Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschn. Die Luft.
Luft, über alles Erwarten, voller Feuchtigkeiten ist, und
dieses eräugnet sich besonders auf Jnseln, welche unter
einem heissen Himmelsstriche liegen, und die vom unge-
heuren Ocean umflossen sind. Diese Luft stillt nicht nur
den Durst des Viehes, ohne daß es trinken dörfte (s),
sondern sie zernagt auch allerlei Sachen von Eisen, und
so gar grobes Geschüzze, viel ehe, als man denken sollte (t),
und sie ist um desto feuchter, weil sie sich fast niemals
durch Regengüsse läutert (u). Jch erwähne nicht die
besondern Lagen einiger Oerter, die von den nahen Dün-
sten der Wolken feuchte erhalten werden, und den Be-
wohnern tödtlich werden (x). Doch es überzieht schon
die gewönliche Luft in unsern Gegenden, wenn sie von der
Kälte eines Spiegels zurükkgeworfen wird, oder wenn
man sie in einen luftleeren Raum bringt, die Fläche ei-
nes Glases mit einem wäßrigen Nebel.

Die Luft gift ihre Wasser mit Heftigkeit ins Vitriol-
oel (y) aus. Doch es ziehen besonders die Laugensalze,
die feuerbeständig, und vor kurzem calcinirt worden, das
Wasser aus der Luft, mit einer solchen Kraft an sich,
daß 17 Quentchen Salz (z), innerhalb vier Tagen,
bis auf neun und zwanzigstehalb Quentchen angewachsen,
und folglich der kleine Raum, der etwa zween Zoll be-
trug, um Wasser anwuchs, und es ist die Luft so
geneigt, ihr Wasser niederzulegen, daß sie in einem Au-
genblikke, das vom Feuer noch gluhende Salz mit einer
Wasserrinde überzieht, welche das Alkohol zurükkstossen

wür-
(s) [Spaltenumbruch] Dieses geht auch die Pferde an,
Philos. Trans. n. 27. auf Jamaica,
ligon. S. 27. auf Barbados.
(t) Phil. Trans. ebendas. boyle
exp. Phil. mech. de aere. n.
20.
(u) Ebendaf.
(x) De Valesiae coenobio siml.
vales. descript.
S. 77.
(y) Phil. Trans. n. 156.
(z) BOERH. S. 6. elem. chem.
[Spaltenumbruch] S. 464. aufs Weinsteinsalz. Auf dem
laugenhaften Liquor. silicum. pott
lithogeognos.
S. 49. Es scheidet sich
viel mehr Wasser von der Luft, wenn
sich das Weinsteinöl erzeugt. Der
ber. arbvthn. Es werden von
vier Unzen Weinsteinsalz, zwo Unzen
Oel, of air. S 10. Zwo, drei und vier
ravlin obs. de medec. S. 329.
Y 3

III. Abſchn. Die Luft.
Luft, uͤber alles Erwarten, voller Feuchtigkeiten iſt, und
dieſes eraͤugnet ſich beſonders auf Jnſeln, welche unter
einem heiſſen Himmelsſtriche liegen, und die vom unge-
heuren Ocean umfloſſen ſind. Dieſe Luft ſtillt nicht nur
den Durſt des Viehes, ohne daß es trinken doͤrfte (s),
ſondern ſie zernagt auch allerlei Sachen von Eiſen, und
ſo gar grobes Geſchuͤzze, viel ehe, als man denken ſollte (t),
und ſie iſt um deſto feuchter, weil ſie ſich faſt niemals
durch Regenguͤſſe laͤutert (u). Jch erwaͤhne nicht die
beſondern Lagen einiger Oerter, die von den nahen Duͤn-
ſten der Wolken feuchte erhalten werden, und den Be-
wohnern toͤdtlich werden (x). Doch es uͤberzieht ſchon
die gewoͤnliche Luft in unſern Gegenden, wenn ſie von der
Kaͤlte eines Spiegels zuruͤkkgeworfen wird, oder wenn
man ſie in einen luftleeren Raum bringt, die Flaͤche ei-
nes Glaſes mit einem waͤßrigen Nebel.

