Dieses Fleisch der Fingerspizzen ist ganz voller Nerven, welche theils längst den Fingergelenken, theils seitwärts herkommen (a), und, wie es scheint, mit ihren lezten Zweigen zu diesen Wärzchen laufen: es sind auch die Wärzchen grösser, als auf dem Rükken der Finger, und fast überall am übrigen Körper (b).
Es ist dieses für uns Menschen ein grosses Vorrecht, weil, die Affen ausgenommen, kein einziges vierfüßiges Thier dergleichen weiches Fleisch hat, um die Eigenschaften der Körper zu erforschen; denn da sie gemeiniglich auf ihren äussersten Zeespizzen gehen, so entstehen dadurch vom Gange, Gewichte, und dem Reiben an diesem Theile, Verhärtungen, davon man schon die ersten Anfänge an der Frucht der Thiere selbst gewar wird; denn ich habe an jungen Hunden sowohl die Verhärtung, als den Be- wegemuskel schon eingepflanzt gefunden. Auch an Vögeln ist diese Stelle schwülig.
Es fügt der berümte Buffon auf subtile Art hinzu (c), daß sich der Mensch, wegen der zertheilten Zeen (d), für den unvernünftigen Thieren, deutlichere Begriffe von Körpern machen könne: daher wären die unbegliederte Fische (e) dumm; hingegen sey es eine besondere Eigen- schaft der Schlangen, sich um die Körper herumzuwinden: ja es würde das Fühlen viel vollkommner sein (f), wenn die Hand in eine Menge von Fingern zertheilt wäre.
Zum
(a)[Spaltenumbruch]
Vier Stämme beschreibt ESCHENBACH n. 1022.
(b)pag. 8.
(c)Hist. general. et partic. T. III. pag. 358. u. f. Der Mensch hat im Fühlen den Vorzug. Idem T. IV. pag. 31.
(d) Auch CONDILLAC I. pag. 339. VANDERMONDE moyens de perfectionnes l'espece humaine. T. II. p. 447.
(e)[Spaltenumbruch]pag. 360.
(f)pag. 359. Dieses leugnet CONDILLAC des sensat. I. p. 339. Gelehrige Schlangen P. ALBIN hist. nat. I. pag 62. 244. Eine Spinne lehrte PELISSON aus seiner Hand essen, NICERON t. 10. pag. 107.
A a 3
III. Abſchnitt. an ſich.
Dieſes Fleiſch der Fingerſpizzen iſt ganz voller Nerven, welche theils laͤngſt den Fingergelenken, theils ſeitwaͤrts herkommen (a), und, wie es ſcheint, mit ihren lezten Zweigen zu dieſen Waͤrzchen laufen: es ſind auch die Waͤrzchen groͤſſer, als auf dem Ruͤkken der Finger, und faſt uͤberall am uͤbrigen Koͤrper (b).
Es iſt dieſes fuͤr uns Menſchen ein groſſes Vorrecht, weil, die Affen ausgenommen, kein einziges vierfuͤßiges Thier dergleichen weiches Fleiſch hat, um die Eigenſchaften der Koͤrper zu erforſchen; denn da ſie gemeiniglich auf ihren aͤuſſerſten Zeeſpizzen gehen, ſo entſtehen dadurch vom Gange, Gewichte, und dem Reiben an dieſem Theile, Verhaͤrtungen, davon man ſchon die erſten Anfaͤnge an der Frucht der Thiere ſelbſt gewar wird; denn ich habe an jungen Hunden ſowohl die Verhaͤrtung, als den Be- wegemuſkel ſchon eingepflanzt gefunden. Auch an Voͤgeln iſt dieſe Stelle ſchwuͤlig.
