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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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Der Magen. XIX. Buch.
körpers, die einen Sakk bilden, lassen, wenn man sie um-
wendet, Wasser durch (n). Bei den Tuchscheerern fül-
len sich die Blasen mit Tuchflokken an, und die Eier wer-
den von den Salzsiedern in der Sole gekocht, salzig (o).

Man könnte aber noch zweifeln, ob deswegen wirklich
eine Nässe in lebendigen Thieren durch diese Schweislö-
cher eindringt. Man weis, daß man die Harnblase ganz
angefüllt gefunden, ohne daß sich der Harn im gering-
sten in den hohlen Bauch ergossen hatte, da doch der Aus-
gang des Urins durch den Harngang gesperrt war. Wenn
der Magen, wegen der Versperrung des Pförtners, we-
der Speise noch Trank durchläst (p), so dehnt er sich über-
mäßig weit aus, welches eine Anzeige ist, daß das Ge-
tränke keinen so leichten Weg zu entwischen finden kann.
Das Getränke vermischt sich nicht mit dem Wasser der
Wassersucht, welches von einer gerinnbaren Art ist, der-
gleichen wir doch nicht trinken. Auch in einen gesunden
Menschen findet sich, ob er gleich viel trinkt, ausser einem
Dunste, weiter nichts im Unterleibe. Als ich den Magen
eines lebendigen Hundes mit einer blauen Farbe anfüllte,
so färbte diese die Milchgefässe, übrigens aber drang diese
Farbe nicht in den Bauch, und zeigte sich nicht, wie es
doch notwendig hätte geschehen müssen, mit ihrer Zu-
mischung.

Jch möchte also wohl glauben, daß das Gewichte des
Wassers, in den Versuchen dieser berümten Männer, sei-
ner eindringenden Kraft noch zu Hülfe gekommen sein
mag. Auch in todten Körpern werden unsre Membra-
nen, weil sie so gleich ihres ausdünstenden zarten Wassers
beraubt werden, trokken, und auf solche Art entstehen
leere Schweislöcher, welche Wasser einsaugen, und wel-
che, da das Thier lebte, von Wasser oder einem etwas zä-

hen
(n) [Spaltenumbruch] DRIDIER p. 74.
(o) FRANK diapedes.
(p) [Spaltenumbruch] p. 136.

Der Magen. XIX. Buch.
koͤrpers, die einen Sakk bilden, laſſen, wenn man ſie um-
wendet, Waſſer durch (n). Bei den Tuchſcheerern fuͤl-
len ſich die Blaſen mit Tuchflokken an, und die Eier wer-
den von den Salzſiedern in der Sole gekocht, ſalzig (o).

Man koͤnnte aber noch zweifeln, ob deswegen wirklich
eine Naͤſſe in lebendigen Thieren durch dieſe Schweisloͤ-
cher eindringt. Man weis, daß man die Harnblaſe ganz
angefuͤllt gefunden, ohne daß ſich der Harn im gering-
ſten in den hohlen Bauch ergoſſen hatte, da doch der Aus-
gang des Urins durch den Harngang geſperrt war. Wenn
der Magen, wegen der Verſperrung des Pfoͤrtners, we-
der Speiſe noch Trank durchlaͤſt (p), ſo dehnt er ſich uͤber-
maͤßig weit aus, welches eine Anzeige iſt, daß das Ge-
traͤnke keinen ſo leichten Weg zu entwiſchen finden kann.
Das Getraͤnke vermiſcht ſich nicht mit dem Waſſer der
Waſſerſucht, welches von einer gerinnbaren Art iſt, der-
gleichen wir doch nicht trinken. Auch in einen geſunden
Menſchen findet ſich, ob er gleich viel trinkt, auſſer einem
Dunſte, weiter nichts im Unterleibe. Als ich den Magen
eines lebendigen Hundes mit einer blauen Farbe anfuͤllte,
ſo faͤrbte dieſe die Milchgefaͤſſe, uͤbrigens aber drang dieſe
Farbe nicht in den Bauch, und zeigte ſich nicht, wie es
doch notwendig haͤtte geſchehen muͤſſen, mit ihrer Zu-
miſchung.

Jch moͤchte alſo wohl glauben, daß das Gewichte des
Waſſers, in den Verſuchen dieſer beruͤmten Maͤnner, ſei-
ner eindringenden Kraft noch zu Huͤlfe gekommen ſein
mag. Auch in todten Koͤrpern werden unſre Membra-
nen, weil ſie ſo gleich ihres ausduͤnſtenden zarten Waſſers
beraubt werden, trokken, und auf ſolche Art entſtehen
leere Schweisloͤcher, welche Waſſer einſaugen, und wel-
che, da das Thier lebte, von Waſſer oder einem etwas zaͤ-

hen
(n) [Spaltenumbruch] DRIDIER p. 74.
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(p) [Spaltenumbruch] p. 136.
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[232[248]/0268] Der Magen. XIX. Buch. koͤrpers, die einen Sakk bilden, laſſen, wenn man ſie um- wendet, Waſſer durch (n). Bei den Tuchſcheerern fuͤl- len ſich die Blaſen mit Tuchflokken an, und die Eier wer- den von den Salzſiedern in der Sole gekocht, ſalzig (o). Man koͤnnte aber noch zweifeln, ob deswegen wirklich eine Naͤſſe in lebendigen Thieren durch dieſe Schweisloͤ- cher eindringt. Man weis, daß man die Harnblaſe ganz angefuͤllt gefunden, ohne daß ſich der Harn im gering- ſten in den hohlen Bauch ergoſſen hatte, da doch der Aus- gang des Urins durch den Harngang geſperrt war. Wenn der Magen, wegen der Verſperrung des Pfoͤrtners, we- der Speiſe noch Trank durchlaͤſt (p), ſo dehnt er ſich uͤber- maͤßig weit aus, welches eine Anzeige iſt, daß das Ge- traͤnke keinen ſo leichten Weg zu entwiſchen finden kann. Das Getraͤnke vermiſcht ſich nicht mit dem Waſſer der Waſſerſucht, welches von einer gerinnbaren Art iſt, der- gleichen wir doch nicht trinken. Auch in einen geſunden Menſchen findet ſich, ob er gleich viel trinkt, auſſer einem Dunſte, weiter nichts im Unterleibe. Als ich den Magen eines lebendigen Hundes mit einer blauen Farbe anfuͤllte, ſo faͤrbte dieſe die Milchgefaͤſſe, uͤbrigens aber drang dieſe Farbe nicht in den Bauch, und zeigte ſich nicht, wie es doch notwendig haͤtte geſchehen muͤſſen, mit ihrer Zu- miſchung. Jch moͤchte alſo wohl glauben, daß das Gewichte des Waſſers, in den Verſuchen dieſer beruͤmten Maͤnner, ſei- ner eindringenden Kraft noch zu Huͤlfe gekommen ſein mag. Auch in todten Koͤrpern werden unſre Membra- nen, weil ſie ſo gleich ihres ausduͤnſtenden zarten Waſſers beraubt werden, trokken, und auf ſolche Art entſtehen leere Schweisloͤcher, welche Waſſer einſaugen, und wel- che, da das Thier lebte, von Waſſer oder einem etwas zaͤ- hen (n) DRIDIER p. 74. (o) FRANK diapedeſ. (p) p. 136.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 232[248]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/268>, abgerufen am 24.11.2024.