Wenn diese Ursachen damals im Stande waren, mit Nachdrukk zu wirken, so werden sie jezzo auf die Verdichtung des thierischen Körpers noch mehr Einfluß haben, seit dem das Herz sein Uebergewicht verlohren.
Die gröste Veränderung, welche zugleich die inwen- digste Theile der Maschine durchdringt, besteht in einer grössern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Diese wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel- fältigtem Verhältnisse der Distanzen; und zwar langsam und nur mit schwachem Zuge, wenn die Grundstoffe durch grosse Schweislöcher von einander abgesondert sind; stär- ker und unwiderstehlich hingegen, wenn selbige nunmehro dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber gezeigt (d), daß die Schweislöcher gegen das Ende des Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß zwischen den erdigen Grundstoffen viel weniger Wasser befindlich sey, und daß folglich in ihnen mehr Erde stek- ken müsse. Wenn daher die anziehende Kraft so groß als die erweiternde Kräfte des Herzens seyn konnte, und zwar zu einer Zeit, da die Grundstoffe noch eine grössere Distanz hatten, so wird sie wohl ganz zuverläßig eben diese erweiternde Gewalt des Herzens übersteigen, wenn diese Distanz nunmehro kleiner geworden. Es wird diese Ursach beständig und immer mehr und mehr zunehmen, weil sie durch ihre Wirkungen selbst einen grössern Zu- wachs bekömmt, und aus der kleiner gewordenen Distanz der Elementen ein neues Wachsthum überkömmt.
Diese Sperulation ist keine leere Jdee (e); sie wird durch die Sinne bestätiget, und hat die traurige Erfah- rung von dem ganzen thierischen Körper auf ihrer Seite. Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche so weich,
und
(b)[Spaltenumbruch]p. 31.
(c)p. [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ad.
(d)p. 29. 30. 31.
(e)[Spaltenumbruch]
War schon des CARTESII form. fet. p. 210.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Wenn dieſe Urſachen damals im Stande waren, mit Nachdrukk zu wirken, ſo werden ſie jezzo auf die Verdichtung des thieriſchen Koͤrpers noch mehr Einfluß haben, ſeit dem das Herz ſein Uebergewicht verlohren.
Die groͤſte Veraͤnderung, welche zugleich die inwen- digſte Theile der Maſchine durchdringt, beſteht in einer groͤſſern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Dieſe wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel- faͤltigtem Verhaͤltniſſe der Diſtanzen; und zwar langſam und nur mit ſchwachem Zuge, wenn die Grundſtoffe durch groſſe Schweisloͤcher von einander abgeſondert ſind; ſtaͤr- ker und unwiderſtehlich hingegen, wenn ſelbige nunmehro dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber gezeigt (d), daß die Schweisloͤcher gegen das Ende des Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß zwiſchen den erdigen Grundſtoffen viel weniger Waſſer befindlich ſey, und daß folglich in ihnen mehr Erde ſtek- ken muͤſſe. Wenn daher die anziehende Kraft ſo groß als die erweiternde Kraͤfte des Herzens ſeyn konnte, und zwar zu einer Zeit, da die Grundſtoffe noch eine groͤſſere Diſtanz hatten, ſo wird ſie wohl ganz zuverlaͤßig eben dieſe erweiternde Gewalt des Herzens uͤberſteigen, wenn dieſe Diſtanz nunmehro kleiner geworden. Es wird dieſe Urſach beſtaͤndig und immer mehr und mehr zunehmen, weil ſie durch ihre Wirkungen ſelbſt einen groͤſſern Zu- wachs bekoͤmmt, und aus der kleiner gewordenen Diſtanz der Elementen ein neues Wachsthum uͤberkoͤmmt.
Dieſe Sperulation iſt keine leere Jdee (e); ſie wird durch die Sinne beſtaͤtiget, und hat die traurige Erfah- rung von dem ganzen thieriſchen Koͤrper auf ihrer Seite. Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche ſo weich,
und
(b)[Spaltenumbruch]p. 31.
(c)p. [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ad.
(d)p. 29. 30. 31.
