Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschn. Die Theile in der Brust.
gen 21906 Geviertzolle gros (x), und von diesem weicht
der berühmte Hales wenig ab, als welcher die Oberflä-
che der Luftröhre 1035 Geviertzolle gleich schäzzt, den
Bläschen aber 20000 dergleichen Zolle giebt (y). End-
lich gab sich der vortrefliche J. Nathanael Lieberkühn
die Mühe, die Lungenbläschen zu berechnen, und er
schäzzte die gesammte Oberfläche aller nicht kleiner, als
1500 Kubikfus (z), welches eine ausnehmende Verschie-
denheit ist.

§. 29.
Einige Anmerkungen darüber.

Die Menschen haben gemeiniglich das schlimme
Schikksal, daß die Geschichte der phisischen Dinge alle-
mal ohne Gründlichkeit bleibt, und die Weltgeschichte
sich mit den Begebenheiten, die sie erzehlt, in dem Lande
der Fabeln verliert. Man mus also aus dieser Beschrei-
bung erst das Muskelhafte der Lunge verstossen, da sich
dieses durchaus nicht im Menschen findet, noch sich nicht
einmal im Frosche, durch gute Versuche bestätigen läst.
Wenigstens ist die Lunge der Vierfüssigen ohne alle
Reizbarkeit (a).

Ferner hat Malpighi (b) ehedem selbst geleugnet,
daß die Bläschen wie Flaschen, mittelst eines Halses, an
der Luftröhre hingen, ob gleich Willis die Entdekkun-
gen dieses Mannes weiter verschönerte. Nach der Zeit
gestand es Cowper (c), daß ihm dieser Handgriff nie-

mals
(x) [Spaltenumbruch] Tentam. S. 80.
(y) HALES veget. stat. S.
237. 238.
(z) Beim Hamberger physiol.
S. 707.
(a) Premier Memoire sur les
part. sensibl. et irrit.
S. 53.
caldani in racolta fabri.
[Spaltenumbruch] S. 329.
(b) Posthum. S. 12.
(c) Ueber BIDL. tab. 15. f. 6.
ferner n. stenonis. F. beim
barth. Cent. IV. Ep. 55. S. 350.
borrich. Ep. 51. templ. phil.
trans. n.
56.
S 3

II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt.
gen 21906 Geviertzolle gros (x), und von dieſem weicht
der beruͤhmte Hales wenig ab, als welcher die Oberflaͤ-
che der Luftroͤhre 1035 Geviertzolle gleich ſchaͤzzt, den
Blaͤschen aber 20000 dergleichen Zolle giebt (y). End-
lich gab ſich der vortrefliche J. Nathanael Lieberkuͤhn
die Muͤhe, die Lungenblaͤschen zu berechnen, und er
ſchaͤzzte die geſammte Oberflaͤche aller nicht kleiner, als
1500 Kubikfus (z), welches eine ausnehmende Verſchie-
denheit iſt.

§. 29.
Einige Anmerkungen daruͤber.

Die Menſchen haben gemeiniglich das ſchlimme
Schikkſal, daß die Geſchichte der phiſiſchen Dinge alle-
mal ohne Gruͤndlichkeit bleibt, und die Weltgeſchichte
ſich mit den Begebenheiten, die ſie erzehlt, in dem Lande
der Fabeln verliert. Man mus alſo aus dieſer Beſchrei-
bung erſt das Muskelhafte der Lunge verſtoſſen, da ſich
dieſes durchaus nicht im Menſchen findet, noch ſich nicht
einmal im Froſche, durch gute Verſuche beſtaͤtigen laͤſt.
Wenigſtens iſt die Lunge der Vierfuͤſſigen ohne alle
Reizbarkeit (a).

Ferner hat Malpighi (b) ehedem ſelbſt geleugnet,
daß die Blaͤschen wie Flaſchen, mittelſt eines Halſes, an
der Luftroͤhre hingen, ob gleich Willis die Entdekkun-
gen dieſes Mannes weiter verſchoͤnerte. Nach der Zeit
geſtand es Cowper (c), daß ihm dieſer Handgriff nie-