Die Luft gift ihre Waſſer mit Heftigkeit ins Vitriol-
oel (y) aus. Doch es ziehen beſonders die Laugenſalze,
die feuerbeſtaͤndig, und vor kurzem calcinirt worden, das
Waſſer aus der Luft, mit einer ſolchen Kraft an ſich,
daß 17 Quentchen Salz (z), innerhalb vier Tagen,
bis auf neun und zwanzigſtehalb Quentchen angewachſen,
und folglich der kleine Raum, der etwa zween Zoll be-
trug, um Waſſer anwuchs, und es iſt die Luft ſo
geneigt, ihr Waſſer niederzulegen, daß ſie in einem Au-
genblikke, das vom Feuer noch gluhende Salz mit einer
Waſſerrinde uͤberzieht, welche das Alkohol zuruͤkkſtoſſen

wuͤr-
(s) [Spaltenumbruch] Dieſes geht auch die Pferde an,
Philoſ. Tranſ. n. 27. auf Jamaica,
ligon. S. 27. auf Barbados.
(t) Phil. Tranſ. ebendaſ. boyle
exp. Phil. mech. de aere. n.
20.
(u) Ebendaf.
(x) De Valeſiæ coenobio ſiml.
vales. deſcript.
S. 77.
(y) Phil. Tranſ. n. 156.
(z) BOERH. S. 6. elem. chem.
[Spaltenumbruch] S. 464. aufs Weinſteinſalz. Auf dem
laugenhaften Liquor. ſilicum. pott
lithogeognoſ.
S. 49. Es ſcheidet ſich
viel mehr Waſſer von der Luft, wenn
ſich das Weinſteinoͤl erzeugt. Der
ber. arbvthn. Es werden von
vier Unzen Weinſteinſalz, zwo Unzen
Oel, of air. S 10. Zwo, drei und vier
ravlin obſ. de medec. S. 329.
Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0347" n="341"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Luft.</hi></fw><lb/>
Luft, u&#x0364;ber alles Erwarten, voller Feuchtigkeiten i&#x017F;t, und<lb/>
die&#x017F;es era&#x0364;ugnet &#x017F;ich be&#x017F;onders auf Jn&#x017F;eln, welche unter<lb/>
einem hei&#x017F;&#x017F;en Himmels&#x017F;triche liegen, und die vom unge-<lb/>
heuren Ocean umflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind. Die&#x017F;e Luft &#x017F;tillt nicht nur<lb/>
den Dur&#x017F;t des Viehes, ohne daß es trinken do&#x0364;rfte <note place="foot" n="(s)"><cb/>
Die&#x017F;es geht auch die Pferde an,<lb/><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;. Tran&#x017F;. n.</hi> 27. auf Jamaica,<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">ligon.</hi></hi></hi> S. 27. auf Barbados.</note>,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie zernagt auch allerlei Sachen von Ei&#x017F;en, und<lb/>
&#x017F;o gar grobes Ge&#x017F;chu&#x0364;zze, viel ehe, als man denken &#x017F;ollte <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">Phil. Tran&#x017F;.</hi> ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">boyle</hi></hi><lb/>
exp. Phil. mech. de aere. n.</hi> 20.</note>,<lb/>
und &#x017F;ie i&#x017F;t um de&#x017F;to feuchter, weil &#x017F;ie &#x017F;ich fa&#x017F;t niemals<lb/>
durch Regengu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e la&#x0364;utert <note place="foot" n="(u)">Ebendaf.</note>. Jch erwa&#x0364;hne nicht die<lb/>
be&#x017F;ondern Lagen einiger Oerter, die von den nahen Du&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;ten der Wolken feuchte erhalten werden, und den Be-<lb/>
wohnern to&#x0364;dtlich werden <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">De Vale&#x017F;iæ coenobio <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">&#x017F;iml.</hi></hi><lb/>
vales. de&#x017F;cript.</hi> S. 77.</note>. Doch es u&#x0364;berzieht &#x017F;chon<lb/>
die gewo&#x0364;nliche Luft in un&#x017F;ern Gegenden, wenn &#x017F;ie von der<lb/>
Ka&#x0364;lte eines Spiegels zuru&#x0364;kkgeworfen wird, oder wenn<lb/>
man &#x017F;ie in einen luftleeren Raum bringt, die Fla&#x0364;che ei-<lb/>
nes Gla&#x017F;es mit einem wa&#x0364;ßrigen Nebel.</p><lb/>
            <p>Die Luft gift ihre Wa&#x017F;&#x017F;er mit Heftigkeit ins Vitriol-<lb/>
oel <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Phil. Tran&#x017F;. n.</hi> 156.</note> aus. Doch es ziehen be&#x017F;onders die Laugen&#x017F;alze,<lb/>
die feuerbe&#x017F;ta&#x0364;ndig, und vor kurzem calcinirt worden, das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er aus der Luft, mit einer &#x017F;olchen Kraft an &#x017F;ich,<lb/>
