maaßen zu ersezzen (u). Gelehrte, die ihren Betrach- tungen zu sehr nachhängen, begehen ofte diesen Fehler. Dem Vossius muste seine Frau die Speisen in den Mund stekken (x). Ein alter Mann, der keine Zähne mehr hatte war genötigt, die Speisen, welche er nicht kauete, den andern Tag, gleichsam durch ein Wiederkäuen wieder von sich zu geben (y).
Dahingegen wurde ein langwieriger Magenkrampf blos durch ein gehöriges Kauen geheilt (z). Vor kur- zem gestand ein Gelehrter (z*), welcher gewiß nicht viel auf die Mode hält, dennoch, daß das Vorkäuen der Ammen dem Kinde guten Nuzzen schaffe, und ich glau- be leicht, daß sich aus einer kleinen Menge Speise Na- rungstheile genug herausziehen lassen, wenn man sie nur fleißig käuen wollte. Die Natur verbindet daher mit dieser Handlung eine ungemeine Wollust. Jch habe es an mir versucht, daß das trokkneste Stükk Brodt unter den Zähnen einen angenem süssen Geschmakk an sich nimmt, wenn man es mit Vorsazz und lange Zeit kauet.
Zwei-
(u)[Spaltenumbruch]SCHOOK de fermentat. p. 332.
(x)KUNDMANN Zustand p. 112.
(y) Siehe in der Historie des Magens.
(z)[Spaltenumbruch]TISSOT de l'onanisme p. 144.
(z*)BUFFON Histoir. naturelle T. II. p. 464. 465.
Weg zum Magen. XVIII. Buch.
maaßen zu erſezzen (u). Gelehrte, die ihren Betrach- tungen zu ſehr nachhaͤngen, begehen ofte dieſen Fehler. Dem Voſſius muſte ſeine Frau die Speiſen in den Mund ſtekken (x). Ein alter Mann, der keine Zaͤhne mehr hatte war genoͤtigt, die Speiſen, welche er nicht kauete, den andern Tag, gleichſam durch ein Wiederkaͤuen wieder von ſich zu geben (y).
Dahingegen wurde ein langwieriger Magenkrampf blos durch ein gehoͤriges Kauen geheilt (z). Vor kur- zem geſtand ein Gelehrter (z*), welcher gewiß nicht viel auf die Mode haͤlt, dennoch, daß das Vorkaͤuen der Ammen dem Kinde guten Nuzzen ſchaffe, und ich glau- be leicht, daß ſich aus einer kleinen Menge Speiſe Na- rungstheile genug herausziehen laſſen, wenn man ſie nur fleißig kaͤuen wollte. Die Natur verbindet daher mit dieſer Handlung eine ungemeine Wolluſt. Jch habe es an mir verſucht, daß das trokkneſte Stuͤkk Brodt unter den Zaͤhnen einen angenem ſuͤſſen Geſchmakk an ſich nimmt, wenn man es mit Vorſazz und lange Zeit kauet.
Zwei-
(u)[Spaltenumbruch]SCHOOK de fermentat. p. 332.
(x)KUNDMANN Zuſtand p. 112.
(y) Siehe in der Hiſtorie des Magens.
(z)[Spaltenumbruch]TISSOT de l’onaniſme p. 144.
(z*)BUFFON Hiſtoir. naturelle T. II. p. 464. 465.
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Weg zum Magen. XVIII. Buch.
maaßen zu erſezzen (u). Gelehrte, die ihren Betrach-
tungen zu ſehr nachhaͤngen, begehen ofte dieſen Fehler.
Dem Voſſius muſte ſeine Frau die Speiſen in den
Mund ſtekken (x). Ein alter Mann, der keine Zaͤhne
mehr hatte war genoͤtigt, die Speiſen, welche er nicht
kauete, den andern Tag, gleichſam durch ein Wiederkaͤuen
wieder von ſich zu geben (y).
Dahingegen wurde ein langwieriger Magenkrampf
blos durch ein gehoͤriges Kauen geheilt (z). Vor kur-
zem geſtand ein Gelehrter (z*), welcher gewiß nicht viel
auf die Mode haͤlt, dennoch, daß das Vorkaͤuen der
Ammen dem Kinde guten Nuzzen ſchaffe, und ich glau-
be leicht, daß ſich aus einer kleinen Menge Speiſe Na-
rungstheile genug herausziehen laſſen, wenn man ſie nur
fleißig kaͤuen wollte. Die Natur verbindet daher mit
dieſer Handlung eine ungemeine Wolluſt. Jch habe es
an mir verſucht, daß das trokkneſte Stuͤkk Brodt unter
den Zaͤhnen einen angenem ſuͤſſen Geſchmakk an ſich
nimmt, wenn man es mit Vorſazz und lange Zeit kauet.
Zwei-
(u)
SCHOOK de fermentat.
p. 332.
(x) KUNDMANN Zuſtand
p. 112.
(y) Siehe in der Hiſtorie des
Magens.
(z)
TISSOT de l’onaniſme
p. 144.
(z*) BUFFON Hiſtoir. naturelle
T. II. p. 464. 465.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/86>, abgerufen am 26.11.2024.
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