Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
ihn ein Türckischer Jubilierer/ welchem der Rauber
Ansprache auf ihn vorenthalten ward/ für 200. Kro-
nen kauffte/ und ziemlich wol hielte. Klingenfeld war
darmit wol zufrieden/ und ob er gleich alle Tage
schwere Arbeit thun muste/ bekam er dannoch gute
Speisen/ das Getränck aber war ein klarer Wasser-
Trunck/ ohne daß ihm die Griechen bißweilen einen
Trunck Wein spendireten. Als er nun 6. Tage allhier
gelebet hatte/ kam der vorige Rauber wieder zuruck/
und legete mit seiner Gallee allhier an/ dieser erblicke-
te den Klingenfeld gar bald/ und fragete/ wer ihn hie-
her gebracht hätte? Man erzehlete ihm die gantze
Sache/ und darauf hielte er bey dem Bassa deß Orts
an/ daß man ihm seinen Sclaven ohne einige Entgel-
tung außlieffern möchte/ weil er ihn auf der See auß
einem Christen-Schiff genommen hätte/ seine Cam-
meraden wären ihm zwar neulich in einer Rencontre
entwischet/ aber er hätte Beystand bekommen/ sie
abermahl überwältiget/ und in Syrien verkauffet.

Gleichwie nun Klingenfeld über das Unglück deß
Condado und der übrigen aufs neue hertzlichst betrü-
bet ward/ also kunte der Bassa hingegen dem Capi-
tain
von Tripolis so bald kein Recht sprechen/ bevor
er den Aga von Salines selber angehöret hätte/ auf
welchen sich der Jubilierer/ als seinen Verkauffer/
bezoge. Dannenhero ward alsobald einer abgeord-
net/ welcher ihn nach Famagusta citicte/ um daseibst
vor dem Bassa wegen deß verhandelten Klingenfelds
Red und Antwort zu geben. Der Aga erschiene etliche
Tage hernach/ und brachte seine Urs[a]chen/ warum er
den Sclaven verkauffet/ dem Bassa f[ü]r/ nemlich/ daß
er ihn hätte curiren lassen/ sonst wäre e[r] schon ein tod-
ter Mann/ und wann ja der Corsar das gröste Recht
an ihn zu haben vermeynete/ so praete[n]dirte er 200.

Kronen
R r r

Romans II. Buch.
ihn ein Tuͤrckiſcher Jubilierer/ welchem der Rauber
Anſprache auf ihn vorenthalten ward/ fuͤr 200. Kro-
nen kauffte/ und ziemlich wol hielte. Klingenfeld war
darmit wol zufrieden/ und ob er gleich alle Tage
ſchwere Arbeit thun muſte/ bekam er dannoch gute
Speiſen/ das Getraͤnck aber war ein klarer Waſſer-
Trunck/ ohne daß ihm die Griechen bißweilen einen
Trunck Wein ſpendireten. Als er nun 6. Tage allhier
gelebet hatte/ kam der vorige Rauber wieder zuruck/
und legete mit ſeiner Gallee allhier an/ dieſer erblicke-
te den Klingenfeld gar bald/ und fragete/ wer ihn hie-
her gebracht haͤtte? Man erzehlete ihm die gantze
Sache/ und darauf hielte er bey dem Baſſa deß Orts
an/ daß man ihm ſeinen Sclaven ohne einige Entgel-
tung außlieffern moͤchte/ weil er ihn auf der See auß
einem Chriſten-Schiff genommen haͤtte/ ſeine Cam-
meraden waͤren ihm zwar neulich in einer Rencontre
entwiſchet/ aber er haͤtte Beyſtand bekommen/ ſie
abermahl uͤberwaͤltiget/ und in Syrien verkauffet.