Es fuͤgt der beruͤmte Buffon auf ſubtile Art hinzu (c), daß ſich der Menſch, wegen der zertheilten Zeen (d), fuͤr den unvernuͤnftigen Thieren, deutlichere Begriffe von Koͤrpern machen koͤnne: daher waͤren die unbegliederte Fiſche (e) dumm; hingegen ſey es eine beſondere Eigen- ſchaft der Schlangen, ſich um die Koͤrper herumzuwinden: ja es wuͤrde das Fuͤhlen viel vollkommner ſein (f), wenn die Hand in eine Menge von Fingern zertheilt waͤre.
Zum
(a)[Spaltenumbruch]
Vier Staͤmme beſchreibt ESCHENBACH n. 1022.
(b)pag. 8.
(c)Hiſt. general. et partic. T. III. pag. 358. u. f. Der Menſch hat im Fuͤhlen den Vorzug. Idem T. IV. pag. 31.
(d) Auch CONDILLAC I. pag. 339. VANDERMONDE moyens de perfectionnes l’eſpece humaine. T. II. p. 447.
(e)[Spaltenumbruch]pag. 360.
(f)pag. 359. Dieſes leugnet CONDILLAC des ſenſat. I. p. 339. Gelehrige Schlangen P. ALBIN hiſt. nat. I. pag 62. 244. Eine Spinne lehrte PELISSON aus ſeiner Hand eſſen, NICERON t. 10. pag. 107.
A a 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0391"n="373"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſchnitt. an ſich.</hi></fw><lb/><p>Dieſes Fleiſch der Fingerſpizzen iſt ganz voller Nerven,<lb/>
welche theils laͤngſt den Fingergelenken, theils ſeitwaͤrts<lb/>
herkommen <noteplace="foot"n="(a)"><cb/>
Vier Staͤmme beſchreibt<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">ESCHENBACH</hi> n.</hi> 1022.</note>, und, wie es ſcheint, mit ihren lezten<lb/>
Zweigen zu dieſen Waͤrzchen laufen: es ſind auch die<lb/>
Waͤrzchen groͤſſer, als auf dem Ruͤkken der Finger, und<lb/>
faſt uͤberall am uͤbrigen Koͤrper <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 8.</note>.</p><lb/><p>Es iſt dieſes fuͤr uns Menſchen ein groſſes Vorrecht,<lb/>
weil, die Affen ausgenommen, kein einziges vierfuͤßiges<lb/>
Thier dergleichen weiches Fleiſch hat, um die Eigenſchaften<lb/>
der Koͤrper zu erforſchen; denn da ſie gemeiniglich auf<lb/>
ihren aͤuſſerſten Zeeſpizzen gehen, ſo entſtehen dadurch vom<lb/>
Gange, Gewichte, und dem Reiben an dieſem Theile,<lb/>
Verhaͤrtungen, davon man ſchon die erſten Anfaͤnge an<lb/>
der Frucht der Thiere ſelbſt gewar wird; denn ich habe<lb/>
an jungen Hunden ſowohl die Verhaͤrtung, als den Be-<lb/>
wegemuſkel ſchon eingepflanzt gefunden. Auch an Voͤgeln<lb/>
iſt dieſe Stelle ſchwuͤlig.</p><lb/><p>Es fuͤgt der beruͤmte <hirendition="#fr">Buffon</hi> auf ſubtile Art hinzu<lb/><noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">Hiſt. general. et partic. T.<lb/>
III. pag.</hi> 358. u. f. Der Menſch<lb/>
hat im Fuͤhlen den Vorzug. <hirendition="#aq">Idem<lb/>
T. IV. pag.</hi> 31.</note>, daß ſich der Menſch, wegen der zertheilten Zeen <noteplace="foot"n="(d)">Auch <hirendition="#aq"><hirendition="#g">CONDILLAC</hi> I.<lb/>
pag. 339. <hirendition="#g">VANDERMONDE</hi><lb/>
moyens de perfectionnes l’eſpece<lb/>
humaine. T. II. p.</hi> 447.</note>,<lb/>
fuͤr den unvernuͤnftigen Thieren, deutlichere Begriffe von<lb/>
Koͤrpern machen koͤnne: daher waͤren die unbegliederte<lb/>
Fiſche <noteplace="foot"n="(e)"><cb/><hirendition="#aq">pag.</hi> 360.</note> dumm; hingegen ſey es eine beſondere Eigen-<lb/>ſchaft der Schlangen, ſich um die Koͤrper herumzuwinden:<lb/>
ja es wuͤrde das Fuͤhlen viel vollkommner ſein <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 359. Dieſes leugnet<lb/><hirendition="#aq">CONDILLAC des ſenſat. I. p.</hi> 339.<lb/>
Gelehrige Schlangen <hirendition="#aq">P. ALBIN<lb/>
hiſt. nat. I. pag</hi> 62. 244. Eine<lb/>
Spinne lehrte <hirendition="#aq"><hirendition="#g">PELISSON</hi></hi> aus<lb/>ſeiner Hand eſſen, <hirendition="#aq"><hirendition="#g">NICERON</hi><lb/>
t. 10. pag.</hi> 107.</note>, wenn<lb/>
die Hand in eine Menge von Fingern zertheilt waͤre.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Zum</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[373/0391]
