sie bringt die Speise weiter herum, oder sie presset sie mit ihrer dikkeren Spizze, durch die Griffelzungenmuskel, von dem Winkel, worinnen die Speise liegt, und vermittelst der gekrümmten Spizze, wohin sie will, mit sich fort. Jndem sie sich bald an die Zähne anschliest, bald wieder zurükkzieht, so sauget sie aus der Bakken- hölung die Feuchtigkeiten, oder die gekäute Speisen an sich, und wälzt selbige in die hintere Hölung des Mun- des fort.
Die Zähne zerbeissen die Speise entweder wenn sie gerade darauf treffen, und sie zerstükken, oder wenn sich die untern Bakkenzähne seitwerts bewegen, und alle har- te Körper gegen die obern unbewegliche Zähne andrük- ken, und solche mit der beschriebnen grossen Gewalt, in- dem sie vor den Speisen zugleich vorbeigehen und in die Höhe steigen (t) klein malen.
Es ist diese Zermalmung bei dem Knäten der Spei- se allerdings von einer sehr grossen Wichtigkeit, indem sich weder im Magen noch in dem ganzen Umfange des Gedärmes, weiter eine Kraft antreffen läst, welche mit dem Nachdrukke der Zähne auf irgend eine Weise ver- glichen werden könnte. Man wird zeigen, daß nicht einmal die Häute der Weintrauben auf den übrigen gan- zen Wege, den die Speise zu nehmen hat, klein gemacht werden, da doch so gar Pfersichsteine von den Zähnen zerbissen werden können.
Daher leidet die Verdauung grossen Nachtheil da- von, wenn man Speisen ungekäut hinabschlingt und alte Personen verdauen das Fleisch sehr schlecht, wofern sie es nicht klein schneiden, um dadurch das Kauen einiger-
maas-
(t)p. 14. 15. 16.
H. Phisiol. 6. B. E
I. Abſchnitt. Das Kauen.
ſie bringt die Speiſe weiter herum, oder ſie preſſet ſie mit ihrer dikkeren Spizze, durch die Griffelzungenmuſkel, von dem Winkel, worinnen die Speiſe liegt, und vermittelſt der gekruͤmmten Spizze, wohin ſie will, mit ſich fort. Jndem ſie ſich bald an die Zaͤhne anſchlieſt, bald wieder zuruͤkkzieht, ſo ſauget ſie aus der Bakken- hoͤlung die Feuchtigkeiten, oder die gekaͤute Speiſen an ſich, und waͤlzt ſelbige in die hintere Hoͤlung des Mun- des fort.
Die Zaͤhne zerbeiſſen die Speiſe entweder wenn ſie gerade darauf treffen, und ſie zerſtuͤkken, oder wenn ſich die untern Bakkenzaͤhne ſeitwerts bewegen, und alle har- te Koͤrper gegen die obern unbewegliche Zaͤhne andruͤk- ken, und ſolche mit der beſchriebnen groſſen Gewalt, in- dem ſie vor den Speiſen zugleich vorbeigehen und in die Hoͤhe ſteigen (t) klein malen.
Es iſt dieſe Zermalmung bei dem Knaͤten der Spei- ſe allerdings von einer ſehr groſſen Wichtigkeit, indem ſich weder im Magen noch in dem ganzen Umfange des Gedaͤrmes, weiter eine Kraft antreffen laͤſt, welche mit dem Nachdrukke der Zaͤhne auf irgend eine Weiſe ver- glichen werden koͤnnte. Man wird zeigen, daß nicht einmal die Haͤute der Weintrauben auf den uͤbrigen gan- zen Wege, den die Speiſe zu nehmen hat, klein gemacht werden, da doch ſo gar Pferſichſteine von den Zaͤhnen zerbiſſen werden koͤnnen.
Daher leidet die Verdauung groſſen Nachtheil da- von, wenn man Speiſen ungekaͤut hinabſchlingt und alte Perſonen verdauen das Fleiſch ſehr ſchlecht, wofern ſie es nicht klein ſchneiden, um dadurch das Kauen einiger-
maaſ-
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H. Phiſiol. 6. B. E
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I. Abſchnitt. Das Kauen.
ſie bringt die Speiſe weiter herum, oder ſie preſſet ſie mit
ihrer dikkeren Spizze, durch die Griffelzungenmuſkel,
von dem Winkel, worinnen die Speiſe liegt, und
vermittelſt der gekruͤmmten Spizze, wohin ſie will, mit
ſich fort. Jndem ſie ſich bald an die Zaͤhne anſchlieſt,
bald wieder zuruͤkkzieht, ſo ſauget ſie aus der Bakken-
hoͤlung die Feuchtigkeiten, oder die gekaͤute Speiſen an
ſich, und waͤlzt ſelbige in die hintere Hoͤlung des Mun-
des fort.
Die Zaͤhne zerbeiſſen die Speiſe entweder wenn ſie
gerade darauf treffen, und ſie zerſtuͤkken, oder wenn ſich
die untern Bakkenzaͤhne ſeitwerts bewegen, und alle har-
te Koͤrper gegen die obern unbewegliche Zaͤhne andruͤk-
ken, und ſolche mit der beſchriebnen groſſen Gewalt, in-
dem ſie vor den Speiſen zugleich vorbeigehen und in die
Hoͤhe ſteigen (t) klein malen.
Es iſt dieſe Zermalmung bei dem Knaͤten der Spei-
ſe allerdings von einer ſehr groſſen Wichtigkeit, indem
ſich weder im Magen noch in dem ganzen Umfange des
Gedaͤrmes, weiter eine Kraft antreffen laͤſt, welche mit
dem Nachdrukke der Zaͤhne auf irgend eine Weiſe ver-
glichen werden koͤnnte. Man wird zeigen, daß nicht
einmal die Haͤute der Weintrauben auf den uͤbrigen gan-
zen Wege, den die Speiſe zu nehmen hat, klein gemacht
werden, da doch ſo gar Pferſichſteine von den Zaͤhnen
zerbiſſen werden koͤnnen.
Daher leidet die Verdauung groſſen Nachtheil da-
von, wenn man Speiſen ungekaͤut hinabſchlingt und alte
Perſonen verdauen das Fleiſch ſehr ſchlecht, wofern ſie
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/85>, abgerufen am 26.11.2024.
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