Jn einem gewissen Exempel trat der Harn zwischen die Hölchen des Zellgewebes, als ein harnhafter Wasser- geschwulst zur Jschurie geschlagen war (n).
Noch öftrer ist dieser von seinem natürlichen Wege verirrter flüßige Unrat, durch die Wege des Schweisses hervorgebrochen. Es roch die Ausdünstung sehr übel, als eine Krankheit den Harn zurükk hielte (o). Schon Aretäus(p), gedenket eines gelben Schweisses, der sich in eben solchem Uebel mit einem Wassererbrechen verbun- den hatte. Als sich ein Stein vor die Harnwege gelegt hatte, so roch der Schweis ganz harnhaft (q). Es drang durch die Schweislöcher der Haut, von den Achseln bis zur Schaamgegend, ein Harn hervor (r). Diejenige Frauensperson, welche ganzer sieben Wochen keinen Harn von sich gegeben hatte, schwizzte die gehemmte Flüßigkeit überall am Kopfe wieder aus, und ward endlich, nach- dem die Steine weggingen, wieder gesund (s). Eine an- dre Frauensperson, welche gar in 22 Monaten keinen Harn gelassen hatte, machte ihr Hemde und die ganze Schlafkammer übelrichend (t).
Man mus überhaupt erinnern, daß dieser, durch so viele verschiedne Wege ausgeworfne Harn, von der Art gewesen, daß er noch nicht in den Nieren abgeschieden, sondern in dem Blute mit umhergefüret worden. Denn man findet bei dergleichen Uebeln in der Harnblase sehr wenigen und noch dazu ganz dikken Harn, und wenn man gleich sagen wollte, daß die Gefässe das Wasser aus selbigem einsögen, so mus man doch gestehen, daß ohn- möglich soviel eingesogen werden kann, als zum Durch- laufe und Speichelflusse erfordert wird. Man hat aber
auch,
(n)[Spaltenumbruch]ravlin Obs. de medec. S. 199. 200.
(o) Ebenders. ebendas.
(p) Angef. Ort.
(q)salmvth L. II. obs. 82. boer- maave angef. Ort. S. 316.
(r)[Spaltenumbruch]Ephem. Nat. Curios. Dec. II. ann. 10. obs. 73.
(s)S. J. M. D. vom Urin. S. 148.
(t)zeviani del flato ipochon- driaco. S. 157.
Siebendes Buch. Die Abſonderung.
Jn einem gewiſſen Exempel trat der Harn zwiſchen die Hoͤlchen des Zellgewebes, als ein harnhafter Waſſer- geſchwulſt zur Jſchurie geſchlagen war (n).
Noch oͤftrer iſt dieſer von ſeinem natuͤrlichen Wege verirrter fluͤßige Unrat, durch die Wege des Schweiſſes hervorgebrochen. Es roch die Ausduͤnſtung ſehr uͤbel, als eine Krankheit den Harn zuruͤkk hielte (o). Schon Aretaͤus(p), gedenket eines gelben Schweiſſes, der ſich in eben ſolchem Uebel mit einem Waſſererbrechen verbun- den hatte. Als ſich ein Stein vor die Harnwege gelegt hatte, ſo roch der Schweis ganz harnhaft (q). Es drang durch die Schweisloͤcher der Haut, von den Achſeln bis zur Schaamgegend, ein Harn hervor (r). Diejenige Frauensperſon, welche ganzer ſieben Wochen keinen Harn von ſich gegeben hatte, ſchwizzte die gehemmte Fluͤßigkeit uͤberall am Kopfe wieder aus, und ward endlich, nach- dem die Steine weggingen, wieder geſund (s). Eine an- dre Frauensperſon, welche gar in 22 Monaten keinen Harn gelaſſen hatte, machte ihr Hemde und die ganze Schlafkammer uͤbelrichend (t).
