Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Ursachen.
viel Geister erfordert werden, um ein doppelt so schweres
Gewichte aufzuheben (x).

§. 16.
Die Faser, als eine Reihe von Bläsgen.

Man siehet leichtlich, wenn man eine einzige derglei-
chen Blase an der äussersten Muskelfaser annimmt, daß
das Aufheben unendlich klein, und nicht grösser sein werde,
als der dritte Theil von der Länge dieser Blase ist. Doch
die Erscheinungen verlangen ein weit grösseres.

Hierzu kam noch, daß sich einige sehr berümte Män-
ner überhaupt einbildeten, wie eine Muskelfaser aus
Fächergen zusammengesezzt sei.

Aus diesem Grunde fand die Theorie des J. Alfonsi
Borelli (y) leichtlich Beifall. Es kann nach derselben
eine jede Muskelfaser für eine Reihe Bläsgen angesehen
werden, welche einige Schriftsteller, um sich leichter zu
erklären, für Rauten ausgeben.

Auf solche Art wird eine einzige Muskelfläche aus
Blasenlinien, die neben einander liegen, bestehen, und
der ganze Muskel ein Körper sein, in welchem unendliche
Ketten von dergleichen Bläsgen gedacht werden müssen.
Es sind aber diese hole Blasen dünne, und lassen sich durch
schiefwinklige Rauten vorstellig machen.

Nunmehr soll der Geist eindringen, und folglich wer-
den sich die zarte Ellipsen in Kugeln verwandeln. Und

die
(x) [Spaltenumbruch] BERNOULLI n. 18. PO-
LENUS
epist. mathem. ad Guid.
GRANDI.
(y) J. Alphons. BORELL.
propos. 113. 114. 117. G. GROO-
NE. R. HOOKE in philos. col-
lect. BIRCH T. III. p. 40. etc.
J. BERNOULLI n. 2. MAZIN.
mechan. inst. pag. 180. KEIL
[Spaltenumbruch] p. 139. GOTTSCHED mot.
musc. c. 3. REGIS physique
L. VII. P. I. p. 536. VERDUC
mouv. myolog. p. 5. SENAC
essays de physiqu. ed. 1735. p. 97.
STUART pag. 49. SEGNER ad
NIEUWENTYT loc. cit. p. 108.
Le CATT pag. 55. sqq. FLEM-
MING physiolog. p.
168.
L 2

III. Abſchnitt. Urſachen.
viel Geiſter erfordert werden, um ein doppelt ſo ſchweres
Gewichte aufzuheben (x).

§. 16.
Die Faſer, als eine Reihe von Blaͤsgen.

Man ſiehet leichtlich, wenn man eine einzige derglei-
chen Blaſe an der aͤuſſerſten Muſkelfaſer annimmt, daß
das Aufheben unendlich klein, und nicht groͤſſer ſein werde,
als der dritte Theil von der Laͤnge dieſer Blaſe iſt. Doch
die Erſcheinungen verlangen ein weit groͤſſeres.

Hierzu kam noch, daß ſich einige ſehr beruͤmte Maͤn-
ner uͤberhaupt einbildeten, wie eine Muſkelfaſer aus
Faͤchergen zuſammengeſezzt ſei.

Aus dieſem Grunde fand die Theorie des J. Alfonſi
Borelli (y) leichtlich Beifall. Es kann nach derſelben
eine jede Muſkelfaſer fuͤr eine Reihe Blaͤsgen angeſehen
werden, welche einige Schriftſteller, um ſich leichter zu
erklaͤren, fuͤr Rauten ausgeben.

Auf ſolche Art wird eine einzige Muſkelflaͤche aus
Blaſenlinien, die neben einander liegen, beſtehen, und
der ganze Muſkel ein Koͤrper ſein, in welchem unendliche
Ketten von dergleichen Blaͤsgen gedacht werden muͤſſen.
Es ſind aber dieſe hole Blaſen duͤnne, und laſſen ſich durch
ſchiefwinklige Rauten vorſtellig machen.

