Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abs. Der Zustand des Menschen.

Wenn diese Ursachen damals im Stande waren,
mit Nachdrukk zu wirken, so werden sie jezzo auf die
Verdichtung des thierischen Körpers noch mehr Einfluß
haben, seit dem das Herz sein Uebergewicht verlohren.

Die gröste Veränderung, welche zugleich die inwen-
digste Theile der Maschine durchdringt, besteht in einer
grössern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Diese
wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel-
fältigtem Verhältnisse der Distanzen; und zwar langsam
und nur mit schwachem Zuge, wenn die Grundstoffe durch
grosse Schweislöcher von einander abgesondert sind; stär-
ker und unwiderstehlich hingegen, wenn selbige nunmehro
dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber
gezeigt (d), daß die Schweislöcher gegen das Ende des
Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß
zwischen den erdigen Grundstoffen viel weniger Wasser
befindlich sey, und daß folglich in ihnen mehr Erde stek-
ken müsse. Wenn daher die anziehende Kraft so groß
als die erweiternde Kräfte des Herzens seyn konnte, und
zwar zu einer Zeit, da die Grundstoffe noch eine grössere
Distanz hatten, so wird sie wohl ganz zuverläßig eben
diese erweiternde Gewalt des Herzens übersteigen, wenn
diese Distanz nunmehro kleiner geworden. Es wird diese
Ursach beständig und immer mehr und mehr zunehmen,
weil sie durch ihre Wirkungen selbst einen grössern Zu-
wachs bekömmt, und aus der kleiner gewordenen Distanz
der Elementen ein neues Wachsthum überkömmt.

Diese Sperulation ist keine leere Jdee (e); sie wird
durch die Sinne bestätiget, und hat die traurige Erfah-
rung von dem ganzen thierischen Körper auf ihrer Seite.
Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche so weich,

und
(b) [Spaltenumbruch] p. 31.
(c) p. [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ad.
(d) p. 29. 30. 31.
(e) [Spaltenumbruch] War schon des CARTESII
form. fet. p.
210.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.

Wenn dieſe Urſachen damals im Stande waren,
mit Nachdrukk zu wirken, ſo werden ſie jezzo auf die
Verdichtung des thieriſchen Koͤrpers noch mehr Einfluß
haben, ſeit dem das Herz ſein Uebergewicht verlohren.

Die groͤſte Veraͤnderung, welche zugleich die inwen-
digſte Theile der Maſchine durchdringt, beſteht in einer
groͤſſern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Dieſe
wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel-
faͤltigtem Verhaͤltniſſe der Diſtanzen; und zwar langſam
und nur mit ſchwachem Zuge, wenn die Grundſtoffe durch
groſſe Schweisloͤcher von einander abgeſondert ſind; ſtaͤr-
ker und unwiderſtehlich hingegen, wenn ſelbige nunmehro
dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber
gezeigt (d), daß die Schweisloͤcher gegen das Ende des
Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß
zwiſchen den erdigen Grundſtoffen viel weniger Waſſer
befindlich ſey, und daß folglich in ihnen mehr Erde ſtek-
ken muͤſſe. Wenn daher die anziehende Kraft ſo groß
als die erweiternde Kraͤfte des Herzens ſeyn konnte, und
zwar zu einer Zeit, da die Grundſtoffe noch eine groͤſſere
Diſtanz hatten, ſo wird ſie wohl ganz zuverlaͤßig eben
dieſe erweiternde Gewalt des Herzens uͤberſteigen, wenn
dieſe Diſtanz nunmehro kleiner geworden. Es wird dieſe
Urſach beſtaͤndig und immer mehr und mehr zunehmen,
weil ſie durch ihre Wirkungen ſelbſt einen groͤſſern Zu-
wachs bekoͤmmt, und aus der kleiner gewordenen Diſtanz
der Elementen ein neues Wachsthum uͤberkoͤmmt.

Dieſe Sperulation iſt keine leere Jdee (e); ſie wird
durch die Sinne beſtaͤtiget, und hat die traurige Erfah-
rung von dem ganzen thieriſchen Koͤrper auf ihrer Seite.
Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche ſo weich,