(e)[Spaltenumbruch]
War ſchon des CARTESII form. fet. p. 210.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0947"n="893[895]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.</hi></fw><lb/><p>Wenn dieſe Urſachen damals im Stande waren,<lb/>
mit Nachdrukk zu wirken, ſo werden ſie jezzo auf die<lb/>
Verdichtung des thieriſchen Koͤrpers noch mehr Einfluß<lb/>
haben, ſeit dem das Herz ſein Uebergewicht verlohren.</p><lb/><p>Die groͤſte Veraͤnderung, welche zugleich die inwen-<lb/>
digſte Theile der Maſchine durchdringt, beſteht in einer<lb/>
groͤſſern Anziehungskraft des Fadengewebes <noteplace="foot"n="(b)"><cb/><hirendition="#aq">p.</hi> 31.</note>. Dieſe<lb/>
wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">p. <gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/>ad.</hi></note>, oder verviel-<lb/>
faͤltigtem Verhaͤltniſſe der Diſtanzen; und zwar langſam<lb/>
und nur mit ſchwachem Zuge, wenn die Grundſtoffe durch<lb/>
groſſe Schweisloͤcher von einander abgeſondert ſind; ſtaͤr-<lb/>
ker und unwiderſtehlich hingegen, wenn ſelbige nunmehro<lb/>
dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber<lb/>
gezeigt <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq">p.</hi> 29. 30. 31.</note>, daß die Schweisloͤcher gegen das Ende des<lb/>
Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß<lb/>
zwiſchen den erdigen Grundſtoffen viel weniger Waſſer<lb/>
befindlich ſey, und daß folglich in ihnen mehr Erde ſtek-<lb/>
ken muͤſſe. Wenn daher die anziehende Kraft ſo groß<lb/>
als die erweiternde Kraͤfte des Herzens ſeyn konnte, und<lb/>
zwar zu einer Zeit, da die Grundſtoffe noch eine groͤſſere<lb/>
Diſtanz hatten, ſo wird ſie wohl ganz zuverlaͤßig eben<lb/>
dieſe erweiternde Gewalt des Herzens uͤberſteigen, wenn<lb/>
dieſe Diſtanz nunmehro kleiner geworden. Es wird dieſe<lb/>
Urſach beſtaͤndig und immer mehr und mehr zunehmen,<lb/>
weil ſie durch ihre Wirkungen ſelbſt einen groͤſſern Zu-<lb/>
wachs bekoͤmmt, und aus der kleiner gewordenen Diſtanz<lb/>
der Elementen ein neues Wachsthum uͤberkoͤmmt.</p><lb/><p>Dieſe Sperulation iſt keine leere Jdee <noteplace="foot"n="(e)"><cb/>
War ſchon des <hirendition="#aq">CARTESII<lb/>
form. fet. p.</hi> 210.</note>; ſie wird<lb/>
durch die Sinne beſtaͤtiget, und hat die traurige Erfah-<lb/>
rung von dem ganzen thieriſchen Koͤrper auf ihrer Seite.<lb/>
Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche ſo weich,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[893[895]/0947]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Wenn dieſe Urſachen damals im Stande waren,
mit Nachdrukk zu wirken, ſo werden ſie jezzo auf die
Verdichtung des thieriſchen Koͤrpers noch mehr Einfluß
haben, ſeit dem das Herz ſein Uebergewicht verlohren.
Die groͤſte Veraͤnderung, welche zugleich die inwen-
digſte Theile der Maſchine durchdringt, beſteht in einer
groͤſſern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Dieſe
wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel-
faͤltigtem Verhaͤltniſſe der Diſtanzen; und zwar langſam
und nur mit ſchwachem Zuge, wenn die Grundſtoffe durch
groſſe Schweisloͤcher von einander abgeſondert ſind; ſtaͤr-
ker und unwiderſtehlich hingegen, wenn ſelbige nunmehro
dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber
gezeigt (d), daß die Schweisloͤcher gegen das Ende des
Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß
zwiſchen den erdigen Grundſtoffen viel weniger Waſſer
befindlich ſey, und daß folglich in ihnen mehr Erde ſtek-
ken muͤſſe. Wenn daher die anziehende Kraft ſo groß
als die erweiternde Kraͤfte des Herzens ſeyn konnte, und
zwar zu einer Zeit, da die Grundſtoffe noch eine groͤſſere
Diſtanz hatten, ſo wird ſie wohl ganz zuverlaͤßig eben
dieſe erweiternde Gewalt des Herzens uͤberſteigen, wenn
dieſe Diſtanz nunmehro kleiner geworden. Es wird dieſe
Urſach beſtaͤndig und immer mehr und mehr zunehmen,
weil ſie durch ihre Wirkungen ſelbſt einen groͤſſern Zu-
wachs bekoͤmmt, und aus der kleiner gewordenen Diſtanz
der Elementen ein neues Wachsthum uͤberkoͤmmt.
Dieſe Sperulation iſt keine leere Jdee (e); ſie wird
durch die Sinne beſtaͤtiget, und hat die traurige Erfah-
rung von dem ganzen thieriſchen Koͤrper auf ihrer Seite.
Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche ſo weich,
und
(b)
p. 31.
(c) p. _ad.
(d) p. 29. 30. 31.
(e)
War ſchon des CARTESII
form. fet. p. 210.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 893[895]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/947>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.