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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Die Wirkung des
ben, und deren Wärme auch viel wirksamer ist (i).
Männer sind wärmer als Weiber (i*), indem wir einen
härtern Bau haben. Dagegen sind Kinder nicht so
warm (k), als erwachsene Menschen, so daß ein neu-
gebornes Kind kaum seine Wärme erhalten kann, wofern
man selbigem nicht mit sorgfältiger und häufiger Kleider-
bedekkung zu hülfe kömmt: Kinder haben nun eine Men-
ge Bluts, einen zalreichen Pulsschlag, aber dabei auch
weichere Gefässe und ein wäßriges Blut.

Ferner, sagen sie, werde die Hizze von einer stärkern
Bewegung des Herzens offenbar stärker, da diejenigen
Thiere jederzeit wärmer sind, die nach Proportion des
übrigen Körpers ein grösseres Herz haben, dergleichen
folglich die Vögel, bei ihrer geringen Grösse (l), und die
wilden fleischfräßigen Raubthiere (m) sind. Denn an
diesen Thieren pocht die Schlagader in gewisser Zeit öf-
ters (n), der Trieb des Blutes ist in den Schlagadern
lebhafter, indem dasselbe von dem Herzen mit grösserm
Nachdrukke in diese Adern eingesprizzt wird. Folglich
sind magre Personen und Thiere wärmer: und folglich
sind grosse Thiere nicht viel wärmer, als kleine, da die
grössern ein im Verhältnisse kleineres Herz (o) und einen
nicht so oft wiederholten Pulsschlag besizzen (p).

Wenn es war ist, daß mit der lebhafter gewordnen
Bewegung des Blutes zugleich die Wärme lebhafter
wird, so mus auch eben die Wärme mit dem abnehmen-
den Kreislaufe zugleich abnehmen. Es sind der Ursa-
chen viele, die den Pulsschlag klein, oder gar seltner
machen, und keine die nicht zugleich Kälte hervorbrächte.

Selt-
(i) [Spaltenumbruch] 5. Buch. 2. Abschn. §. 3.
(i*) martine Animal. simil.
S. 271.
(k) Schwenke S. 62. Es ist
ein Feler in die zu Leiden aufge-
legte Boerhaavischen Vorlesun-
gen mit eingeschlichen: wenn dem
Blute der Kinder zween Grade
[Spaltenumbruch] Wärme vorzüglich zugeeignet wer-
den. S. 37.
(l) 4. Buch.
(m) Ebendas. robinson of food
and discharges.
S. 101. 102.
(n) 6. Buch. 2. Abschn. §. 14.
(o) 4. Buch.
(p) 6. Buch. 2. Abschn. §. 14.

Sechſtes Buch. Die Wirkung des
ben, und deren Waͤrme auch viel wirkſamer iſt (i).
Maͤnner ſind waͤrmer als Weiber (i*), indem wir einen
haͤrtern Bau haben. Dagegen ſind Kinder nicht ſo
warm (k), als erwachſene Menſchen, ſo daß ein neu-
gebornes Kind kaum ſeine Waͤrme erhalten kann, wofern
man ſelbigem nicht mit ſorgfaͤltiger und haͤufiger Kleider-
bedekkung zu huͤlfe koͤmmt: Kinder haben nun eine Men-
ge Bluts, einen zalreichen Pulsſchlag, aber dabei auch
weichere Gefaͤſſe und ein waͤßriges Blut.

Ferner, ſagen ſie, werde die Hizze von einer ſtaͤrkern
Bewegung des Herzens offenbar ſtaͤrker, da diejenigen
Thiere jederzeit waͤrmer ſind, die nach Proportion des
uͤbrigen Koͤrpers ein groͤſſeres Herz haben, dergleichen
folglich die Voͤgel, bei ihrer geringen Groͤſſe (l), und die
wilden fleiſchfraͤßigen Raubthiere (m) ſind. Denn an
dieſen Thieren pocht die Schlagader in gewiſſer Zeit oͤf-
ters (n), der Trieb des Blutes iſt in den Schlagadern
lebhafter, indem daſſelbe von dem Herzen mit groͤſſerm
Nachdrukke in dieſe Adern eingeſprizzt wird. Folglich
ſind magre Perſonen und Thiere waͤrmer: und folglich
ſind groſſe Thiere nicht viel waͤrmer, als kleine, da die
groͤſſern ein im Verhaͤltniſſe kleineres Herz (o) und einen
nicht ſo oft wiederholten Pulsſchlag beſizzen (p).