mals
(x) [Spaltenumbruch] Tentam. S. 80.
(y) HALES veget. ſtat. S.
237. 238.
(z) Beim Hamberger phyſiol.
S. 707.
(a) Premier Memoire ſur les
part. ſenſibl. et irrit.
S. 53.
caldani in racolta fabri.
[Spaltenumbruch] S. 329.
(b) Poſthum. S. 12.
(c) Ueber BIDL. tab. 15. f. 6.
ferner n. ſtenoniſ. F. beim
barth. Cent. IV. Ep. 55. S. 350.
borrich. Ep. 51. templ. phil.
tranſ. n.
56.
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0283" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Theile in der Bru&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
gen 21906 Geviertzolle gros <note place="foot" n="(x)"><cb/><hi rendition="#aq">Tentam.</hi> S. 80.</note>, und von die&#x017F;em weicht<lb/>
der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">Hales</hi> wenig ab, als welcher die Oberfla&#x0364;-<lb/>
che der Luftro&#x0364;hre 1035 Geviertzolle gleich &#x017F;cha&#x0364;zzt, den<lb/>
Bla&#x0364;schen aber 20000 dergleichen Zolle giebt <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HALES</hi> veget. &#x017F;tat.</hi> S.<lb/>
237. 238.</note>. End-<lb/>
lich gab &#x017F;ich der vortrefliche <hi rendition="#fr">J. Nathanael Lieberku&#x0364;hn</hi><lb/>
die Mu&#x0364;he, die Lungenbla&#x0364;schen zu berechnen, und er<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;zzte die ge&#x017F;ammte Oberfla&#x0364;che aller nicht kleiner, als<lb/>
1500 Kubikfus <note place="foot" n="(z)">Beim <hi rendition="#fr">Hamberger</hi> <hi rendition="#aq">phy&#x017F;iol.</hi><lb/>
S. 707.</note>, welches eine ausnehmende Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheit i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 29.<lb/><hi rendition="#b">Einige Anmerkungen daru&#x0364;ber.</hi></head><lb/>
            <p>Die Men&#x017F;chen haben gemeiniglich das &#x017F;chlimme<lb/>
Schikk&#x017F;al, daß die Ge&#x017F;chichte der phi&#x017F;i&#x017F;chen Dinge alle-<lb/>
mal ohne Gru&#x0364;ndlichkeit bleibt, und die Weltge&#x017F;chichte<lb/>
&#x017F;ich mit den Begebenheiten, die &#x017F;ie erzehlt, in dem Lande<lb/>
der Fabeln verliert. Man mus al&#x017F;o aus die&#x017F;er Be&#x017F;chrei-<lb/>
bung er&#x017F;t das Muskelhafte der Lunge ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, da &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;es durchaus nicht im Men&#x017F;chen findet, noch &#x017F;ich nicht<lb/>
einmal im Fro&#x017F;che, durch gute Ver&#x017F;uche be&#x017F;ta&#x0364;tigen la&#x0364;&#x017F;t.<lb/>
Wenig&#x017F;tens i&#x017F;t die Lunge der Vierfu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen ohne alle<lb/>
Reizbarkeit <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Premier Memoire &#x017F;ur les<lb/>
part. &#x017F;en&#x017F;ibl. et irrit.</hi> S. 53.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">caldani</hi></hi> in racolta <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">fabri.</hi></hi></hi><lb/><cb/>
S. 329.</note>.</p><lb/>
            <p>Ferner hat <hi rendition="#fr">Malpighi</hi> <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Po&#x017F;thum.</hi> S. 12.</note> ehedem &#x017F;elb&#x017F;t geleugnet,<lb/>
daß die Bla&#x0364;schen wie Fla&#x017F;chen, mittel&#x017F;t eines Hal&#x017F;es, an<lb/>
der Luftro&#x0364;hre hingen, ob gleich <hi rendition="#fr">Willis</hi> die Entdekkun-<lb/>
gen die&#x017F;es Mannes weiter ver&#x017F;cho&#x0364;nerte. Nach der Zeit<lb/>
ge&#x017F;tand es <hi rendition="#fr">Cowper</hi> <note place="foot" n="(c)">Ueber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BIDL.</hi> tab. 15. f.</hi> 6.<lb/>
ferner <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">n. <hi rendition="#g">&#x017F;tenoni&#x017F;.</hi></hi> F.</hi> beim<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">barth.</hi></hi> Cent. IV. Ep.</hi> 55. S. 350.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">borrich.</hi></hi> Ep. 51. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">templ.</hi></hi> phil.<lb/>
tran&#x017F;. n.</hi> 56.</note>, daß ihm die&#x017F;er Handgriff nie-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">mals</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0283] II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt. gen 21906 Geviertzolle gros (x), und von dieſem weicht der beruͤhmte Hales wenig ab, als welcher die Oberflaͤ- che der Luftroͤhre 1035 Geviertzolle gleich ſchaͤzzt, den Blaͤschen aber 20000 dergleichen Zolle giebt (y). End- lich gab ſich der vortrefliche J. Nathanael Lieberkuͤhn die Muͤhe, die Lungenblaͤschen zu berechnen, und er ſchaͤzzte die geſammte Oberflaͤche aller nicht kleiner, als 1500 Kubikfus (z), welches eine ausnehmende Verſchie- denheit iſt. §. 29. Einige Anmerkungen daruͤber. Die Menſchen haben gemeiniglich das ſchlimme Schikkſal, daß die Geſchichte der phiſiſchen Dinge alle- mal ohne Gruͤndlichkeit bleibt, und die Weltgeſchichte ſich mit den Begebenheiten, die ſie erzehlt, in dem Lande der Fabeln verliert. Man mus alſo aus dieſer Beſchrei- bung erſt das Muskelhafte der Lunge verſtoſſen, da ſich dieſes durchaus nicht im Menſchen findet, noch ſich nicht einmal im Froſche, durch gute Verſuche beſtaͤtigen laͤſt. Wenigſtens iſt die Lunge der Vierfuͤſſigen ohne alle Reizbarkeit (a). Ferner hat Malpighi (b) ehedem ſelbſt geleugnet, daß die Blaͤschen wie Flaſchen, mittelſt eines Halſes, an der Luftroͤhre hingen, ob gleich Willis die Entdekkun- gen dieſes Mannes weiter verſchoͤnerte. Nach der Zeit geſtand es Cowper (c), daß ihm dieſer Handgriff nie- mals (x) Tentam. S. 80. (y) HALES veget. ſtat. S. 237. 238. (z) Beim Hamberger phyſiol. S. 707. (a) Premier Memoire ſur les part. ſenſibl. et irrit. S. 53. caldani in racolta fabri. S. 329. (b) Poſthum. S. 12. (c) Ueber BIDL. tab. 15. f. 6. ferner n. ſtenoniſ. F. beim barth. Cent. IV. Ep. 55. S. 350. borrich. Ep. 51. templ. phil. tranſ. n. 56. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/283
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/283>, abgerufen am 22.11.2024.