Man mus uͤberhaupt erinnern, daß dieſer, durch ſo viele verſchiedne Wege ausgeworfne Harn, von der Art geweſen, daß er noch nicht in den Nieren abgeſchieden, ſondern in dem Blute mit umhergefuͤret worden. Denn man findet bei dergleichen Uebeln in der Harnblaſe ſehr wenigen und noch dazu ganz dikken Harn, und wenn man gleich ſagen wollte, daß die Gefaͤſſe das Waſſer aus ſelbigem einſoͤgen, ſo mus man doch geſtehen, daß ohn- moͤglich ſoviel eingeſogen werden kann, als zum Durch- laufe und Speichelfluſſe erfordert wird. Man hat aber
auch,
(n)[Spaltenumbruch]ravlin Obſ. de medec. S. 199. 200.
(o) Ebenderſ. ebendaſ.
(p) Angef. Ort.
(q)ſalmvth L. II. obſ. 82. boer- maave angef. Ort. S. 316.
(r)[Spaltenumbruch]Ephem. Nat. Curioſ. Dec. II. ann. 10. obſ. 73.
(s)S. J. M. D. vom Urin. S. 148.
(t)zeviani del flato ipochon- driaco. S. 157.
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[602/0622]
Siebendes Buch. Die Abſonderung.
Jn einem gewiſſen Exempel trat der Harn zwiſchen
die Hoͤlchen des Zellgewebes, als ein harnhafter Waſſer-
geſchwulſt zur Jſchurie geſchlagen war (n).
Noch oͤftrer iſt dieſer von ſeinem natuͤrlichen Wege
verirrter fluͤßige Unrat, durch die Wege des Schweiſſes
hervorgebrochen. Es roch die Ausduͤnſtung ſehr uͤbel,
als eine Krankheit den Harn zuruͤkk hielte (o). Schon
Aretaͤus (p), gedenket eines gelben Schweiſſes, der ſich
in eben ſolchem Uebel mit einem Waſſererbrechen verbun-
den hatte. Als ſich ein Stein vor die Harnwege gelegt
hatte, ſo roch der Schweis ganz harnhaft (q). Es
drang durch die Schweisloͤcher der Haut, von den Achſeln
bis zur Schaamgegend, ein Harn hervor (r). Diejenige
Frauensperſon, welche ganzer ſieben Wochen keinen Harn
von ſich gegeben hatte, ſchwizzte die gehemmte Fluͤßigkeit
uͤberall am Kopfe wieder aus, und ward endlich, nach-
dem die Steine weggingen, wieder geſund (s). Eine an-
dre Frauensperſon, welche gar in 22 Monaten keinen
Harn gelaſſen hatte, machte ihr Hemde und die ganze
Schlafkammer uͤbelrichend (t).
Man mus uͤberhaupt erinnern, daß dieſer, durch ſo
viele verſchiedne Wege ausgeworfne Harn, von der Art
geweſen, daß er noch nicht in den Nieren abgeſchieden,
ſondern in dem Blute mit umhergefuͤret worden. Denn
man findet bei dergleichen Uebeln in der Harnblaſe ſehr
wenigen und noch dazu ganz dikken Harn, und wenn
man gleich ſagen wollte, daß die Gefaͤſſe das Waſſer aus
ſelbigem einſoͤgen, ſo mus man doch geſtehen, daß ohn-
moͤglich ſoviel eingeſogen werden kann, als zum Durch-
laufe und Speichelfluſſe erfordert wird. Man hat aber
auch,
(n)
ravlin Obſ. de medec. S.
199. 200.
(o) Ebenderſ. ebendaſ.
(p) Angef. Ort.
(q) ſalmvth L. II. obſ. 82. boer-
maave angef. Ort. S. 316.
(r)
Ephem. Nat. Curioſ. Dec. II.
ann. 10. obſ. 73.
(s) S. J. M. D. vom Urin. S.
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(t) zeviani del flato ipochon-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/622>, abgerufen am 29.11.2024.
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