daß 17 Quentchen Salz <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOERH.</hi></hi> S. 6. <hi rendition="#aq">elem. chem.</hi><lb/><cb/>
S. 464. aufs Wein&#x017F;tein&#x017F;alz. Auf dem<lb/>
laugenhaften <hi rendition="#aq">Liquor. &#x017F;ilicum. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">pott</hi></hi><lb/>
lithogeogno&#x017F;.</hi> S. 49. Es &#x017F;cheidet &#x017F;ich<lb/>
viel mehr Wa&#x017F;&#x017F;er von der Luft, wenn<lb/>
&#x017F;ich das Wein&#x017F;teino&#x0364;l erzeugt. Der<lb/>
ber. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">arbvthn.</hi></hi></hi> Es werden von<lb/>
vier Unzen Wein&#x017F;tein&#x017F;alz, zwo Unzen<lb/>
Oel, <hi rendition="#aq">of air.</hi> S 10. Zwo, drei und vier<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">ravlin</hi></hi> ob&#x017F;. de medec.</hi> S. 329.</note>, innerhalb vier Tagen,<lb/>
bis auf neun und zwanzig&#x017F;tehalb Quentchen angewach&#x017F;en,<lb/>
und folglich der kleine Raum, der etwa zween Zoll be-<lb/>
trug, um <formula notation="TeX">\frac{23}{34}</formula> Wa&#x017F;&#x017F;er anwuchs, und es i&#x017F;t die Luft &#x017F;o<lb/>
geneigt, ihr Wa&#x017F;&#x017F;er niederzulegen, daß &#x017F;ie in einem Au-<lb/>
genblikke, das vom Feuer noch gluhende Salz mit einer<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;errinde u&#x0364;berzieht, welche das Alkohol zuru&#x0364;kk&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wu&#x0364;r-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0347] III. Abſchn. Die Luft. Luft, uͤber alles Erwarten, voller Feuchtigkeiten iſt, und dieſes eraͤugnet ſich beſonders auf Jnſeln, welche unter einem heiſſen Himmelsſtriche liegen, und die vom unge- heuren Ocean umfloſſen ſind. Dieſe Luft ſtillt nicht nur den Durſt des Viehes, ohne daß es trinken doͤrfte (s), ſondern ſie zernagt auch allerlei Sachen von Eiſen, und ſo gar grobes Geſchuͤzze, viel ehe, als man denken ſollte (t), und ſie iſt um deſto feuchter, weil ſie ſich faſt niemals durch Regenguͤſſe laͤutert (u). Jch erwaͤhne nicht die beſondern Lagen einiger Oerter, die von den nahen Duͤn- ſten der Wolken feuchte erhalten werden, und den Be- wohnern toͤdtlich werden (x). Doch es uͤberzieht ſchon die gewoͤnliche Luft in unſern Gegenden, wenn ſie von der Kaͤlte eines Spiegels zuruͤkkgeworfen wird, oder wenn man ſie in einen luftleeren Raum bringt, die Flaͤche ei- nes Glaſes mit einem waͤßrigen Nebel. Die Luft gift ihre Waſſer mit Heftigkeit ins Vitriol- oel (y) aus. Doch es ziehen beſonders die Laugenſalze, die feuerbeſtaͤndig, und vor kurzem calcinirt worden, das Waſſer aus der Luft, mit einer ſolchen Kraft an ſich, daß 17 Quentchen Salz (z), innerhalb vier Tagen, bis auf neun und zwanzigſtehalb Quentchen angewachſen, und folglich der kleine Raum, der etwa zween Zoll be- trug, um [FORMEL] Waſſer anwuchs, und es iſt die Luft ſo geneigt, ihr Waſſer niederzulegen, daß ſie in einem Au- genblikke, das vom Feuer noch gluhende Salz mit einer Waſſerrinde uͤberzieht, welche das Alkohol zuruͤkkſtoſſen wuͤr- (s) Dieſes geht auch die Pferde an, Philoſ. Tranſ. n. 27. auf Jamaica, ligon. S. 27. auf Barbados. (t) Phil. Tranſ. ebendaſ. boyle exp. Phil. mech. de aere. n. 20. (u) Ebendaf. (x) De Valeſiæ coenobio ſiml. vales. deſcript. S. 77. (y) Phil. Tranſ. n. 156. (z) BOERH. S. 6. elem. chem. S. 464. aufs Weinſteinſalz. Auf dem laugenhaften Liquor. ſilicum. pott lithogeognoſ. S. 49. Es ſcheidet ſich viel mehr Waſſer von der Luft, wenn ſich das Weinſteinoͤl erzeugt. Der ber. arbvthn. Es werden von vier Unzen Weinſteinſalz, zwo Unzen Oel, of air. S 10. Zwo, drei und vier ravlin obſ. de medec. S. 329. Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/347
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/347>, abgerufen am 02.06.2024.