Wärzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigstens werden die Wärzchen an einem lebendigen Menschen, und an Körpern, deren Schlagader der Künstler mit gefärbten Säften aussprizzt, erhabner, und sie ragen mehr, als an Leichnamen, hervor (i).
Das übrige behauptet man fast in der Sprache der Vermutung, ob man gleich gestehen mus, daß diese nicht allerdings unwarscheinlich sei. Man erkennt nämlich leicht, daß vorragende und gesteifte Wärzchen nicht nur dem zu berührenden Körper eine grössere Oberfläche ent- gegen stellen, sondern daß sie auch, weil sie zu einiger Grösse gelangen, leichter von demselben gestossen und be- wegt werden können. Eine spizze und kegelförmige Figur wird aber besser berührt, und fängt die Begegnungen der Körper besser auf (i*).
§. 2. Die Beschaffenheit der Körper, welche man durch das Fühlen erkennt.
Erstlich erkennen wir die verschiedne Figuren der Kör- per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt so klein ist, einen heftigen Drukk verursacht; die Rundung erken- nen wir aus der mäßigen Wirkung eines grössern Objekts, und aus derjenigen Berührung, welche an der Mitte grösser ist, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachsol- genden Graden der Erhabenheiten, und der also wirk- samern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeschlossen ist, oder es sind diese vorstehende Enden zwar überhaupt nicht wirksamer, aber sie rühren uns doch auf verschiedne Weise, als wir sonst von dem übrigen Körper gerührt werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,
weil
(h)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE praelect. T. IV. p. 419.
(i)ibid.
(i*)[Spaltenumbruch]HARTLEY pag. 43. Die äussersten spizzen Theile des Körpers fühlen schärfer. Idem.
A a 4
III. Abſchnitt. an ſich.
Waͤrzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigſtens werden die Waͤrzchen an einem lebendigen Menſchen, und an Koͤrpern, deren Schlagader der Kuͤnſtler mit gefaͤrbten Saͤften ausſprizzt, erhabner, und ſie ragen mehr, als an Leichnamen, hervor (i).
Das uͤbrige behauptet man faſt in der Sprache der Vermutung, ob man gleich geſtehen mus, daß dieſe nicht allerdings unwarſcheinlich ſei. Man erkennt naͤmlich leicht, daß vorragende und geſteifte Waͤrzchen nicht nur dem zu beruͤhrenden Koͤrper eine groͤſſere Oberflaͤche ent- gegen ſtellen, ſondern daß ſie auch, weil ſie zu einiger Groͤſſe gelangen, leichter von demſelben geſtoſſen und be- wegt werden koͤnnen. Eine ſpizze und kegelfoͤrmige Figur wird aber beſſer beruͤhrt, und faͤngt die Begegnungen der Koͤrper beſſer auf (i*).
§. 2. Die Beſchaffenheit der Koͤrper, welche man durch das Fuͤhlen erkennt.
Erſtlich erkennen wir die verſchiedne Figuren der Koͤr- per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt ſo klein iſt, einen heftigen Drukk verurſacht; die Rundung erken- nen wir aus der maͤßigen Wirkung eines groͤſſern Objekts, und aus derjenigen Beruͤhrung, welche an der Mitte groͤſſer iſt, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachſol- genden Graden der Erhabenheiten, und der alſo wirk- ſamern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeſchloſſen iſt, oder es ſind dieſe vorſtehende Enden zwar uͤberhaupt nicht wirkſamer, aber ſie ruͤhren uns doch auf verſchiedne Weiſe, als wir ſonſt von dem uͤbrigen Koͤrper geruͤhrt werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,
weil
(h)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE praelect. T. IV. p. 419.
(i)ibid.
(i*)[Spaltenumbruch]HARTLEY pag. 43. Die aͤuſſerſten ſpizzen Theile des Koͤrpers fuͤhlen ſchaͤrfer. Idem.
