Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Galle. XXIII. Buch.
der Leber, die die Nieren, oder Speicheldrüsen um ein
so grosses übertrift, eine stärkere Absonderung vermuten,
wenn dabei gleich alles langsamer zugehen sollte.

Näher kann ich nicht der Warheit kommen: wollte
man aber das Gewicht eines Hundes, nach Reverhor-
stens
Versuchen, viermal kleiner sezzen, und solches
mit dem Menschen vergleichen, so könnte sich, die in
vier und zwanzig Stunden erzeugte Galle, leicht bis auf
vier und zwanzig Unzen erstrekken, und es läst sichs
glauben, daß der sechste Theil (o), in die Blase aufge-
nommen, die fünf übrigen aber ins Gedärm kommen
werden.

Jn Krankheiten entstehet schon mehr Galle. Man
lieset, daß man in einem Flekkfieber an purer Galle drei
Pfunde (p) ausgeworfen, und man hat eine erstaunliche
Menge Galle in dem gelben Fieber von sich gegeben.

Dieser Zufluß wird aber vornämlich vom Zorne be-
schleunigt, welcher bisweilen die schnellen Bauchauslee-
rungen, und Durchfälle heilsam macht. Man weis,
daß vom Zorne der Todt erfolgt, und die Gallenblase
zerborsten ist (p*). Der Natterbiß thut beinahe eben
dergleichen Wirkung, und er erreget ein galliges Erbre-
chen (q). Jch habe bereits gesagt, wie schnell, und in
welcher Menge, die Galle in Krankheiten durchs Erbre-
chen ausgeleert worden (q*).

Hierbei kömmt es auf die Lage des ganzen Körpers
mit an. Es liegt die Blase, bei einem Menschen, wel-
cher aufrecht steht, oder sizzet, überzwerch (r) ihr Hals
richtet sich ein wenig aufwerts in die Höhe (s), und ihr
Boden kömmt desto tiefer nach unten zu stehen, je näher

er
(o) [Spaltenumbruch] VALCARENGHI I. c.
(p) HEUCHER p. 373.
(p*) p. 602.
(q) POUTEAU melang. p. 155.
(q*) [Spaltenumbruch] p. 602.
(r) p. 523. 460.
(s) ibid.

Die Galle. XXIII. Buch.
der Leber, die die Nieren, oder Speicheldruͤſen um ein
ſo groſſes uͤbertrift, eine ſtaͤrkere Abſonderung vermuten,
wenn dabei gleich alles langſamer zugehen ſollte.

Naͤher kann ich nicht der Warheit kommen: wollte
man aber das Gewicht eines Hundes, nach Reverhor-
ſtens
Verſuchen, viermal kleiner ſezzen, und ſolches
mit dem Menſchen vergleichen, ſo koͤnnte ſich, die in
vier und zwanzig Stunden erzeugte Galle, leicht bis auf
vier und zwanzig Unzen erſtrekken, und es laͤſt ſichs
glauben, daß der ſechſte Theil (o), in die Blaſe aufge-
nommen, die fuͤnf uͤbrigen aber ins Gedaͤrm kommen
werden.

Jn Krankheiten entſtehet ſchon mehr Galle. Man
lieſet, daß man in einem Flekkfieber an purer Galle drei
Pfunde (p) ausgeworfen, und man hat eine erſtaunliche
Menge Galle in dem gelben Fieber von ſich gegeben.

Dieſer Zufluß wird aber vornaͤmlich vom Zorne be-
ſchleunigt, welcher bisweilen die ſchnellen Bauchauslee-
rungen, und Durchfaͤlle heilſam macht. Man weis,
daß vom Zorne der Todt erfolgt, und die Gallenblaſe
zerborſten iſt (p*). Der Natterbiß thut beinahe eben
dergleichen Wirkung, und er erreget ein galliges Erbre-
chen (q). Jch habe bereits geſagt, wie ſchnell, und in
welcher Menge, die Galle in Krankheiten durchs Erbre-
chen ausgeleert worden (q*).

Hierbei koͤmmt es auf die Lage des ganzen Koͤrpers
mit an. Es liegt die Blaſe, bei einem Menſchen, wel-
cher aufrecht ſteht, oder ſizzet, uͤberzwerch (r) ihr Hals
richtet ſich ein wenig aufwerts in die Hoͤhe (s), und ihr
Boden koͤmmt deſto tiefer nach unten zu ſtehen, je naͤher

