pitkarn. S. 236. (m) Aph. de cog. et cur. morb. [Spaltenumbruch] N. 21. 23. Prael. ad inst. rei med. T. III. S. 644. (n) Aphor. N. 38. (o) Gerard van Swieten, zur N. 39. (p) Prael. ad inst. rei med. T.
III. S. 336. des menſchlichen Koͤrpers. Membranen. bald man die Schlagaderſtaͤmme mit dem gefaͤrbten Talgegluͤklich und muͤhſam genung ausſprizzte: dieſes bahnte den Weg zu dem Schluſſe, daß der menſchliche Koͤrper aus lauter Gefaͤſſen beſtuͤnde. Dieſe Meinung trug da- her bereits Duverney (i) vor, und er nahm an, der Koͤrper enthielte nichts als Gefaͤfſe, und Blaͤschen, in die ſich die Gefaͤſſe oͤffneten. Daß der Koͤrper aus Gefaͤſſen ſeinen erſten Urſprung habe, glaubte Santorin (k) gleichfalls. Eben dieſes Vorgeben wurde von den Haͤn- den des Pitkarne (l) noch beſſer ausgeſchmuͤkket und er- laͤutert; er ſezte die kleinſte Gefaͤſſe aus den kleinſten Mem- branen, und aus dieſen andre, aus dieſen ferner die groͤſ- ſern Roͤhren zuſammen. Hierauf arbeitete Boerhaave die Sache vollſtaͤndiger aus, und er iſt es, der ihr meh- rentheils ihre gegenwaͤrtige Geſtalt gegeben hat. Eine Faſer beſteht aus Erde und Leim (m). Vereinigen ſich die Faſern unter ſich, ſo wird das einfachſte oder das an- faͤngliche Membranchen daraus. Rollt ſich dieſes uͤber einander, und waͤchſet ihr Laͤngenrand zuſammen, ſo bil- det ſich das erſte einfache Gefaͤschen daraus (n). Umwik- keln und durchſchlingen ſich die erſten einfachen Gefaͤs- chen, ſo entſteht die zwote Membrane daher. Rollt ſich dieſe zuſammen, und waͤchſet ihre Schaͤrfe feſt an, ſo bekoͤmt man das zweite Gefaͤs (o). Aus dergleichen un- ter einander verſchlungnen Gefaͤſſen bereitet die Natur das Zellgewebe, dergleichen man mit glaͤſernen Roͤhr- chen nachmachen wuͤrde, wenn man ſie in einem wollenen Tu- che unter einander verbaͤnde (p), oder einweben wollte. Die dritte Membrane erzeuget, um ſich ſelbſt gebogen, das dritte Gefaͤs, und dieſes iſt das erſte, das ſich mit bloſſen (i) [Spaltenumbruch]
Ioſeph dvverney, Mem. de l’ac. des ſci. vor 1699. S. 281. (k) santorinvs de nutrit. N. 9. (l) Archib. pitcarnivs, Boerie Schreiben an den Pitkarn. S. 236. (m) Aph. de cog. et cur. morb. [Spaltenumbruch] N. 21. 23. Prael. ad inſt. rei med. T. III. S. 644. (n) Aphor. N. 38. (o) Gerard van Swieten, zur N. 39. (p) Prael. ad inſt. rei med. T.
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des menſchlichen Koͤrpers. Membranen.
bald man die Schlagaderſtaͤmme mit dem gefaͤrbten Talge
gluͤklich und muͤhſam genung ausſprizzte: dieſes bahnte
den Weg zu dem Schluſſe, daß der menſchliche Koͤrper
aus lauter Gefaͤſſen beſtuͤnde. Dieſe Meinung trug da-
her bereits Duverney (i) vor, und er nahm an, der
Koͤrper enthielte nichts als Gefaͤfſe, und Blaͤschen, in die
ſich die Gefaͤſſe oͤffneten. Daß der Koͤrper aus Gefaͤſſen
ſeinen erſten Urſprung habe, glaubte Santorin (k)
gleichfalls. Eben dieſes Vorgeben wurde von den Haͤn-
den des Pitkarne (l) noch beſſer ausgeſchmuͤkket und er-
laͤutert; er ſezte die kleinſte Gefaͤſſe aus den kleinſten Mem-
branen, und aus dieſen andre, aus dieſen ferner die groͤſ-
ſern Roͤhren zuſammen. Hierauf arbeitete Boerhaave
die Sache vollſtaͤndiger aus, und er iſt es, der ihr meh-
rentheils ihre gegenwaͤrtige Geſtalt gegeben hat. Eine
Faſer beſteht aus Erde und Leim (m). Vereinigen ſich
die Faſern unter ſich, ſo wird das einfachſte oder das an-
faͤngliche Membranchen daraus. Rollt ſich dieſes uͤber
einander, und waͤchſet ihr Laͤngenrand zuſammen, ſo bil-
det ſich das erſte einfache Gefaͤschen daraus (n). Umwik-
keln und durchſchlingen ſich die erſten einfachen Gefaͤs-
chen, ſo entſteht die zwote Membrane daher. Rollt ſich
dieſe zuſammen, und waͤchſet ihre Schaͤrfe feſt an, ſo
bekoͤmt man das zweite Gefaͤs (o). Aus dergleichen un-
ter einander verſchlungnen Gefaͤſſen bereitet die Natur
das Zellgewebe, dergleichen man mit glaͤſernen Roͤhr-
chen nachmachen wuͤrde, wenn man ſie in einem wollenen Tu-
che unter einander verbaͤnde (p), oder einweben wollte.
Die dritte Membrane erzeuget, um ſich ſelbſt gebogen,
das dritte Gefaͤs, und dieſes iſt das erſte, das ſich mit
bloſſen
(i)
Ioſeph dvverney, Mem. de
l’ac. des ſci. vor 1699. S. 281.
(k) santorinvs de nutrit. N. 9.
(l) Archib. pitcarnivs, Boerie
Schreiben an den Pitkarn. S.
236.
(m) Aph. de cog. et cur. morb.
N. 21. 23. Prael. ad inſt. rei med.
T. III. S. 644.
(n) Aphor. N. 38.
(o) Gerard van Swieten, zur
N. 39.
(p) Prael. ad inſt. rei med. T.
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