A a 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0393"n="375"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſchnitt. an ſich.</hi></fw><lb/>
Waͤrzchen der Zunge <noteplace="foot"n="(h)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BOERHAAVE</hi> praelect.<lb/>
T. IV. p.</hi> 419.</note> Exempel habe. Wenigſtens<lb/>
werden die Waͤrzchen an einem lebendigen Menſchen, und<lb/>
an Koͤrpern, deren Schlagader der Kuͤnſtler mit gefaͤrbten<lb/>
Saͤften ausſprizzt, erhabner, und ſie ragen mehr, als an<lb/>
Leichnamen, hervor <noteplace="foot"n="(i)"><hirendition="#aq">ibid.</hi></note>.</p><lb/><p>Das uͤbrige behauptet man faſt in der Sprache der<lb/>
Vermutung, ob man gleich geſtehen mus, daß dieſe nicht<lb/>
allerdings unwarſcheinlich ſei. Man erkennt naͤmlich<lb/>
leicht, daß vorragende und geſteifte Waͤrzchen nicht nur<lb/>
dem zu beruͤhrenden Koͤrper eine groͤſſere Oberflaͤche ent-<lb/>
gegen ſtellen, ſondern daß ſie auch, weil ſie zu einiger<lb/>
Groͤſſe gelangen, leichter von demſelben geſtoſſen und be-<lb/>
wegt werden koͤnnen. Eine ſpizze und kegelfoͤrmige Figur<lb/>
wird aber beſſer beruͤhrt, und faͤngt die Begegnungen<lb/>
der Koͤrper beſſer auf <noteplace="foot"n="(i*)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">HARTLEY</hi> pag.</hi> 43.<lb/>
Die aͤuſſerſten ſpizzen Theile des<lb/>
Koͤrpers fuͤhlen ſchaͤrfer. <hirendition="#aq">Idem.</hi></note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 2.<lb/><hirendition="#b">Die Beſchaffenheit der Koͤrper, welche man durch<lb/>
das Fuͤhlen erkennt.</hi></head><lb/><p>Erſtlich erkennen wir die verſchiedne Figuren der Koͤr-<lb/>
per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt ſo klein<lb/>
iſt, einen heftigen Drukk verurſacht; die Rundung erken-<lb/>
nen wir aus der maͤßigen Wirkung eines groͤſſern Objekts,<lb/>
und aus derjenigen Beruͤhrung, welche an der Mitte<lb/>
groͤſſer iſt, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang<lb/>
aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachſol-<lb/>
genden Graden der Erhabenheiten, und der alſo wirk-<lb/>ſamern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeſchloſſen<lb/>
iſt, oder es ſind dieſe vorſtehende Enden zwar uͤberhaupt<lb/>
nicht wirkſamer, aber ſie ruͤhren uns doch auf verſchiedne<lb/>
Weiſe, als wir ſonſt von dem uͤbrigen Koͤrper geruͤhrt<lb/>
werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">weil</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[375/0393]
III. Abſchnitt. an ſich.
Waͤrzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigſtens
werden die Waͤrzchen an einem lebendigen Menſchen, und
an Koͤrpern, deren Schlagader der Kuͤnſtler mit gefaͤrbten
Saͤften ausſprizzt, erhabner, und ſie ragen mehr, als an
Leichnamen, hervor (i).
Das uͤbrige behauptet man faſt in der Sprache der
Vermutung, ob man gleich geſtehen mus, daß dieſe nicht
allerdings unwarſcheinlich ſei. Man erkennt naͤmlich
leicht, daß vorragende und geſteifte Waͤrzchen nicht nur
dem zu beruͤhrenden Koͤrper eine groͤſſere Oberflaͤche ent-
gegen ſtellen, ſondern daß ſie auch, weil ſie zu einiger
Groͤſſe gelangen, leichter von demſelben geſtoſſen und be-
wegt werden koͤnnen. Eine ſpizze und kegelfoͤrmige Figur
wird aber beſſer beruͤhrt, und faͤngt die Begegnungen
der Koͤrper beſſer auf (i*).
§. 2.
Die Beſchaffenheit der Koͤrper, welche man durch
das Fuͤhlen erkennt.
Erſtlich erkennen wir die verſchiedne Figuren der Koͤr-
per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt ſo klein
iſt, einen heftigen Drukk verurſacht; die Rundung erken-
nen wir aus der maͤßigen Wirkung eines groͤſſern Objekts,
und aus derjenigen Beruͤhrung, welche an der Mitte
groͤſſer iſt, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang
aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachſol-
genden Graden der Erhabenheiten, und der alſo wirk-
ſamern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeſchloſſen
iſt, oder es ſind dieſe vorſtehende Enden zwar uͤberhaupt
nicht wirkſamer, aber ſie ruͤhren uns doch auf verſchiedne
Weiſe, als wir ſonſt von dem uͤbrigen Koͤrper geruͤhrt
werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,
weil
(h)
BOERHAAVE praelect.
T. IV. p. 419.
(i) ibid.
(i*)
HARTLEY pag. 43.
Die aͤuſſerſten ſpizzen Theile des
Koͤrpers fuͤhlen ſchaͤrfer. Idem.
A a 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/393>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.