was beiträgt. Es sezzt uns ferner die grosse Menge un- zulänglicher Erfahrungen, über diesen Punkt, in keine ge- ringe Verlegenheit, weil sonderlich die Schriftsteller aus dem vorhergehenden Jahrhunderte, vieles gesehen zu haben glaubten, woran man doch heut zu Tage zu zwei- feln Ursache findet, und wir müssen auch die Nachrich- ten berühmter Männer, mit einem argwöhnischen und furchtsamen Auge betrachten, bevor wir sie für Wahr- heiten gelten lassen können. Jch, für meine Person, bin nicht so glükklich gewesen, an Frauenspersonen die Frucht, ehe als viele Tage und Wochen nach der Em- pfängnis, in Augenschein zu nehmen: ich habe mir aber Mühe gegeben, diese Erfahrungen bei Thieren, sowohl an bebrüteten Eyern, als an Schaafen zu machen; es hat diese meine Versuche der berühmte Kuhlemann(a) herausgegeben, und ich habe alle diese Gebärmütter mit meiner Hand zerlegt, ob gleich dieser, mein ehemals ge- treuer Zuhörer, dabey die meiste und verdrüßlichste Ar- beit auf sich nahm, die Schaafmütter zu bewahren, um den gewissen Termin der Schwängerung zuverläßig be- stimmen zu können; ausserdem wandte dieser berühmte Mann viele Kosten und Fleis daran, um der Wahrheit so nahe als möglich zu kommen. So habe ich auch vor kurzem in den Jahren 1763 und 1764 auf meinem Gute viele Schweine, Ziegen und trächtige Schaafe geöfnet, von denen ich wuste, daß sie an einem gewissen Tage empfangen hatten. Ausserdem habe ich noch die hin und wieder vorkommende Jncisionen trächtiger Hunde, Ka- ninchen, Ratten und Schweine von vorigen und neuern Zeiten vor mir, bei denen ich, wenn gleich eine der al- lerdunkelsten Sachen dadurch nicht eben sehr erhellt wird, dennoch den Nuzzen finde, daß ich meine Leser nunmehr warnen kann, sich für einige Vergehungen besser in Acht zu nehmen. Unmöglich kann sich nämlich ein Unerfahr-
ner
(a)Obs. II. p. 22.
Die Frucht. XXIX. Buch.
was beitraͤgt. Es ſezzt uns ferner die groſſe Menge un- zulaͤnglicher Erfahrungen, uͤber dieſen Punkt, in keine ge- ringe Verlegenheit, weil ſonderlich die Schriftſteller aus dem vorhergehenden Jahrhunderte, vieles geſehen zu haben glaubten, woran man doch heut zu Tage zu zwei- feln Urſache findet, und wir muͤſſen auch die Nachrich- ten beruͤhmter Maͤnner, mit einem argwoͤhniſchen und furchtſamen Auge betrachten, bevor wir ſie fuͤr Wahr- heiten gelten laſſen koͤnnen. Jch, fuͤr meine Perſon, bin nicht ſo gluͤkklich geweſen, an Frauensperſonen die Frucht, ehe als viele Tage und Wochen nach der Em- pfaͤngnis, in Augenſchein zu nehmen: ich habe mir aber Muͤhe gegeben, dieſe Erfahrungen bei Thieren, ſowohl an bebruͤteten Eyern, als an Schaafen zu machen; es hat dieſe meine Verſuche der beruͤhmte Kuhlemann(a) herausgegeben, und ich habe alle dieſe Gebaͤrmuͤtter mit meiner Hand zerlegt, ob gleich dieſer, mein ehemals ge- treuer Zuhoͤrer, dabey die meiſte und verdruͤßlichſte Ar- beit auf ſich nahm, die Schaafmuͤtter zu bewahren, um den gewiſſen Termin der Schwaͤngerung zuverlaͤßig be- ſtimmen zu koͤnnen; auſſerdem wandte dieſer beruͤhmte Mann viele Koſten und Fleis daran, um der Wahrheit ſo nahe als moͤglich zu kommen. So habe ich auch vor kurzem in den Jahren 1763 und 1764 auf meinem Gute viele Schweine, Ziegen und traͤchtige Schaafe geoͤfnet, von denen ich wuſte, daß ſie an einem gewiſſen Tage empfangen hatten. Auſſerdem habe ich noch die hin und wieder vorkommende Jnciſionen traͤchtiger Hunde, Ka- ninchen, Ratten und Schweine von vorigen und neuern Zeiten vor mir, bei denen ich, wenn gleich eine der al- lerdunkelſten Sachen dadurch nicht eben ſehr erhellt wird, dennoch den Nuzzen finde, daß ich meine Leſer nunmehr warnen kann, ſich fuͤr einige Vergehungen beſſer in Acht zu nehmen. Unmoͤglich kann ſich naͤmlich ein Unerfahr-
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(a)Obſ. II. p. 22.
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Die Frucht. XXIX. Buch.
was beitraͤgt. Es ſezzt uns ferner die groſſe Menge un-
zulaͤnglicher Erfahrungen, uͤber dieſen Punkt, in keine ge-
ringe Verlegenheit, weil ſonderlich die Schriftſteller aus
dem vorhergehenden Jahrhunderte, vieles geſehen zu
haben glaubten, woran man doch heut zu Tage zu zwei-
feln Urſache findet, und wir muͤſſen auch die Nachrich-
ten beruͤhmter Maͤnner, mit einem argwoͤhniſchen und
furchtſamen Auge betrachten, bevor wir ſie fuͤr Wahr-
heiten gelten laſſen koͤnnen. Jch, fuͤr meine Perſon,
bin nicht ſo gluͤkklich geweſen, an Frauensperſonen die
Frucht, ehe als viele Tage und Wochen nach der Em-
pfaͤngnis, in Augenſchein zu nehmen: ich habe mir aber
Muͤhe gegeben, dieſe Erfahrungen bei Thieren, ſowohl
an bebruͤteten Eyern, als an Schaafen zu machen; es
hat dieſe meine Verſuche der beruͤhmte Kuhlemann (a)
herausgegeben, und ich habe alle dieſe Gebaͤrmuͤtter mit
meiner Hand zerlegt, ob gleich dieſer, mein ehemals ge-
treuer Zuhoͤrer, dabey die meiſte und verdruͤßlichſte Ar-
beit auf ſich nahm, die Schaafmuͤtter zu bewahren, um
den gewiſſen Termin der Schwaͤngerung zuverlaͤßig be-
ſtimmen zu koͤnnen; auſſerdem wandte dieſer beruͤhmte
Mann viele Koſten und Fleis daran, um der Wahrheit
ſo nahe als moͤglich zu kommen. So habe ich auch vor
kurzem in den Jahren 1763 und 1764 auf meinem Gute
viele Schweine, Ziegen und traͤchtige Schaafe geoͤfnet,
von denen ich wuſte, daß ſie an einem gewiſſen Tage
empfangen hatten. Auſſerdem habe ich noch die hin und
wieder vorkommende Jnciſionen traͤchtiger Hunde, Ka-
ninchen, Ratten und Schweine von vorigen und neuern
Zeiten vor mir, bei denen ich, wenn gleich eine der al-
lerdunkelſten Sachen dadurch nicht eben ſehr erhellt wird,
dennoch den Nuzzen finde, daß ich meine Leſer nunmehr
warnen kann, ſich fuͤr einige Vergehungen beſſer in Acht
zu nehmen. Unmoͤglich kann ſich naͤmlich ein Unerfahr-
ner
(a) Obſ. II. p. 22.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/56>, abgerufen am 27.11.2024.
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