er
(o) [Spaltenumbruch] VALCARENGHI I. c.
(p) HEUCHER p. 373.
(p*) p. 602.
(q) POUTEAU melang. p. 155.
(q*) [Spaltenumbruch] p. 602.
(r) p. 523. 460.
(s) ibid.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0910" n="890"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Galle. <hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
der Leber, die die Nieren, oder Speicheldru&#x0364;&#x017F;en um ein<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es u&#x0364;bertrift, eine &#x017F;ta&#x0364;rkere Ab&#x017F;onderung vermuten,<lb/>
wenn dabei gleich alles lang&#x017F;amer zugehen &#x017F;ollte.</p><lb/>
            <p>Na&#x0364;her kann ich nicht der Warheit kommen: wollte<lb/>
man aber das Gewicht eines Hundes, nach <hi rendition="#fr">Reverhor-<lb/>
&#x017F;tens</hi> Ver&#x017F;uchen, viermal kleiner &#x017F;ezzen, und &#x017F;olches<lb/>
mit dem <choice><sic>Menfchen </sic><corr>Men&#x017F;chen </corr></choice>vergleichen, &#x017F;o ko&#x0364;nnte &#x017F;ich, die in<lb/>
vier und zwanzig Stunden erzeugte Galle, leicht bis auf<lb/>
vier und zwanzig Unzen er&#x017F;trekken, und es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ichs<lb/>
glauben, daß der &#x017F;ech&#x017F;te Theil <note place="foot" n="(o)"><cb/><hi rendition="#aq">VALCARENGHI I. c.</hi></note>, in die Bla&#x017F;e aufge-<lb/>
nommen, die fu&#x0364;nf u&#x0364;brigen aber ins Geda&#x0364;rm kommen<lb/>
werden.</p><lb/>
            <p>Jn Krankheiten ent&#x017F;tehet &#x017F;chon mehr Galle. Man<lb/>
lie&#x017F;et, daß man in einem Flekkfieber an purer Galle drei<lb/>
Pfunde <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">HEUCHER p.</hi> 373.</note> ausgeworfen, und man hat eine er&#x017F;taunliche<lb/>
Menge Galle in dem gelben Fieber von &#x017F;ich gegeben.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Zufluß wird aber vorna&#x0364;mlich vom Zorne be-<lb/>
&#x017F;chleunigt, welcher bisweilen die &#x017F;chnellen Bauchauslee-<lb/>
rungen, und Durchfa&#x0364;lle heil&#x017F;am macht. Man weis,<lb/>
daß vom Zorne der Todt erfolgt, und die Gallenbla&#x017F;e<lb/>
zerbor&#x017F;ten i&#x017F;t <note place="foot" n="(p*)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 602.</note>. Der Natterbiß thut beinahe eben<lb/>
dergleichen Wirkung, und er erreget ein galliges Erbre-<lb/>
chen <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">POUTEAU melang. p.</hi> 155.</note>. Jch habe bereits ge&#x017F;agt, wie &#x017F;chnell, und in<lb/>
welcher Menge, die Galle in Krankheiten durchs Erbre-<lb/>
chen ausgeleert worden <note place="foot" n="(q*)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 602.</note>.</p><lb/>
            <p>Hierbei ko&#x0364;mmt es auf die Lage des ganzen Ko&#x0364;rpers<lb/>
mit an. Es liegt die Bla&#x017F;e, bei einem Men&#x017F;chen, wel-<lb/>
cher aufrecht &#x017F;teht, oder &#x017F;izzet, u&#x0364;berzwerch <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 523. 460.</note> ihr Hals<lb/>
richtet &#x017F;ich ein wenig aufwerts in die Ho&#x0364;he <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">ibid.</hi></note>, und ihr<lb/>
Boden ko&#x0364;mmt de&#x017F;to tiefer nach unten zu &#x017F;tehen, je na&#x0364;her<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[890/0910] Die Galle. XXIII. Buch. der Leber, die die Nieren, oder Speicheldruͤſen um ein ſo groſſes uͤbertrift, eine ſtaͤrkere Abſonderung vermuten, wenn dabei gleich alles langſamer zugehen ſollte. Naͤher kann ich nicht der Warheit kommen: wollte man aber das Gewicht eines Hundes, nach Reverhor- ſtens Verſuchen, viermal kleiner ſezzen, und ſolches mit dem Menſchen vergleichen, ſo koͤnnte ſich, die in vier und zwanzig Stunden erzeugte Galle, leicht bis auf vier und zwanzig Unzen erſtrekken, und es laͤſt ſichs glauben, daß der ſechſte Theil (o), in die Blaſe aufge- nommen, die fuͤnf uͤbrigen aber ins Gedaͤrm kommen werden. Jn Krankheiten entſtehet ſchon mehr Galle. Man lieſet, daß man in einem Flekkfieber an purer Galle drei Pfunde (p) ausgeworfen, und man hat eine erſtaunliche Menge Galle in dem gelben Fieber von ſich gegeben. Dieſer Zufluß wird aber vornaͤmlich vom Zorne be- ſchleunigt, welcher bisweilen die ſchnellen Bauchauslee- rungen, und Durchfaͤlle heilſam macht. Man weis, daß vom Zorne der Todt erfolgt, und die Gallenblaſe zerborſten iſt (p*). Der Natterbiß thut beinahe eben dergleichen Wirkung, und er erreget ein galliges Erbre- chen (q). Jch habe bereits geſagt, wie ſchnell, und in welcher Menge, die Galle in Krankheiten durchs Erbre- chen ausgeleert worden (q*). Hierbei koͤmmt es auf die Lage des ganzen Koͤrpers mit an. Es liegt die Blaſe, bei einem Menſchen, wel- cher aufrecht ſteht, oder ſizzet, uͤberzwerch (r) ihr Hals richtet ſich ein wenig aufwerts in die Hoͤhe (s), und ihr Boden koͤmmt deſto tiefer nach unten zu ſtehen, je naͤher er (o) VALCARENGHI I. c. (p) HEUCHER p. 373. (p*) p. 602. (q) POUTEAU melang. p. 155. (q*) p. 602. (r) p. 523. 460. (s) ibid.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/910
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/910>, abgerufen am 24.11.2024.