Gleichwie nun Klingenfeld uͤber das Ungluͤck deß
Condado und der uͤbrigen aufs neue hertzlichſt betruͤ-
bet ward/ alſo kunte der Baſſa hingegen dem Capi-
tain
von Tripolis ſo bald kein Recht ſprechen/ bevor
er den Aga von Salines ſelber angehoͤret haͤtte/ auf
welchen ſich der Jubilierer/ als ſeinen Verkauffer/
bezoge. Dannenhero ward alſobald einer abgeord-
net/ welcher ihn nach Famaguſta citicte/ um daſeibſt
vor dem Baſſa wegen deß verhandelten Klingenfelds
Red und Antwort zu geben. Der Aga erſchiene etliche
Tage hernach/ und brachte ſeine Urſ[a]chen/ warum er
den Sclaven verkauffet/ dem Baſſa f[uͤ]r/ nemlich/ daß
er ihn haͤtte curiren laſſen/ ſonſt waͤre e[r] ſchon ein tod-
ter Mann/ und wann ja der Corſar das groͤſte Recht
an ihn zu haben vermeynete/ ſo præte[n]dirte er 200.

Kronen
R r r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1015" n="993"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
ihn ein Tu&#x0364;rcki&#x017F;cher Jubilierer/ welchem der Rauber<lb/>
An&#x017F;prache auf ihn vorenthalten ward/ fu&#x0364;r 200. Kro-<lb/>
nen kauffte/ und ziemlich wol hielte. Klingenfeld war<lb/>
darmit wol zufrieden/ und ob er gleich alle Tage<lb/>
&#x017F;chwere Arbeit thun mu&#x017F;te/ bekam er dannoch gute<lb/>
Spei&#x017F;en/ das Getra&#x0364;nck aber war ein klarer Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
Trunck/ ohne daß ihm die Griechen bißweilen einen<lb/>
Trunck Wein &#x017F;pendireten. Als er nun 6. Tage allhier<lb/>
gelebet hatte/ kam der vorige Rauber wieder zuruck/<lb/>
und legete mit &#x017F;einer Gallee allhier an/ die&#x017F;er erblicke-<lb/>
te den Klingenfeld gar bald/ und fragete/ wer ihn hie-<lb/>
her gebracht ha&#x0364;tte? Man erzehlete ihm die gantze<lb/>
Sache/ und darauf hielte er bey dem Ba&#x017F;&#x017F;a deß Orts<lb/>
an/ daß man ihm &#x017F;einen Sclaven ohne einige Entgel-<lb/>
tung außlieffern mo&#x0364;chte/ weil er ihn auf der See auß<lb/>
einem Chri&#x017F;ten-Schiff genommen ha&#x0364;tte/ &#x017F;eine Cam-<lb/>
meraden wa&#x0364;ren ihm zwar neulich in einer <hi rendition="#aq">Rencontre</hi><lb/>
entwi&#x017F;chet/ aber er ha&#x0364;tte Bey&#x017F;tand bekommen/ &#x017F;ie<lb/>
abermahl u&#x0364;berwa&#x0364;ltiget/ und in Syrien verkauffet.</p><lb/>
          <p>Gleichwie nun Klingenfeld u&#x0364;ber das Unglu&#x0364;ck deß<lb/><hi rendition="#aq">Condado</hi> und der u&#x0364;brigen aufs neue hertzlich&#x017F;t betru&#x0364;-<lb/>
bet ward/ al&#x017F;o kunte der Ba&#x017F;&#x017F;a hingegen dem <hi rendition="#aq">Capi-<lb/>
tain</hi> von <hi rendition="#aq">Tripolis</hi> &#x017F;o bald kein Recht &#x017F;prechen/ bevor<lb/>
er den <hi rendition="#aq">Aga</hi> von <hi rendition="#aq">Salines</hi> &#x017F;elber angeho&#x0364;ret ha&#x0364;tte/ auf<lb/>
welchen &#x017F;ich der Jubilierer/ als &#x017F;einen Verkauffer/<lb/>
bezoge. Dannenhero ward al&#x017F;obald einer abgeord-<lb/>