und
(b) [Spaltenumbruch] p. 31.
(c) p. [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ad.
(d) p. 29. 30. 31.
(e) [Spaltenumbruch] War ſchon des CARTESII
form. fet. p.
210.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0947" n="893[895]"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;. Der Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen.</hi> </fw><lb/>
              <p>Wenn die&#x017F;e Ur&#x017F;achen damals im Stande waren,<lb/>
mit Nachdrukk zu wirken, &#x017F;o werden &#x017F;ie jezzo auf die<lb/>
Verdichtung des thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpers noch mehr Einfluß<lb/>
haben, &#x017F;eit dem das Herz &#x017F;ein Uebergewicht verlohren.</p><lb/>
              <p>Die gro&#x0364;&#x017F;te Vera&#x0364;nderung, welche zugleich die inwen-<lb/>
dig&#x017F;te Theile der Ma&#x017F;chine durchdringt, be&#x017F;teht in einer<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Anziehungskraft des Fadengewebes <note place="foot" n="(b)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 31.</note>. Die&#x017F;e<lb/>
wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">p. <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>ad.</hi></note>, oder verviel-<lb/>
fa&#x0364;ltigtem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Di&#x017F;tanzen; und zwar lang&#x017F;am<lb/>
und nur mit &#x017F;chwachem Zuge, wenn die Grund&#x017F;toffe durch<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Schweislo&#x0364;cher von einander abge&#x017F;ondert &#x017F;ind; &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
ker und unwider&#x017F;tehlich hingegen, wenn &#x017F;elbige nunmehro<lb/>
dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber<lb/>
gezeigt <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 29. 30. 31.</note>, daß die Schweislo&#x0364;cher gegen das Ende des<lb/>
Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß<lb/>
zwi&#x017F;chen den erdigen Grund&#x017F;toffen viel weniger Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
befindlich &#x017F;ey, und daß folglich in ihnen mehr Erde &#x017F;tek-<lb/>
ken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Wenn daher die anziehende Kraft &#x017F;o groß<lb/>
als die erweiternde Kra&#x0364;fte des Herzens &#x017F;eyn konnte, und<lb/>
zwar zu einer Zeit, da die Grund&#x017F;toffe noch eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Di&#x017F;tanz hatten, &#x017F;o wird &#x017F;ie wohl ganz zuverla&#x0364;ßig eben<lb/>
die&#x017F;e erweiternde Gewalt des Herzens u&#x0364;ber&#x017F;teigen, wenn<lb/>
die&#x017F;e Di&#x017F;tanz nunmehro kleiner geworden. Es wird die&#x017F;e<lb/>
Ur&#x017F;ach be&#x017F;ta&#x0364;ndig und immer mehr und mehr zunehmen,<lb/>
weil &#x017F;ie durch ihre Wirkungen &#x017F;elb&#x017F;t einen gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Zu-<lb/>
wachs beko&#x0364;mmt, und aus der kleiner gewordenen Di&#x017F;tanz<lb/>
der Elementen ein neues Wachsthum u&#x0364;berko&#x0364;mmt.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Sperulation i&#x017F;t keine leere Jdee <note place="foot" n="(e)"><cb/>
War &#x017F;chon des <hi rendition="#aq">CARTESII<lb/>
form. fet. p.</hi> 210.</note>; &#x017F;ie wird<lb/>
durch die Sinne be&#x017F;ta&#x0364;tiget, und hat die traurige Erfah-<lb/>
rung von dem ganzen thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper auf ihrer Seite.<lb/>
Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche &#x017F;o weich,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[893[895]/0947] III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. Wenn dieſe Urſachen damals im Stande waren, mit Nachdrukk zu wirken, ſo werden ſie jezzo auf die Verdichtung des thieriſchen Koͤrpers noch mehr Einfluß haben, ſeit dem das Herz ſein Uebergewicht verlohren. Die groͤſte Veraͤnderung, welche zugleich die inwen- digſte Theile der Maſchine durchdringt, beſteht in einer groͤſſern Anziehungskraft des Fadengewebes (b). Dieſe wirkt ohne Zweifel nach dem verkehrten (c), oder verviel- faͤltigtem Verhaͤltniſſe der Diſtanzen; und zwar langſam und nur mit ſchwachem Zuge, wenn die Grundſtoffe durch groſſe Schweisloͤcher von einander abgeſondert ſind; ſtaͤr- ker und unwiderſtehlich hingegen, wenn ſelbige nunmehro dicht und nahe an einander liegen. Wir haben aber gezeigt (d), daß die Schweisloͤcher gegen das Ende des Wachsthums viel kleiner, als in der Frucht waren, daß zwiſchen den erdigen Grundſtoffen viel weniger Waſſer befindlich ſey, und daß folglich in ihnen mehr Erde ſtek- ken muͤſſe. Wenn daher die anziehende Kraft ſo groß als die erweiternde Kraͤfte des Herzens ſeyn konnte, und zwar zu einer Zeit, da die Grundſtoffe noch eine groͤſſere Diſtanz hatten, ſo wird ſie wohl ganz zuverlaͤßig eben dieſe erweiternde Gewalt des Herzens uͤberſteigen, wenn dieſe Diſtanz nunmehro kleiner geworden. Es wird dieſe Urſach beſtaͤndig und immer mehr und mehr zunehmen, weil ſie durch ihre Wirkungen ſelbſt einen groͤſſern Zu- wachs bekoͤmmt, und aus der kleiner gewordenen Diſtanz der Elementen ein neues Wachsthum uͤberkoͤmmt. Dieſe Sperulation iſt keine leere Jdee (e); ſie wird durch die Sinne beſtaͤtiget, und hat die traurige Erfah- rung von dem ganzen thieriſchen Koͤrper auf ihrer Seite. Es wird die Haut des kleinen Kindes, welche ſo weich, und (b) p. 31. (c) p. _ad. (d) p. 29. 30. 31. (e) War ſchon des CARTESII form. fet. p. 210.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/947
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 893[895]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/947>, abgerufen am 22.11.2024.