Wenn es war iſt, daß mit der lebhafter gewordnen
Bewegung des Blutes zugleich die Waͤrme lebhafter
wird, ſo mus auch eben die Waͤrme mit dem abnehmen-
den Kreislaufe zugleich abnehmen. Es ſind der Urſa-
chen viele, die den Pulsſchlag klein, oder gar ſeltner
machen, und keine die nicht zugleich Kaͤlte hervorbraͤchte.

Selt-
(i) [Spaltenumbruch] 5. Buch. 2. Abſchn. §. 3.
(i*) martine Animal. ſimil.
S. 271.
(k) Schwenke S. 62. Es iſt
ein Feler in die zu Leiden aufge-
legte Boerhaaviſchen Vorleſun-
gen mit eingeſchlichen: wenn dem
Blute der Kinder zween Grade
[Spaltenumbruch] Waͤrme vorzuͤglich zugeeignet wer-
den. S. 37.
(l) 4. Buch.
(m) Ebendaſ. robinſon of food
and diſcharges.
S. 101. 102.
(n) 6. Buch. 2. Abſchn. §. 14.
(o) 4. Buch.
(p) 6. Buch. 2. Abſchn. §. 14.
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[480/0500] Sechſtes Buch. Die Wirkung des ben, und deren Waͤrme auch viel wirkſamer iſt (i). Maͤnner ſind waͤrmer als Weiber (i*), indem wir einen haͤrtern Bau haben. Dagegen ſind Kinder nicht ſo warm (k), als erwachſene Menſchen, ſo daß ein neu- gebornes Kind kaum ſeine Waͤrme erhalten kann, wofern man ſelbigem nicht mit ſorgfaͤltiger und haͤufiger Kleider- bedekkung zu huͤlfe koͤmmt: Kinder haben nun eine Men- ge Bluts, einen zalreichen Pulsſchlag, aber dabei auch weichere Gefaͤſſe und ein waͤßriges Blut. Ferner, ſagen ſie, werde die Hizze von einer ſtaͤrkern Bewegung des Herzens offenbar ſtaͤrker, da diejenigen Thiere jederzeit waͤrmer ſind, die nach Proportion des uͤbrigen Koͤrpers ein groͤſſeres Herz haben, dergleichen folglich die Voͤgel, bei ihrer geringen Groͤſſe (l), und die wilden fleiſchfraͤßigen Raubthiere (m) ſind. Denn an dieſen Thieren pocht die Schlagader in gewiſſer Zeit oͤf- ters (n), der Trieb des Blutes iſt in den Schlagadern lebhafter, indem daſſelbe von dem Herzen mit groͤſſerm Nachdrukke in dieſe Adern eingeſprizzt wird. Folglich ſind magre Perſonen und Thiere waͤrmer: und folglich ſind groſſe Thiere nicht viel waͤrmer, als kleine, da die groͤſſern ein im Verhaͤltniſſe kleineres Herz (o) und einen nicht ſo oft wiederholten Pulsſchlag beſizzen (p). Wenn es war iſt, daß mit der lebhafter gewordnen Bewegung des Blutes zugleich die Waͤrme lebhafter wird, ſo mus auch eben die Waͤrme mit dem abnehmen- den Kreislaufe zugleich abnehmen. Es ſind der Urſa- chen viele, die den Pulsſchlag klein, oder gar ſeltner machen, und keine die nicht zugleich Kaͤlte hervorbraͤchte. Selt- (i) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 3. (i*) martine Animal. ſimil. S. 271. (k) Schwenke S. 62. Es iſt ein Feler in die zu Leiden aufge- legte Boerhaaviſchen Vorleſun- gen mit eingeſchlichen: wenn dem Blute der Kinder zween Grade Waͤrme vorzuͤglich zugeeignet wer- den. S. 37. (l) 4. Buch. (m) Ebendaſ. robinſon of food and diſcharges. S. 101. 102. (n) 6. Buch. 2. Abſchn. §. 14. (o) 4. Buch. (p) 6. Buch. 2. Abſchn. §. 14.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/500>, abgerufen am 16.07.2024.