Nunmehr ſoll der Geiſt eindringen, und folglich wer-
den ſich die zarte Ellipſen in Kugeln verwandeln. Und

die
(x) [Spaltenumbruch] BERNOULLI n. 18. PO-
LENUS
epiſt. mathem. ad Guid.
GRANDI.
(y) J. Alphonſ. BORELL.
propoſ. 113. 114. 117. G. GROO-
NE. R. HOOKE in philoſ. col-
lect. BIRCH T. III. p. 40. etc.
J. BERNOULLI n. 2. MAZIN.
mechan. inſt. pag. 180. KEIL
[Spaltenumbruch] p. 139. GOTTSCHED mot.
muſc. c. 3. REGIS phyſique
L. VII. P. I. p. 536. VERDUC
mouv. myolog. p. 5. SENAC
eſſays de phyſiqu. ed. 1735. p. 97.
STUART pag. 49. SEGNER ad
NIEUWENTYT loc. cit. p. 108.
Le CATT pag. 55. ſqq. FLEM-
MING phyſiolog. p.
168.
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0181" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Ur&#x017F;achen.</hi></fw><lb/>
viel Gei&#x017F;ter erfordert werden, um ein doppelt &#x017F;o &#x017F;chweres<lb/>
Gewichte aufzuheben <note place="foot" n="(x)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BERNOULLI</hi> n. 18. <hi rendition="#g">PO-<lb/>
LENUS</hi> epi&#x017F;t. mathem. ad Guid.<lb/><hi rendition="#g">GRANDI.</hi></hi></note>.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 16.<lb/>
Die Fa&#x017F;er, als eine Reihe von Bla&#x0364;sgen.</head><lb/>
          <p>Man &#x017F;iehet leichtlich, wenn man eine einzige derglei-<lb/>
chen Bla&#x017F;e an der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Mu&#x017F;kelfa&#x017F;er annimmt, daß<lb/>
das Aufheben unendlich klein, und nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ein werde,<lb/>
als der dritte Theil von der La&#x0364;nge die&#x017F;er Bla&#x017F;e i&#x017F;t. Doch<lb/>
die Er&#x017F;cheinungen verlangen ein weit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres.</p><lb/>
          <p>Hierzu kam noch, daß &#x017F;ich einige &#x017F;ehr beru&#x0364;mte Ma&#x0364;n-<lb/>
ner u&#x0364;berhaupt einbildeten, wie eine Mu&#x017F;kelfa&#x017F;er aus<lb/>
Fa&#x0364;chergen zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezzt &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Aus die&#x017F;em Grunde fand die Theorie des J. Alfon&#x017F;i<lb/><hi rendition="#fr">Borelli</hi> <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">J. Alphon&#x017F;. <hi rendition="#g">BORELL.</hi><lb/>
propo&#x017F;. 113. 114. 117. G. GROO-<lb/>
NE. R. HOOKE in philo&#x017F;. col-<lb/>
lect. <hi rendition="#g">BIRCH</hi> T. III. p. 40. etc.<lb/>
J. BERNOULLI n. 2. MAZIN.<lb/>
mechan. in&#x017F;t. pag. 180. <hi rendition="#g">KEIL</hi><lb/><cb/>
p. 139. <hi rendition="#g">GOTTSCHED</hi> mot.<lb/>
mu&#x017F;c. c. 3. <hi rendition="#g">REGIS</hi> phy&#x017F;ique<lb/>
L. VII. P. I. p. 536. <hi rendition="#g">VERDUC</hi><lb/>
mouv. myolog. p. 5. <hi rendition="#g">SENAC</hi><lb/>
e&#x017F;&#x017F;ays de phy&#x017F;iqu. ed. 1735. p. 97.<lb/>
STUART pag. 49. SEGNER ad<lb/>
NIEUWENTYT loc. cit. p. 108.<lb/>
Le <hi rendition="#g">CATT</hi> pag. 55. &#x017F;qq. FLEM-<lb/>
