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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch.
Zeit wachsen. Solchergestalt ergiest sich das Blut in
einen immer loseren Plazz, und viel leichter, als in ir-
gend einem andern körperlichen Theile geschehen kann;
indem sich nirgendwo Gefässe, welche Blut führen, in
einen Raume, der mit dem so leichten Elemente der Luft
erfüllt ist, hinstrekken, welcher Raum noch dazu bestän-
dig grösser wird, und immer einen kleinen Wiederstand
der Bewegung des Blutes entgegen stellt. Jn andern
Schlagadern fliest das Blut bis in die allerkleinsten
Gefässe; diese aber besizzen keine eigne Maschine, von
der sie ausgestrekkt werden könnten, und es wird auch
nicht der Drukk der umliegenden Theile, von denen sie
von allen Seiten geprest werden, benommen. Wenn die
Wiederstände gehoben werden, so mus sich das Blut aus
der rechten Kammer in die Lungenschlagader geschwinder
ergiessen, als es sich ohne ein Luftsistem ergiessen kann (f).

So ist diejenige Kraft der Lunge eigen, mit der die
im Ausatmen verengerte Wände der Brust (g) die Lun-
ge zusammendrükkken, und die Lungenblutadern in den
linken Sinus ausleeren, und es ist diese Kraft gleichsam
ein Ueberschus von Zusammenziehung, dergleichen die
Schlagadern auf das Blut des übrigen thierischen Kör-
pers ausüben.

Es ist gewis, daß sich dieser Drukk beständig ver-
ändere, und daß die Lungenschlagader stufenweise, wech-
selweise, und allmählich mehr und mehr nachgelassen,
und wieder mehr und mehr geprest wird. Es geschicht
dieses im gesunden Atemholen nur geringe, stärker aber
in demjenigen Atemholen, welches mit einem Bestre-
ben, wie im Geschreie, Anstrengen, und Keichen, ver-
knüpft ist.

Hie-
(f) [Spaltenumbruch] Ebendas. in selbiger Numm.
(g) 8 B. 4 A. 25 N. u. s. f. fer-
[Spaltenumbruch] rein.
angef. Ort.

Das Atemholen. VIII. Buch.
Zeit wachſen. Solchergeſtalt ergieſt ſich das Blut in
einen immer loſeren Plazz, und viel leichter, als in ir-
gend einem andern koͤrperlichen Theile geſchehen kann;
indem ſich nirgendwo Gefaͤſſe, welche Blut fuͤhren, in
einen Raume, der mit dem ſo leichten Elemente der Luft
erfuͤllt iſt, hinſtrekken, welcher Raum noch dazu beſtaͤn-
dig groͤſſer wird, und immer einen kleinen Wiederſtand
der Bewegung des Blutes entgegen ſtellt. Jn andern
Schlagadern flieſt das Blut bis in die allerkleinſten
Gefaͤſſe; dieſe aber beſizzen keine eigne Maſchine, von
der ſie ausgeſtrekkt werden koͤnnten, und es wird auch
nicht der Drukk der umliegenden Theile, von denen ſie
von allen Seiten gepreſt werden, benommen. Wenn die
Wiederſtaͤnde gehoben werden, ſo mus ſich das Blut aus
der rechten Kammer in die Lungenſchlagader geſchwinder
ergieſſen, als es ſich ohne ein Luftſiſtem ergieſſen kann (f).

So iſt diejenige Kraft der Lunge eigen, mit der die
im Ausatmen verengerte Waͤnde der Bruſt (g) die Lun-
ge zuſammendruͤkkken, und die Lungenblutadern in den
linken Sinus ausleeren, und es iſt dieſe Kraft gleichſam
ein Ueberſchus von Zuſammenziehung, dergleichen die
Schlagadern auf das Blut des uͤbrigen thieriſchen Koͤr-
pers ausuͤben.

Es iſt gewis, daß ſich dieſer Drukk beſtaͤndig ver-
aͤndere, und daß die Lungenſchlagader ſtufenweiſe, wech-
ſelweiſe, und allmaͤhlich mehr und mehr nachgelaſſen,
und wieder mehr und mehr gepreſt wird. Es geſchicht
dieſes im geſunden Atemholen nur geringe, ſtaͤrker aber
in demjenigen Atemholen, welches mit einem Beſtre-
ben, wie im Geſchreie, Anſtrengen, und Keichen, ver-
knuͤpft iſt.

Hie-
(f) [Spaltenumbruch] Ebendaſ. in ſelbiger Numm.
(g) 8 B. 4 A. 25 N. u. ſ. f. fer-
[Spaltenumbruch] rein.
angef. Ort.
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[554[556]/0562] Das Atemholen. VIII. Buch. Zeit wachſen. Solchergeſtalt ergieſt ſich das Blut in einen immer loſeren Plazz, und viel leichter, als in ir- gend einem andern koͤrperlichen Theile geſchehen kann; indem ſich nirgendwo Gefaͤſſe, welche Blut fuͤhren, in einen Raume, der mit dem ſo leichten Elemente der Luft erfuͤllt iſt, hinſtrekken, welcher Raum noch dazu beſtaͤn- dig groͤſſer wird, und immer einen kleinen Wiederſtand der Bewegung des Blutes entgegen ſtellt. Jn andern Schlagadern flieſt das Blut bis in die allerkleinſten Gefaͤſſe; dieſe aber beſizzen keine eigne Maſchine, von der ſie ausgeſtrekkt werden koͤnnten, und es wird auch nicht der Drukk der umliegenden Theile, von denen ſie von allen Seiten gepreſt werden, benommen. Wenn die Wiederſtaͤnde gehoben werden, ſo mus ſich das Blut aus der rechten Kammer in die Lungenſchlagader geſchwinder ergieſſen, als es ſich ohne ein Luftſiſtem ergieſſen kann (f). So iſt diejenige Kraft der Lunge eigen, mit der die im Ausatmen verengerte Waͤnde der Bruſt (g) die Lun- ge zuſammendruͤkkken, und die Lungenblutadern in den linken Sinus ausleeren, und es iſt dieſe Kraft gleichſam ein Ueberſchus von Zuſammenziehung, dergleichen die Schlagadern auf das Blut des uͤbrigen thieriſchen Koͤr- pers ausuͤben. Es iſt gewis, daß ſich dieſer Drukk beſtaͤndig ver- aͤndere, und daß die Lungenſchlagader ſtufenweiſe, wech- ſelweiſe, und allmaͤhlich mehr und mehr nachgelaſſen, und wieder mehr und mehr gepreſt wird. Es geſchicht dieſes im geſunden Atemholen nur geringe, ſtaͤrker aber in demjenigen Atemholen, welches mit einem Beſtre- ben, wie im Geſchreie, Anſtrengen, und Keichen, ver- knuͤpft iſt. Hie- (f) Ebendaſ. in ſelbiger Numm. (g) 8 B. 4 A. 25 N. u. ſ. f. fer- rein. angef. Ort.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 554[556]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/562>, abgerufen am 22.11.2024.