net/ welcher ihn nach <hi rendition="#aq">Famagu&#x017F;ta citi</hi>cte/ um da&#x017F;eib&#x017F;t<lb/>
vor dem Ba&#x017F;&#x017F;a wegen deß verhandelten Klingenfelds<lb/>
Red und Antwort zu geben. Der <hi rendition="#aq">Aga</hi> er&#x017F;chiene etliche<lb/>
Tage hernach/ und brachte &#x017F;eine Ur&#x017F;<supplied>a</supplied>chen/ warum er<lb/>
den Sclaven verkauffet/ dem Ba&#x017F;&#x017F;a f<supplied>u&#x0364;</supplied>r/ nemlich/ daß<lb/>
er ihn ha&#x0364;tte <hi rendition="#aq">curi</hi>ren la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;re e<supplied>r</supplied> &#x017F;chon ein tod-<lb/>
ter Mann/ und wann ja der <hi rendition="#aq">Cor&#x017F;ar</hi> das gro&#x0364;&#x017F;te Recht<lb/>
an ihn zu haben vermeynete/ &#x017F;o <hi rendition="#aq">præte<supplied>n</supplied>di</hi>rte er 200.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r r</fw><fw place="bottom" type="catch">Kronen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[993/1015] Romans II. Buch. ihn ein Tuͤrckiſcher Jubilierer/ welchem der Rauber Anſprache auf ihn vorenthalten ward/ fuͤr 200. Kro- nen kauffte/ und ziemlich wol hielte. Klingenfeld war darmit wol zufrieden/ und ob er gleich alle Tage ſchwere Arbeit thun muſte/ bekam er dannoch gute Speiſen/ das Getraͤnck aber war ein klarer Waſſer- Trunck/ ohne daß ihm die Griechen bißweilen einen Trunck Wein ſpendireten. Als er nun 6. Tage allhier gelebet hatte/ kam der vorige Rauber wieder zuruck/ und legete mit ſeiner Gallee allhier an/ dieſer erblicke- te den Klingenfeld gar bald/ und fragete/ wer ihn hie- her gebracht haͤtte? Man erzehlete ihm die gantze Sache/ und darauf hielte er bey dem Baſſa deß Orts an/ daß man ihm ſeinen Sclaven ohne einige Entgel- tung außlieffern moͤchte/ weil er ihn auf der See auß einem Chriſten-Schiff genommen haͤtte/ ſeine Cam- meraden waͤren ihm zwar neulich in einer Rencontre entwiſchet/ aber er haͤtte Beyſtand bekommen/ ſie abermahl uͤberwaͤltiget/ und in Syrien verkauffet. Gleichwie nun Klingenfeld uͤber das Ungluͤck deß Condado und der uͤbrigen aufs neue hertzlichſt betruͤ- bet ward/ alſo kunte der Baſſa hingegen dem Capi- tain von Tripolis ſo bald kein Recht ſprechen/ bevor er den Aga von Salines ſelber angehoͤret haͤtte/ auf welchen ſich der Jubilierer/ als ſeinen Verkauffer/ bezoge. Dannenhero ward alſobald einer abgeord- net/ welcher ihn nach Famaguſta citicte/ um daſeibſt vor dem Baſſa wegen deß verhandelten Klingenfelds Red und Antwort zu geben. Der Aga erſchiene etliche Tage hernach/ und brachte ſeine Urſachen/ warum er den Sclaven verkauffet/ dem Baſſa fuͤr/ nemlich/ daß er ihn haͤtte curiren laſſen/ ſonſt waͤre er ſchon ein tod- ter Mann/ und wann ja der Corſar das groͤſte Recht an ihn zu haben vermeynete/ ſo prætendirte er 200. Kronen R r r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1015
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 993. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1015>, abgerufen am 22.11.2024.