MING phy&#x017F;iolog. p.</hi> 168.</note> leichtlich Beifall. Es kann nach der&#x017F;elben<lb/>
eine jede Mu&#x017F;kelfa&#x017F;er fu&#x0364;r eine Reihe Bla&#x0364;sgen ange&#x017F;ehen<lb/>
werden, welche einige Schrift&#x017F;teller, um &#x017F;ich leichter zu<lb/>
erkla&#x0364;ren, fu&#x0364;r Rauten ausgeben.</p><lb/>
          <p>Auf &#x017F;olche Art wird eine einzige Mu&#x017F;kelfla&#x0364;che aus<lb/>
Bla&#x017F;enlinien, die neben einander liegen, be&#x017F;tehen, und<lb/>
der ganze Mu&#x017F;kel ein Ko&#x0364;rper &#x017F;ein, in welchem unendliche<lb/>
Ketten von dergleichen Bla&#x0364;sgen gedacht werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Es &#x017F;ind aber die&#x017F;e hole Bla&#x017F;en du&#x0364;nne, und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich durch<lb/>
&#x017F;chiefwinklige Rauten vor&#x017F;tellig machen.</p><lb/>
          <p>Nunmehr &#x017F;oll der Gei&#x017F;t eindringen, und folglich wer-<lb/>
den &#x017F;ich die zarte Ellip&#x017F;en in Kugeln verwandeln. Und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0181] III. Abſchnitt. Urſachen. viel Geiſter erfordert werden, um ein doppelt ſo ſchweres Gewichte aufzuheben (x). §. 16. Die Faſer, als eine Reihe von Blaͤsgen. Man ſiehet leichtlich, wenn man eine einzige derglei- chen Blaſe an der aͤuſſerſten Muſkelfaſer annimmt, daß das Aufheben unendlich klein, und nicht groͤſſer ſein werde, als der dritte Theil von der Laͤnge dieſer Blaſe iſt. Doch die Erſcheinungen verlangen ein weit groͤſſeres. Hierzu kam noch, daß ſich einige ſehr beruͤmte Maͤn- ner uͤberhaupt einbildeten, wie eine Muſkelfaſer aus Faͤchergen zuſammengeſezzt ſei. Aus dieſem Grunde fand die Theorie des J. Alfonſi Borelli (y) leichtlich Beifall. Es kann nach derſelben eine jede Muſkelfaſer fuͤr eine Reihe Blaͤsgen angeſehen werden, welche einige Schriftſteller, um ſich leichter zu erklaͤren, fuͤr Rauten ausgeben. Auf ſolche Art wird eine einzige Muſkelflaͤche aus Blaſenlinien, die neben einander liegen, beſtehen, und der ganze Muſkel ein Koͤrper ſein, in welchem unendliche Ketten von dergleichen Blaͤsgen gedacht werden muͤſſen. Es ſind aber dieſe hole Blaſen duͤnne, und laſſen ſich durch ſchiefwinklige Rauten vorſtellig machen. Nunmehr ſoll der Geiſt eindringen, und folglich wer- den ſich die zarte Ellipſen in Kugeln verwandeln. Und die (x) BERNOULLI n. 18. PO- LENUS epiſt. mathem. ad Guid. GRANDI. (y) J. Alphonſ. BORELL. propoſ. 113. 114. 117. G. GROO- NE. R. HOOKE in philoſ. col- lect. BIRCH T. III. p. 40. etc. J. BERNOULLI n. 2. MAZIN. mechan. inſt. pag. 180. KEIL p. 139. GOTTSCHED mot. muſc. c. 3. REGIS phyſique L. VII. P. I. p. 536. VERDUC mouv. myolog. p. 5. SENAC eſſays de phyſiqu. ed. 1735. p. 97. STUART pag. 49. SEGNER ad NIEUWENTYT loc. cit. p. 108. Le CATT pag. 55. ſqq. FLEM- MING phyſiolog. p. 168. L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/181
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/181>, abgerufen am 24.11.2024.