mals die Ehrfurcht, welche ich, nebst der ganzen Republik der Gelerten, diesem grossen Manne schuldig bin, aus dem Gesichte zu verlieren. Es gehört aber eine grosse Ueberwindung selbst für ei- nen Menschen, der ohne Angriffe, und von kal- tem Blute ist, heftige Anklagen abzufertigen, und dennoch gegen seinen Gegner keine Art von Hizze zu äussern; dieses ist für mich sonderlich betrübt, da mir die Natur eine empfindliche Seele gegeben, welche eben so sehr von der Liebe dahingerissen, als von billigen Schmerzen durchdrungen wird.
Und doch muß ich mich bestreben, und mit aller Sorgfalt bemühen, den Namen eines ehrli- chen Mannes zu retten, und dem Albin den seini- gen, welcher über alle Zergliederer dieses Jarhun- derts erhaben ist, unversehrt zu lassen. Jch will aber in einer kurzen Schrift, auf ein so ansehnli- ches Werk antworten, da ich weder Zeit habe, noch sehe, was das gemeine Beste davon vor Nuz- zen haben könne, wenn ich alle Kleinigkeiten und stükkweise durchgehe. Jch will daher so gleich zei- gen, daß mich Albin vorlängst, und ohne einen vor- angegangnen Schein der Beleidigung, bei aller Gelegenheit zum Gegenstande seines Hasses ge-
macht
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Vorrede.
mals die Ehrfurcht, welche ich, nebſt der ganzen Republik der Gelerten, dieſem groſſen Manne ſchuldig bin, aus dem Geſichte zu verlieren. Es gehoͤrt aber eine groſſe Ueberwindung ſelbſt fuͤr ei- nen Menſchen, der ohne Angriffe, und von kal- tem Blute iſt, heftige Anklagen abzufertigen, und dennoch gegen ſeinen Gegner keine Art von Hizze zu aͤuſſern; dieſes iſt fuͤr mich ſonderlich betruͤbt, da mir die Natur eine empfindliche Seele gegeben, welche eben ſo ſehr von der Liebe dahingeriſſen, als von billigen Schmerzen durchdrungen wird.
Und doch muß ich mich beſtreben, und mit aller Sorgfalt bemuͤhen, den Namen eines ehrli- chen Mannes zu retten, und dem Albin den ſeini- gen, welcher uͤber alle Zergliederer dieſes Jarhun- derts erhaben iſt, unverſehrt zu laſſen. Jch will aber in einer kurzen Schrift, auf ein ſo anſehnli- ches Werk antworten, da ich weder Zeit habe, noch ſehe, was das gemeine Beſte davon vor Nuz- zen haben koͤnne, wenn ich alle Kleinigkeiten und ſtuͤkkweiſe durchgehe. Jch will daher ſo gleich zei- gen, daß mich Albin vorlaͤngſt, und ohne einen vor- angegangnen Schein der Beleidigung, bei aller Gelegenheit zum Gegenſtande ſeines Haſſes ge-
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[IX/0013]
Vorrede.
mals die Ehrfurcht, welche ich, nebſt der ganzen
Republik der Gelerten, dieſem groſſen Manne
ſchuldig bin, aus dem Geſichte zu verlieren. Es
gehoͤrt aber eine groſſe Ueberwindung ſelbſt fuͤr ei-
nen Menſchen, der ohne Angriffe, und von kal-
tem Blute iſt, heftige Anklagen abzufertigen, und
dennoch gegen ſeinen Gegner keine Art von Hizze
zu aͤuſſern; dieſes iſt fuͤr mich ſonderlich betruͤbt,
da mir die Natur eine empfindliche Seele gegeben,
welche eben ſo ſehr von der Liebe dahingeriſſen, als
von billigen Schmerzen durchdrungen wird.
Und doch muß ich mich beſtreben, und mit
aller Sorgfalt bemuͤhen, den Namen eines ehrli-
chen Mannes zu retten, und dem Albin den ſeini-
gen, welcher uͤber alle Zergliederer dieſes Jarhun-
derts erhaben iſt, unverſehrt zu laſſen. Jch will
aber in einer kurzen Schrift, auf ein ſo anſehnli-
ches Werk antworten, da ich weder Zeit habe,
noch ſehe, was das gemeine Beſte davon vor Nuz-
zen haben koͤnne, wenn ich alle Kleinigkeiten und
ſtuͤkkweiſe durchgehe. Jch will daher ſo gleich zei-
gen, daß mich Albin vorlaͤngſt, und ohne einen vor-
angegangnen Schein der Beleidigung, bei aller
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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