stellung dessen, was von seiner Stelle verschoben wor- den, in seinen ehemaligen Zustand, oder in die alte Lage zu sein.
Wenn man im Gegentheil, unsre feste Theile un- empfindlich macht, und die Empfindung in erst welches flüßiges setzt, das in diesen Membranen, die uns gleich- sam nicht angehören, enthalten sei; so wird das gedrück- te Mark einen Stoß auf diesen flüßigen, uns eben so wenig angehenden, und eben so unempfindlichen Theil verrichten, so wie gewiß ist, daß weder das Blut, noch der Nahrungssaft, oder eine andre Flüßigkeit im thieri- schen Körper, empfindlich ist. Es sind nämlich alle die Arten von Feuchtigkeiten fliesbar [Spaltenumbruch]s*, welches Verände- rungen annimmt, welches verschwindet, und beständig durch eine oder die andere Materie wieder ersetzt wird, welches vielmehr unsern Körper als ein Fremdling durch- wandert, als daß es seine beständige Wohnung darin- nen finden sollte, welches einem Stosse hurtig ausweicht, und auch den kleinsten Eindruck davon empfindet. Es lehret aber auch das Gedächtniß, daß die sinnlichen Ein- drücke auf die festen Theile ankomme. Und so scheint auch nicht bei der Bewegung, wenn sich die gereitzte Fa- ser verengert, wofern das flüßige Element oder Quell zu der Bewegung ist, deutlich zu werden, warum dieses gedrückte, nicht eben so, wie bei der Empfindung, aus- weicht, und warum es in diesem Falle, und nicht in der Empfindung, die Wände seines kleinen Gefässes zusam- menzieht. Wofern endlich die Membranen nicht reitz- bar sind, so läßt sich schwerlich einsehen, wie diese Mem- branen von einem inwendigen, einheimischen und reitz- losen flüßigen, nach einem gelinden Drucke, einwerts gezegen werden können, welches man das Zusammen- ziehen nennt.
Jch
s* Die Seele wirkt vornämlich durch feste Theile, weil ihre Wirkung [Spaltenumbruch]
durch flüßige Dinge unboständig wä- re, Kloekhof morb. anim. p. 7.
Oo 3
VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
ſtellung deſſen, was von ſeiner Stelle verſchoben wor- den, in ſeinen ehemaligen Zuſtand, oder in die alte Lage zu ſein.
Wenn man im Gegentheil, unſre feſte Theile un- empfindlich macht, und die Empfindung in erſt welches fluͤßiges ſetzt, das in dieſen Membranen, die uns gleich- ſam nicht angehoͤren, enthalten ſei; ſo wird das gedruͤck- te Mark einen Stoß auf dieſen fluͤßigen, uns eben ſo wenig angehenden, und eben ſo unempfindlichen Theil verrichten, ſo wie gewiß iſt, daß weder das Blut, noch der Nahrungsſaft, oder eine andre Fluͤßigkeit im thieri- ſchen Koͤrper, empfindlich iſt. Es ſind naͤmlich alle die Arten von Feuchtigkeiten fliesbar [Spaltenumbruch]s*, welches Veraͤnde- rungen annimmt, welches verſchwindet, und beſtaͤndig durch eine oder die andere Materie wieder erſetzt wird, welches vielmehr unſern Koͤrper als ein Fremdling durch- wandert, als daß es ſeine beſtaͤndige Wohnung darin- nen finden ſollte, welches einem Stoſſe hurtig ausweicht, und auch den kleinſten Eindruck davon empfindet. Es lehret aber auch das Gedaͤchtniß, daß die ſinnlichen Ein- druͤcke auf die feſten Theile ankomme. Und ſo ſcheint auch nicht bei der Bewegung, wenn ſich die gereitzte Fa- ſer verengert, wofern das fluͤßige Element oder Quell zu der Bewegung iſt, deutlich zu werden, warum dieſes gedruͤckte, nicht eben ſo, wie bei der Empfindung, aus- weicht, und warum es in dieſem Falle, und nicht in der Empfindung, die Waͤnde ſeines kleinen Gefaͤſſes zuſam- menzieht. Wofern endlich die Membranen nicht reitz- bar ſind, ſo laͤßt ſich ſchwerlich einſehen, wie dieſe Mem- branen von einem inwendigen, einheimiſchen und reitz- loſen fluͤßigen, nach einem gelinden Drucke, einwerts gezegen werden koͤnnen, welches man das Zuſammen- ziehen nennt.
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s* Die Seele wirkt vornaͤmlich durch feſte Theile, weil ihre Wirkung [Spaltenumbruch]
durch fluͤßige Dinge unboſtaͤndig waͤ- re, Kloekhof morb. anim. p. 7.
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VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
ſtellung deſſen, was von ſeiner Stelle verſchoben wor-
den, in ſeinen ehemaligen Zuſtand, oder in die alte Lage
zu ſein.
Wenn man im Gegentheil, unſre feſte Theile un-
empfindlich macht, und die Empfindung in erſt welches
fluͤßiges ſetzt, das in dieſen Membranen, die uns gleich-
ſam nicht angehoͤren, enthalten ſei; ſo wird das gedruͤck-
te Mark einen Stoß auf dieſen fluͤßigen, uns eben ſo
wenig angehenden, und eben ſo unempfindlichen Theil
verrichten, ſo wie gewiß iſt, daß weder das Blut, noch
der Nahrungsſaft, oder eine andre Fluͤßigkeit im thieri-
ſchen Koͤrper, empfindlich iſt. Es ſind naͤmlich alle die
Arten von Feuchtigkeiten fliesbar
s*, welches Veraͤnde-
rungen annimmt, welches verſchwindet, und beſtaͤndig
durch eine oder die andere Materie wieder erſetzt wird,
welches vielmehr unſern Koͤrper als ein Fremdling durch-
wandert, als daß es ſeine beſtaͤndige Wohnung darin-
nen finden ſollte, welches einem Stoſſe hurtig ausweicht,
und auch den kleinſten Eindruck davon empfindet. Es
lehret aber auch das Gedaͤchtniß, daß die ſinnlichen Ein-
druͤcke auf die feſten Theile ankomme. Und ſo ſcheint
auch nicht bei der Bewegung, wenn ſich die gereitzte Fa-
ſer verengert, wofern das fluͤßige Element oder Quell zu
der Bewegung iſt, deutlich zu werden, warum dieſes
gedruͤckte, nicht eben ſo, wie bei der Empfindung, aus-
weicht, und warum es in dieſem Falle, und nicht in der
Empfindung, die Waͤnde ſeines kleinen Gefaͤſſes zuſam-
menzieht. Wofern endlich die Membranen nicht reitz-
bar ſind, ſo laͤßt ſich ſchwerlich einſehen, wie dieſe Mem-
branen von einem inwendigen, einheimiſchen und reitz-
loſen fluͤßigen, nach einem gelinden Drucke, einwerts
gezegen werden koͤnnen, welches man das Zuſammen-
ziehen nennt.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/617>, abgerufen am 22.11.2024.
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