§. 29. Das Blut nimmt eine Fäulnis an, von der An- strengung der Muskeln, vom Fieber.
Schon eine blosse heftige Leibesübung an und vor sich, verursacht einen stinkenden, scharfen, brennenden Harn, einen übelrichenden Schweis, widerlichen Ge- ruch, scharfes Blut, Fieber, die unter allen die hizzig- sten sind, und schleunige Todesfälle. Man weis aus der Erfarung, daß diese Uebel von einer einzigen Tage- reise zu Fusse erfolgt sind (a). Derjenige, welcher einem Feldherren Verhaltungsbefele an das Kriegsheer über- bringen muste (b), starb an zu grosser Erhizzung, im Eifer für den Dienst seines Herren, eben des Tages, als die Schlacht geliefert ward. Mir ist ein Exempel von einem Boten erinnerlich, der dem gemeinen Wesen als Läufer bedient war, und eine Nachricht von grosser Wich- tigkeit mit äusserster Behendigkeit überbracht hatte, daß derselbe innerhalb zween Tagen an einem der ärgsten Fie- ber verstarb. Auf eine zu heftige Reise unter freiem Himmel erfolgte ein hizziges Fieber, und eine wahre Hi- drophobie (da man wasserscheu wird), und es scheinet in dieser Beobachtung merkwürdig zu sein, daß die im menschlichen Körper scharfgewordne Säfte (c) eben die giftige Wirkungen, als das Gift eines wütenden Hundes, nach sich ziehen. Aenliche Erfolge begleiten die kramf- hafte Zükkungen, welche ebenfalls zu den übertriebnen Muskelanstrengungen gerechnet werden müssen (d).
Jn Thieren, die man völlig zu tode gejagt, erscheinen eben diese, und noch schlimmre Uebel. Ein Hirsch, den die Jäger auf das hizzigste verfolgt hatten, vergos aus
der
(a)[Spaltenumbruch]büchner de motu voluntar. excedente. §. 12.
(b) Der verehrungswürdige und gelerte Cam. falconet des fievres S. 19.
(c)Ger. v. swieten Commen- [Spaltenumbruch]
tar. T. III. S. 537. und im Tage- buche, welches der berümte Van- dermonde 1757. Jul. Mon. her- ausgegeben.
(d)willis de conuulsionib. S. 173.
Fuͤnftes Buch. Das Blut.
§. 29. Das Blut nimmt eine Faͤulnis an, von der An- ſtrengung der Muskeln, vom Fieber.
Schon eine bloſſe heftige Leibesuͤbung an und vor ſich, verurſacht einen ſtinkenden, ſcharfen, brennenden Harn, einen uͤbelrichenden Schweis, widerlichen Ge- ruch, ſcharfes Blut, Fieber, die unter allen die hizzig- ſten ſind, und ſchleunige Todesfaͤlle. Man weis aus der Erfarung, daß dieſe Uebel von einer einzigen Tage- reiſe zu Fuſſe erfolgt ſind (a). Derjenige, welcher einem Feldherren Verhaltungsbefele an das Kriegsheer uͤber- bringen muſte (b), ſtarb an zu groſſer Erhizzung, im Eifer fuͤr den Dienſt ſeines Herren, eben des Tages, als die Schlacht geliefert ward. Mir iſt ein Exempel von einem Boten erinnerlich, der dem gemeinen Weſen als Laͤufer bedient war, und eine Nachricht von groſſer Wich- tigkeit mit aͤuſſerſter Behendigkeit uͤberbracht hatte, daß derſelbe innerhalb zween Tagen an einem der aͤrgſten Fie- ber verſtarb. Auf eine zu heftige Reiſe unter freiem Himmel erfolgte ein hizziges Fieber, und eine wahre Hi- drophobie (da man waſſerſcheu wird), und es ſcheinet in dieſer Beobachtung merkwuͤrdig zu ſein, daß die im menſchlichen Koͤrper ſcharfgewordne Saͤfte (c) eben die giftige Wirkungen, als das Gift eines wuͤtenden Hundes, nach ſich ziehen. Aenliche Erfolge begleiten die kramf- hafte Zuͤkkungen, welche ebenfalls zu den uͤbertriebnen Muskelanſtrengungen gerechnet werden muͤſſen (d).
Jn Thieren, die man voͤllig zu tode gejagt, erſcheinen eben dieſe, und noch ſchlimmre Uebel. Ein Hirſch, den die Jaͤger auf das hizzigſte verfolgt hatten, vergos aus
der
(a)[Spaltenumbruch]büchner de motu voluntar. excedente. §. 12.
(b) Der verehrungswuͤrdige und gelerte Cam. falconet des fievres S. 19.
(c)Ger. v. ſwieten Commen- [Spaltenumbruch]
tar. T. III. S. 537. und im Tage- buche, welches der beruͤmte Van- dermonde 1757. Jul. Mon. her- ausgegeben.
(d)williſ de conuulſionib. S. 173.
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Fuͤnftes Buch. Das Blut.
§. 29.
Das Blut nimmt eine Faͤulnis an, von der An-
ſtrengung der Muskeln, vom Fieber.
Schon eine bloſſe heftige Leibesuͤbung an und vor
ſich, verurſacht einen ſtinkenden, ſcharfen, brennenden
Harn, einen uͤbelrichenden Schweis, widerlichen Ge-
ruch, ſcharfes Blut, Fieber, die unter allen die hizzig-
ſten ſind, und ſchleunige Todesfaͤlle. Man weis aus
der Erfarung, daß dieſe Uebel von einer einzigen Tage-
reiſe zu Fuſſe erfolgt ſind (a). Derjenige, welcher einem
Feldherren Verhaltungsbefele an das Kriegsheer uͤber-
bringen muſte (b), ſtarb an zu groſſer Erhizzung, im
Eifer fuͤr den Dienſt ſeines Herren, eben des Tages, als
die Schlacht geliefert ward. Mir iſt ein Exempel von
einem Boten erinnerlich, der dem gemeinen Weſen als
Laͤufer bedient war, und eine Nachricht von groſſer Wich-
tigkeit mit aͤuſſerſter Behendigkeit uͤberbracht hatte, daß
derſelbe innerhalb zween Tagen an einem der aͤrgſten Fie-
ber verſtarb. Auf eine zu heftige Reiſe unter freiem
Himmel erfolgte ein hizziges Fieber, und eine wahre Hi-
drophobie (da man waſſerſcheu wird), und es ſcheinet in
dieſer Beobachtung merkwuͤrdig zu ſein, daß die im
menſchlichen Koͤrper ſcharfgewordne Saͤfte (c) eben die
giftige Wirkungen, als das Gift eines wuͤtenden Hundes,
nach ſich ziehen. Aenliche Erfolge begleiten die kramf-
hafte Zuͤkkungen, welche ebenfalls zu den uͤbertriebnen
Muskelanſtrengungen gerechnet werden muͤſſen (d).
Jn Thieren, die man voͤllig zu tode gejagt, erſcheinen
eben dieſe, und noch ſchlimmre Uebel. Ein Hirſch, den
die Jaͤger auf das hizzigſte verfolgt hatten, vergos aus
der
(a)
büchner de motu voluntar.
excedente. §. 12.
(b) Der verehrungswuͤrdige und
gelerte Cam. falconet des fievres
S. 19.
(c) Ger. v. ſwieten Commen-
tar. T. III. S. 537. und im Tage-
buche, welches der beruͤmte Van-
dermonde 1757. Jul. Mon. her-
ausgegeben.
(d) williſ de conuulſionib.
S. 173.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/154>, abgerufen am 24.11.2024.
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