III. Abſchnitt. an ſich.
Dieſes Fleiſch der Fingerſpizzen iſt ganz voller Nerven,
welche theils laͤngſt den Fingergelenken, theils ſeitwaͤrts
herkommen (a), und, wie es ſcheint, mit ihren lezten
Zweigen zu dieſen Waͤrzchen laufen: es ſind auch die
Waͤrzchen groͤſſer, als auf dem Ruͤkken der Finger, und
faſt uͤberall am uͤbrigen Koͤrper (b).
Es iſt dieſes fuͤr uns Menſchen ein groſſes Vorrecht,
weil, die Affen ausgenommen, kein einziges vierfuͤßiges
Thier dergleichen weiches Fleiſch hat, um die Eigenſchaften
der Koͤrper zu erforſchen; denn da ſie gemeiniglich auf
ihren aͤuſſerſten Zeeſpizzen gehen, ſo entſtehen dadurch vom
Gange, Gewichte, und dem Reiben an dieſem Theile,
Verhaͤrtungen, davon man ſchon die erſten Anfaͤnge an
der Frucht der Thiere ſelbſt gewar wird; denn ich habe
an jungen Hunden ſowohl die Verhaͤrtung, als den Be-
wegemuſkel ſchon eingepflanzt gefunden. Auch an Voͤgeln
iſt dieſe Stelle ſchwuͤlig.
Es fuͤgt der beruͤmte Buffon auf ſubtile Art hinzu
(c), daß ſich der Menſch, wegen der zertheilten Zeen (d),
fuͤr den unvernuͤnftigen Thieren, deutlichere Begriffe von
Koͤrpern machen koͤnne: daher waͤren die unbegliederte
Fiſche (e) dumm; hingegen ſey es eine beſondere Eigen-
ſchaft der Schlangen, ſich um die Koͤrper herumzuwinden:
ja es wuͤrde das Fuͤhlen viel vollkommner ſein (f), wenn
die Hand in eine Menge von Fingern zertheilt waͤre.
Zum
(a)
Vier Staͤmme beſchreibt
ESCHENBACH n. 1022.
(b) pag. 8.
(c) Hiſt. general. et partic. T.
III. pag. 358. u. f. Der Menſch
hat im Fuͤhlen den Vorzug. Idem
T. IV. pag. 31.
(d) Auch CONDILLAC I.
pag. 339. VANDERMONDE
moyens de perfectionnes l’eſpece
humaine. T. II. p. 447.
(e)
pag. 360.
(f) pag. 359. Dieſes leugnet
CONDILLAC des ſenſat. I. p. 339.
Gelehrige Schlangen P. ALBIN
hiſt. nat. I. pag 62. 244. Eine
Spinne lehrte PELISSON aus
ſeiner Hand eſſen, NICERON
t. 10. pag. 107.
A a 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/391>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.